Je suis SPÖ - FALTER.maily #1050
Bevor China die schlimmsten Seiten von Kommunismus und Kapitalismus zur Nationalphilosophie erhob, gab es dort einige interessante Denker. Huainanzi ...
Wieder einmal hat es eine Studie bestätigt: Künstlerinnen und Künstler werden in Österreich schlecht bezahlt. Und zwar jene, die der freien Szene angehören, also abseits der staatlichen Institutionen agieren. "Wir sind im Durchschnitt 21 Prozent der Personalkosten von einer Fair-Pay-Situation entfernt", sagte die Staatssekretärin für Kunst und Kultur, Andrea Mayer (Grüne), gestern bei einer Pressekonferenz. Festgestellt hat dies das Marktforschungsinstitut Gallup.
Das Kulturministerium hatte die Studie in Auftrag gegeben. 200 Institutionen, Vereine und Kunstschaffende haben teilgenommen. Das sind nicht viele. Das Ergebnis kann also maximal Anhaltspunkte liefern.
Der Unterschied zu früheren Erhebungen ist jedoch wesentlich: Nun geschieht etwas.
Vor eineinhalb Jahren startete der Bund gemeinsam mit den Ländern und Interessensgemeinschaften der unterschiedlichen Kunstsparten (IG) einen Fairness-Prozess. Das Ziel: gerechte Bezahlung und Arbeitsbedingungen für Künstlerinnen und Künstler zu schaffen. Im Herbst vergangenen Jahres wurde ein Symposium veranstaltet, das die Bandbreite der Themen, die es zu bearbeiten gilt, abbildete. Es ging unter anderem um eine Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch oder mehr Diversität in Produktionsteams.
Nun folgt der erste konkrete Schritt. Der Bund will seinen Anteil am Fair-Pay-Gap, also der Kluft zwischen Ist und Soll, ausgleichen. Dafür wurden zuerst die Gesamtbudgets aller Institutionen, die vom Bund gefördert werden, zusammengerechnet und daraus dann der durchschnittliche Beitrag des Bundes zu diesen Budgets festgestellt. Der gesamte Fair-Pay-Gap beläuft sich jährlich, so die Studie, auf 25 Millionen Euro. Der Anteil des Bundes daran beträgt 26 Prozent, also 6,5 Millionen Euro. Diese Summe will das Kulturministerium bereits im Jahr 2022 aus dem laufenden Budget zur Verfügung stellen, unabhängig davon, ob andere Fördergeber auch mitmachen. Für die verbleibenden 74 Prozent des Fair-Pay-Gap sind Länder, Gemeinden und Städte verantwortlich.
Jene Institutionen, Vereine und Kunstschaffenden, die in ihrem Umfeld eine faire Bezahlung ermöglichen wollen, müssen in ihrem Förderantrag ein Fair-Pay-Konzept beilegen. Wird das Geld nicht für diesen Zweck verwendet werden, drohen jedoch keine Strafen. Das Ministerium wolle keine Fair-Pay-Polizei sein, sagte Mayer. Kontrollen werde es aber geben.
Wie genau die Auszahlung der ersten Fair-Pay-Millionen vonstatten gehen soll, ist noch nicht klar. Eine Fokusgruppe, bestehend aus Vertreter:innen des Bundes, der Länder, Gemeinden, Städte und IGs, die ihre Arbeit Ende Februar startet, sollte diese Rahmenbedingungen klären. Das komme allerdings viel zu spät, sagt Gabriele Gerbasits von der IG Kultur, da die Fördergelder bereits jetzt verteilt würden und die Expertise der Interessenvertretungen nicht mehr einfließen könne.
Gerbasits initiierte schon vor zehn Jahren eine Kampagne zum Thema. Der IG Kultur ist es auch zu verdanken, dass es eine Grundlage dafür gibt, was faire Bezahlung überhaupt sein soll. Sie erstellte ein Gehaltsschema, das sich an jenem der Gewerkschaft für Privatangestellte für Vereine orientiert. Gerbasits' Kritikpunkt: Es sei nicht klar, wie die Auszahlung evaluiert oder kontrolliert werde. Die Rahmenbedingungen hätten schon viel früher ausgearbeitet werden müssen. Dem stimmt auch Thomas Randisek vom Dachverband.Kultur.Salzburg zu. Salzburg war schon letztes Jahr vorgeprescht. Land und freie Szene hatten gemeinsam einen Fair-Pay-Prozess in Gang gesetzt, der mit 1. Jänner 2022 begonnen hat. Mittlerweile wurden schon mit 40 Institutionen Fördervereinbarungen zu den neuen Bedingungen abgeschlossen.
Ulrike Kuner von der IG Freie Theaterarbeit ist vorsichtig optimistisch, weist aber darauf hin, dass es neben dem Geld auch noch andere wichtige Themen gebe. Nicht nur "die direkte monetäre und sozialversicherungsrechtliche Besserstellung der Künstler:innen" sei wichtig, sondern auch "faire strukturelle Leistungen der Häuser und Organisationen".
Fair Pay ist bisher nur eines der Förderkriterien des Bundes. Das bedeutet, dass Institutionen, die gerechte Bezahlung gewährleisten, eher Förderungen bekommen als jene, die das nicht tun. Verpflichtend ist Fair Pay jedoch nicht. Das sollte sich schnell ändern.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Ihre Stefanie Panzenböck
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