Amore - FALTER.maily #560

Josef Redl
Versendet am 08.07.2021

In ein paar Tagen wird sich mein Leben grundlegend ändern. Am Sonntag steigt das letzte Spiel der Fußball-Europameisterschaft. Am Montag ist also der erste Tag, an dem ich mir was für die Abendgestaltung überlegen muss. Das macht mich schon jetzt ein wenig unrund. Wenn Sie mich fragen, gibt es einfach kein besseres Begleitprogramm für träge Sommernächte. Weil: Nichts ist gleichzeitig so wurscht und so wichtig wie Fußball.

Für mich hat es diesmal zwei Neuerungen gegeben. Österreich hat ein Achtelfinale erreicht. Und noch viel ungewöhnlicher: Ich finde die Italiener sympathisch. Bis jetzt war das mein kategorischer Imperativ: Niemals zu den Italienern halten. Dieses 1:0 in Führung gehen und dann das Ding über die Zeit bringen. Dieses ewige am Boden herumwälzen, um Zeit zu schinden. Unter Fußball-Aficionados gilt es daher zurecht als verpönt, Italien die Daumen zu drücken.

Aber diesmal ist alles anders. Das beginnt schon bei Alberigo Evani, dem Co-Trainer. Der sieht aus, als hätte er sich im Kostümverleih die beliebte Kombination aus falscher Nase, falscher Brille und falschem Schnurrbart besorgt. Und trotzdem irgendwie fesch. Sein Job ist es, den Ersatzspielern bei ihrer Einwechslung eine Mappe unter die Nase zu halten. Sieht aus wie ein venezianischer Kellner, der amerikanischen Kreuzfahrttouristen die Fotos vom Mittagsmenü zeigt.

Und wie inbrünstig die Italiener ihre Hymne singen! Da verzeiht man ihnen, dass sie auf das Gendern vergessen. Gut, das ist bei "Fratelli d’Italia" ("Brüder Italiens") auch nicht so einfach. Auf das Absingen der fünften Strophe verzichten sie eh großzügig, obwohl es da völlig korrekt heißt, "der österreichische Adler hat schon die Federn verloren".

Und erst dieser Chiellini! Kriegt einen Lachanfall, weil der spanische Kapitän Jordi Alba irgendwas beim Münzwurf nicht mitbekommen hat. Sekunden vor dem Elfmeterschießen! Im Halbfinale!

Ach ja, und einen feinen Fußball spielen sie auch noch, die Italiener. Mal sehen, ob es im Finale am Sonntag gegen England reicht.

Für mich könnte die EM locker also noch ein paar Wochen weitergehen. Alleine wegen der großartigen Matchberichte vom Kollegen Lukas Matzinger im Falter.

Nur eines spricht dafür, dass die EM schon langsam zu Ende sein könnte. Ich bin derzeit der Führende im Falter-internen Tippspiel. Aber nur um einen Punkt. Ich hoffe, ich bringe das über die Zeit. Wie sonst die Italiener.

Ihr Josef Redl


Aus Dem Falter

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