Krone gegen FALTER: Hintergründe einer Intrige - FALTER.maily #1206
Ich möchte Ihnen heute erzählen, wie die "Kronen Zeitung" arbeitet. Vielleicht haben Sie es ja schon bemerkt: Das Blatt, aber ...
Nach zwei Jahren an der kühlen norddeutschen Ostsee trinke ich den sonntäglichen Spritzer wieder am schlammgrünen Donaukanal. In Greifswald habe ich bei Katapult Magazin über Wissenschaft geschrieben, jetzt bin ich wieder in meiner Heimatstadt und beim Falter im Ressort Stadtleben gelandet. Wer für längere Zeit weg ist, erlebt so etwas wie Schrödingers Wien: diese Stadt erscheint gleichzeitig total anders und herrlich unverändert.
Um in noch mehr Nostalgie zu verfallen, schleppe ich mich an einem schwülen Wochenende nach meiner Ankunft ins Wien Museum. Dort hängen gerade Wiener Straßenfotografien von 1860 bis heute. Die chronologische Ordnung fehlt, 1890 reiht sich direkt an 1954, 2007.
Manchmal verrät der hohe Hut oder die aufwändig toupierte Hochsteckfrisur das Jahrzehnt, viele Szenen könnten aber jedes Jahr stattgefunden haben. Ein Mann schläft auf den Stufen, die zum Donaukanal führen. Eine Frau schiebt einen Kinderwagen über die Kreuzung. Drin eine Pflanze, dreimal größer als sie selbst. Viele Trinkende, auf Parkbänken, im Kaffeehaus, im Beisl.
Worauf ich hinaus will: Mein Wien ist immer noch dasselbe geblieben. Irgendwie auch beruhigend, kurz verschwinden zu können und Wien wieder so vorzufinden, wie man es verlassen hat.
Und dann gibt es das, was fern der Gehsteige und Gaststätten passiert: die hohe Politik. Drei Bundeskanzler, drei Gesundheitsminister, ein beschlossenes und begrabenes Impfpflichtgesetz, allerlei Korruptionsskandale in der ÖVP, reihenweise Rücktritte und neue Minister, dass das Merken schwer fällt.
Plötzlich erwachte selbst im hohen Norden Deutschlands Interesse an Österreich. Über 30 Jahre österreichischer Lebenserfahrung reichten, um mich von einen Tag auf den nächsten zur gefragten Quelle in meiner mecklenburg-vorpommerschen Redaktion zu machen. Dabei beschäftigte die sich statt mit Außenpolitik üblicherweise mit Daten.
Jetzt sitze ich wieder mitten in Wien, wo jeder auf diesen zeitlosen Straßen weiß, wer Thomas Schmid oder Sabine Beinschab ist. Auch geteiltes Leid fühlt sich wie nach Hause kommen an. Und natürlich, endlich wieder Spritzer statt Weinschorle zu bestellen, ohne fragende Blicke serviert zu bekommen.
Einen schönen Sonntag wünscht
Ihre Daniela Krenn
Andrew Tate: Dieser Name wurde im Juli öfter gegoogelt als Donald Trump. Der Grund für seine Bekanntheit ist allerdings kein rühmlicher. Im Netz verbreitete er Videos, in denen er frauenfeindliche und homophobe Aussagen tätigte. Dass Frauenhass auf Social Media aber ein Symptom ist und keine Ursache, darüber schreibt Melisa Erkurt. Ihre Kolumne lesen Sie hier.
Meine Kollegin Eva Konzett hat sich diesen August durch stapelweise Akten gewühlt. Jetzt hat sie von der Cofag endlich Pause - zumindest vorerst: Im dritten und letzten Teil ihrer Cofag-Reihe hat sie das ausgeklügelte Netzwerk hinter der Agentur, die im Auftrag des Bundes 17 Milliarden Euro an Corona-Förderungen an Unternehmen verteilte, aufgezeichnet. Bernhard Perner und Michael Mendel hatten dort das Sagen. Welche Rolle die beiden Männer hatten und welche Beziehungen ihnen dabei halfen, lesen Sie hier.
Thomas Piketty ist mit millionenfach verkauften Bestsellern der Shooting Star der Wirtschaftswissenschaften. Zu Recht. In seinem neuestem Werk "Eine kurze Geschichte der Gleichheit" erzählt er die Geschichte trotz aller Ungerechtigkeiten als Entwicklung zu mehr Gleichheit - und erklärt, was zu tun ist, um diesen Fortschritt auch in Zeiten von Covid- und Energiekrise zu verteidigen.
Zwei interessante Folgen unseres Podcasts FALTER Radio könnten Sie versäumt haben, wenn Sie auch am Donaukanal Spritzer getrunken haben: Eine Diskussion von den Salzburger Festspielen über Russlands Ukraine-Krieg - Mythen, Realitäten und Europas Wahrnehmung von Wladimir Putin, diskutiert im Symposium der Salzburger Festspiele - wie Putins Russland in einen neuen Faschismus treibt und warum Europa auf alles gefasst sein sollte. Zu hören sind Historiker Karl Schlögel, Schriftstellerin Tanja Maljartschuk und Diplomat Emil Brix, Journalistin Susanne Scholl und Theatermacherin Marina Davydova. Es moderiert Michael Kerbler. Teil 1 hören Sie hier, Teil 2 hier.
Utopisches Reisen
FALTER-Feuilleton-Chef Matthias Dusini stellt in Hotel Paradiso 13 Orte in Mitteleuropa vor, an denen Lebensreformer, Unternehmer, Künstler und Ingenieure versuchten, eine utopische Gegenwelt zu schaffen.
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