Manche Welt liegt in Innsbruck - die wahre ist es nicht - FALTER.maily #1207
Gestern Abend hatte ich zwei sehr liebe Freundinnen zu Besuch. Die eine arbeitet als Grafikerin, die andere im Bankwesen. Wir hatten einander ...
hinter den Türen von Pharmakonzernen und Gesundheitsbehörden läuft gerade ein olympisch großes Match. Es geht um Milliarden Euro und die neue Normalität von Milliarden Menschen. Die Frage lautet: Wie lange hält der Covid-Impfschutz, wann braucht es eine Auffrischung?
Großbritannien etwa hat sein Impfprogramm Anfang Dezember begonnen, die ersten Engländer waren also schon vor einem halben Jahr vollimmunisiert. Die Hersteller drängen immer entschiedener auf den dritten Schuss: Pfizer hat vor wenigen Tagen Erkenntnisse veröffentlicht, wonach der Impfschutz schon nach einem halben Jahr nachlasse und eine Auffrischung fantastische Antikörperwerte brächte.
Aber sind die Pharmakonzerne bei dieser Frage wirklich die besten Berater? Das wirtschaftliche Interesse liegt auf der Hand: Je kürzer die Abstände zwischen den Impfdurchgängen, desto mehr Dosen können sie verkaufen. Reden Sie uns jetzt die eigene Ware schlecht?
"Derzeit ist für gesunde Erwachsenen keine Auffrischung nötig", sagt der österreichische Virologe Florian Krammer. Nach einem halben Jahr schützen die Impfungen noch reichlich und zwar auch gegen bisherige Varianten. Gesundheitsbehörden würden ein Nachlassen der Wirkung schnell bemerken, nämlich dann, wenn plötzlich viele Geimpfte schwere Verläufe erleiden.
"Einen dritten Stich sollte man allenfalls für alte und immunschwache Menschen andenken", sagt Krammer, die Israelis und Franzosen haben damit schon begonnen. Die Gesundheitsinstitutionen teilen Krammers Sicht: Die WHO plädiert darauf, statt flächendeckender Auffrischungen endlich Entwicklungsländern ihre ersten Dosen zukommen zu lassen. Je weniger Menschen sich auf der Welt infizieren, desto weniger kann das Virus dem Impfschutz davonmutieren.
Doch eine Immunisierungskampagne in Entwicklungsländern braucht jemanden, der dafür bezahlt, und auch einige logistische Anstrengung: Die Ware des potentesten Herstellers Biontech-Pfizer ist kaum haltbar und braucht Gefriertruhen. "Außerhalb großer Städte wird es in manchen Ländern schwierig, diese Kühlketten einzuhalten", sagt Florian Krammer.
Für arme Länder wird der Kampf gegen das Virus und seine Varianten vermutlich noch ein langer. Die Reichen müssen sich weniger Sorgen machen: Vor allem die Produzenten von mRNA-Impfstoffen könnten innerhalb einer Woche Impfstoffe gegen mögliche neue Varianten entwickeln. Und nach einem besonders kurzen Zulassungsverfahren an zahlende Kunden liefern.
Ihr Lukas Matzinger
Ich bin auf eine schöne, fast neue Scheibe gestoßen: Valerie June mit der Medusa-Frisur war sieben Jahre lang Putzfrau in Memphis, Tennessee, bevor sie der Black-Keys-Sänger Dan Auerbach groß als Sängerin rausbrachte. Ihr märzgeborenes Album The Moon and Stars: Prescriptions for Dreamers wohnt irgendwo zwischen Etta James, First Aid Kit und Van Morrison und ist so friedfertig, dass man 2020 fast vergessen könnte.
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Im FALTER.morgen geht es morgen um die Frage, warum es in der Straßenverkehrsordnung zumeist keinen Unterschied macht, ob man sich mithilfe eines zwei Tonnen schweren motorisierten Blechungetüms fortbewegt oder in die Pedale eines Fahrrads mit zwei dünnen Rädern tritt. Kurz gesagt: Wer mit dem Rad zu schnell fährt, blecht genauso viel wie ein Autoraser – das gilt auch für andere Delikte. Ist das nicht unfair? Melden Sie sich hier an, wenn Sie den FALTER.morgen jeden Tag in der Früh in Ihrer Mailbox haben wollen.