Nur keine Hektik

Josef Redl
Versendet am 18.08.2022

Bei mir geht das seit Wochen so: Ich lasse mir Zeit. Nicht, wenn das Lektorat im Redaktionsschluss auf einen Text wartet. Und auch nicht, wenn ich zu Terminen verabredet bin. Ich meine den ganzen Alltag rund herum. Zum Beispiel habe ich damit begonnen, Umwege zu gehen. Wahrscheinlich ist das eine Reaktion auf die Lockdowns und die Verengung des Alltags im Home Office. Ich streune also ein bisschen herum, während ich von A nach B unterwegs bin. Spaziere durch Gassen, die ich nicht kenne, kaufe in Geschäften ein, die ich noch nie vorher betreten habe.  

Ich bewege mich dabei in einem derart gemäßigten Tempo, dass es meine Mitmenschen manchmal als Provokation auffassen. Oder, die mitfühlenderen, als Ausdruck körperlichen Gebrechens. 

Dazu muss man sich Zeit lassen. Das können – aus inneren und äußeren Zwängen heraus – nicht alle. Ich bin ziemlich gut darin geworden. Das Sich-Zeit-Lassen ist bei mir eine Art Geisteshaltung geworden. Es geht dabei natürlich nicht nur um Zeit, es ist eine ständige ökonomische Abwägung: Lohnt sich der Aufwand und wenn ja, wann?

Seit ich urlaubsbedingt alleine zuhause bin und es mir an einer Referenzgruppe für mein Handeln fehlt, bemerke ich allerdings, dass meine sommerlich-entspannte Grundhaltung gegenüber den alltäglichen Besorgungen langsam in Richtung einer nihilistischen Gleichgültigkeit kippt. 

Ich war seit Tagen nicht mehr einkaufen und weil sich das Kochen für einen alleine nicht auszahlt, haben einige Lebensmittel schon das Haltbarkeitsdatum erreicht. Zumindest glaube ich das. Jemand müsste mal nachsehen. In der Spüle ist schon so lange kein Wasser gelaufen, dass die Fruchtfliegen auf der Suche nach Abkühlung in den Überlaufbehälter der Kaffeemaschine übersiedelt sind.

Aber ein paar Tage habe ich ja noch, bis meine Frau zurückkommt.

Ihr Josef Redl


Tipp

Wenn Sie zu jenen Menschen gehören, die lieber etwas erleben wollen, schauen Sie doch mal in diese Liste. Katharina Kropshofer hat mit Hilfe von Magdalena Riedl feine Dinge gesammelt, die man in Wien für wenig oder kein Geld tun kann, von Sternderlschauen bis Schlenderei.


Aus Dem Falter

Nichts zu sehen gibt es angeblich bei der FPÖ – wenn man dem Narrativ der Partei glaubt. Tun wir aber selbstverständlich nicht, denn Parteichef Herbert Kickl hat offensichtlich alle Hände voll zu tun, die Wogen nach dem jüngsten innerparteilichen Skandal zu glätten. Die Hintergründe des blauen Machtkampfes und was er für den Präsidentschaftswahlkampf von Walter Rosenkranz bedeutet, lesen Sie hier.


Falter Natur

Im Natur-Ressort erzählt Ihnen Benedikt Narodoslawsky diese Woche, wie eine künstliche Intelligenz eingeschleppte Pflanzen, die Menschen und Umwelt gefährden können, lokalisieren kann. Wer der Endgegner unter den invasiven Pflanzen ist, lesen Sie hier.

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Podcast

Im FALTER-Radio hören Sie aktuell ein Gespräch von Eva Konzett und Raimund Löw mit dem Medienmanager Gerhard Zeiler (SPÖ). Er spricht über Österreichs Präsidentschaftswahlkampf, warum die NATO ihn nicht abschreckt und wie seiner Meinung nach unter Pamela Rendi-Wagner eine Ampel mit Grünen und Neos funktionieren könnte. 


In Eigener Sache

Wir hätten da eine kleine Bitte an Sie: Wenn Sie in der kommenden Woche etwa 30 Minuten Zeit, Kinder unter 12 Jahren und Lust haben, uns Feedback zu einem neuen (noch geheimen) Projekt zu geben, melden Sie sich gern mit einer kurzen Personenbeschreibung unter kiwi@falter.at. Sie müssen nirgendwo hinkommen, das Gespräch findet virtuell statt. Vielen Dank!

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