Grönemeyer hat auch keinen Plan - FALTER.maily #1048
Morgen erscheint "Das ist los", Herbert Grönemeyers 16. Album. Ich freue mich immer, wenn der deutsche Sänger Neues ...
In Zeiten von multiplen Krisen lebend, fragt man sich, was für einen Schock eine krisenfreie Realität darstellen würde. Wie würden wir ohne Finanzkrise (kommt schon wieder), Pandemiekrise (richtet sich auf Permanenz ein) und Krieg (war immer da, macht sich jetzt in unsere Nähe bemerkbar) leben? Wir können es uns nicht mehr vorstellen.
In der permanenten Krise sucht man nach immer stärkeren Lösungen, kräftigeren Reizen, durchgreifenden Medizinen. Verständlich, was soll man einem Panzer entgegensetzen als eine Panzerabwehrrakete? Wohin diese Logik führt, wissen wir. Die Rüstung ist eine gesellschaftstragende Industrie und Menschen bilden ihre Nahrung, unabhängig davon, wer politisch Recht und Unrecht hat.
Dennoch sollte man auch im Augenblick, da Menschen ihr Leben lassen und Städte verbrennen, weil es ein Aggressor, der russische Präsident Wadimir Putin so will, nicht vergessen, dass es das scheinbar Kraftloseste ist, mit dem dieser Wahnsinn beginnt: das Wort.
In Putins Fall sind es Worte wie russische Seele, großrussisches Reich, russischer Stolz und dergleichen. Enden kann das alles in einem atomaren Konflikt. Die politische Macht kommt aus den Läufen der Gewehre, und als man Stalin vorschlug, der Papst möge an den Friedensverhandlungen nach dem zweiten Weltkrieg teilnehmen, fragte er zynisch: „Wieviele Divisionen hat der Papst?“
Die Macht des Wortes liegt darin, dass es Null Divisionen hat, aber, als Parole, als Kommando alle Divisionen in Bewegung setzt. Wenn aber alles mit einem Wort anfängt, kann das Gegenwort vielleicht jene Zaubermacht entfalten, welche die Romantiker beschworen?
Der Verleger Lojze Wieser ist davon überzeugt. Mit seinem Verlag hat er in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass die Kenntnis in anderen Sprachen geschriebener Worte essentiell für Verständigung und Kenntnis dieser Kulturen ist. Verständnis bedeutet Frieden. Krieg ist das größte Missverständnis von allen.
Wieser setzt gerade in einem Augenblick, der alle verzweifeln lässt, auf die Macht der Sprache. Er hat ein Gedicht geschrieben, mit dem er die Friedensbewegung in Erinnerung ruft und wiederbeleben will. Es wurde mittlerweile in 219 Sprachen übersetzt. Sprachliche Souveränität und Verständigung dürfen nicht schon wieder, sagt Wieser, dem Nationalstaat und seiner Assimilation geopfert werden.
„Jedenfalls“, schreibt er, „der Krieg in Europa lässt den innigen Wunsch nach einer neuen Friedensbewegung wach werden. Es ist Zeit! Es ist Zeit, nach einem Jahrhundert der Kriege es nicht wieder so einfach geschehen zu lassen. Nicht, dass Männer als Soldaten unter Befehlsgewalt zu Kanonenfutter werden und auf Verwandten, Gleichgesinnte, Brüder, Schwestern, Kinder schießen, töten, (vielleicht mit zusammen gebissenen Zähnen), aber töten!“
Er hat Recht. „Die Waffen nieder!“ sollte lauter erklingen als der Ruf, „Die Waffen liefern!“, so gut man diesen verstehen kann.
Haben Sie trotzdem eine schöne Woche.
Ihr Armin Thurnher
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Fliegen ist die beste Superkraft!
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