Es lebe das Gemeindebau-Theater! - FALTER.maily #1196
Gestern war ich im Rabenhof Theater auf einer Party. Die Bühne in Erdbergs schönstem Gemeindebau ist einer der lebendigsten Kulturbetriebe ...
Vergangenen Donnerstag war es also so weit: der City-Ikea beim Westbahnhof eröffnete (unseren Bericht lesen Sie hier). Während drinnen Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gemeinsam mit Abgesandten der schwedischen Botschaft feierlich das blau-gelbe Band zerschnitt, demonstrierten auf dem Vorplatz einige Dutzende Aktivistinnen und Aktivisten unter üppigem Polizeiaufgebot dagegen, dass Ikea Hölzer verarbeitet, die illegal in Europas letzten Urwäldern gefällt werden. Und auch drinnen unter den Feiernden war einer, der protestierte. Wenn auch nicht mit Megaphon und Transparent. Stattdessen hat er ein ungewöhnliches Mittel gewählt – zumindest für einen Politiker: er hat sich öffentlich entschuldigt.
"Ich kann mich nur bei den BewohnerInnen dafür entschuldigen, dass ich meine Zusage, dass die notwendigen Begleitmaßnahmen bei der IKEA Eröffnung umgesetzt sind, nicht einhalten kann", hatte Gerhard Zatlokal, der rote Bezirksvorsteher von Rudolfsheim-Fünfhaus, zwei Tage zuvor auf Facebook gepostet. Der Grund für Zatlokals Entschuldigung "aus tiefstem Herzen": Die Stadt hat die begleitenden Maßnahmen zur Neuregelung des Verkehrs im umliegenden Grätzel nicht erfüllt. Und das könnte für die die Ikea-Nachbarschaft noch richtig unangenehm werden.
Schließlich sollen die rund 3000 täglichen Kundinnen und Kunden ausschließlich mit den Öffis, zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen – das auto-freie Konzept ist nämlich der vielgelobte Clou am neuen Einrichtungshaus. Damit es aufgeht, braucht es allerdings auch die nötige Infrastruktur. Denn nur, wenn eine bequeme An- und Anreise per Öffi oder Rad möglich ist, werden die Leute auch wirklich das Auto stehen lassen. Dem grünen Planungsressort, das das Projekt einst mit ausgetüftelt hat, war das klar, weshalb die notwendigen Begleitmaßnahmen bereits mit der grünen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein geplant waren. Deren rote Nachfolgerin Ulli Sima, die nach der Wien-Wahl 2020 das Planungs- und Verkehrsressort übernahm, schnürte das Maßnahmenpaket jedoch wieder auf. Um nachzubessern, wie sie meinte.
Bereits im Frühjahr wies Zatlokal darauf hin, dass es eng werden könnte mit der rechtzeitigen Umsetzung der Verkehrsberuhigung. Alles sei noch in Arbeit, sagte damals Simas Sprecherin. Weit gediehen scheint diese seither nicht. Es fehlen Fahrradabstellanlagen, der schmale Radweg quert zweimal den Gürtel, anstatt der längst versprochenen Verkehrsberuhigung fahren jetzt täglich gut 15 Lkw durch das enge, dichtbewohnte Grätzel, um das Möbelhaus zu beliefern.
Die Stadt habe den 15. Bezirk im Stich gelassen, findet Bezirksvorsteher Zatlokal. Aus Simas Büro hieß es dazu, die notwendigen Arbeiten im Umfeld aufgrund der Großbaustelle erst nach der Eröffnung gemacht werden könnten. "Die Stadt arbeitet, so rasch es geht."
Rascher als die Stadt war nun die APCOA PARKING Austria GmbH. Deren findiger Geschäftsführer bot Ikea-Kunden für das Eröffnungswochenende kurzerhand kostenlose Parkplätze in der Tiefgarage am Christian-Broda-Platz an. Für Einkäufer bequem, jedoch pädagogisch völlig wertlos. Das mutige auto-freie Konzept hat somit schon zum Start eine tiefe Schramme abbekommen.
Ihre Birgit Wittstock
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