Grönemeyer hat auch keinen Plan - FALTER.maily #1048
Morgen erscheint "Das ist los", Herbert Grönemeyers 16. Album. Ich freue mich immer, wenn der deutsche Sänger Neues ...
Vor Kurzem bekamen einige Eltern von Jugendlichen mit intellektueller Behinderung ungewöhnliche Post. Es sei ihnen gemeldet worden, dass "ihr Sohn/Tochter derzeit keine Schule besucht und keine Ausbildung macht", schrieb ihnen die "Koordinierungsstelle Ausbildung bis 18 Wien" im Auftrag des Sozialministeriums. Daher gebe es den Verdacht eines Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebene Ausbildungspflicht. Denn in Österreich muss jede:r bis zum 18. Geburtstag eine Schule besuchen oder eine Ausbildung machen.
Diese Eltern hätten aber nichts lieber getan, als ihr Kind weiter in die Schule zu schicken. "Einen Tag vor den Sommerferien erfuhren wir und zwei andere Eltern in der Klasse, dass unsere Kinder im Herbst nicht mehr in die Schule gehen dürfen", erzählt die Mutter von Mathias, der eine intellektuelle Behinderung hat und intensive Betreuung benötigt. Schüler:innen mit intellektueller Beeinträchtigung haben keinen Rechtsanspruch auf mehr als neun Pflichtschuljahre – selbst wenn sie mehr Zeit zum Lernen benötigen.
Auch Andrés Eltern erhielten einen Ausbildungspflicht-Brief. Sie hatten erst am allerletzten Schultag von der Bildungsdirektion Wien mitgeteilt bekommen, dass André, der Autist ist und unter Epilepsie leidet, nicht weiter in die Schule gehen darf. "Wir haben die gesamten Sommerferien damit verbracht, alle Stellen durchzutelefonieren und alle Tagesstrukturen für Menschen mit Behinderung abzuklappern, damit André irgendwo einen Platz kriegt", erzählt seine Mutter. Seit Oktober besucht er nun halbtags eine Tagesstruktur, auch für Mathias konnten die Eltern nach verzweifeltem Suchen im Herbst einen Platz finden. "Aber lernen wie in der Schule tut André dort nicht mehr", sagt seine Mutter. Die Betreuer:innen seien sehr nett zu ihrem Sohn, "aber sie gehen vor allem spazieren und spielen".
Diese Briefe wegen Verdachts auf Verletzung der Ausbildungspflicht zeigen, wie wenig Bildungs- und Sozialministerium, aber auch Institutionen wie der Fonds Soziales Wien miteinander vernetzt sind. Nach einem Anruf der Eltern bei der zuständigen Stelle war die Sache mit der Ausbildungspflicht gelöst. Was blieb, war ein unangenehmes Déjà-vu. "Ich frage mich, wie viele Eltern von Kindern mit Behinderung müssen dieses Jahr durchmachen, was wir im vergangenen Jahr erleben mussten?", sagt die Mutter von André.
"Wir führen zwar viele Gespräche mit den politisch Verantwortlichen, Lösung gibt es aber noch keine", sagt Karin Riebenbauer von der Elterninitiative "Ich will Schule", die für einen Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr für Schüler:innen mit intellektueller Beeinträchtigung kämpft. Kommende Woche haben Vertreter:innen von "Ich will Schule" einen neuerlichen Termin im Bildungsministerium.
Auch in der Bildungsdirektion Wien haben sie bereits vorgesprochen. "Zumindest hat uns der Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer zugesagt, sie werden jeden einzelnen Antrag auf ein 11. Schuljahr nochmals überprüfen und ihr bestes tun, dass kein Jugendlicher auf der Straße stehen muss", sagt Riebenbauer.
Auch Mario, den ich im Juli 2022 zum ersten Mal besuchte, bekam vor kurzem Post. Allerdings nicht wegen des Verdachts, dass der 16-Jährige gegen die Ausbildungspflicht verstößt. Dabei passiert genau das bei ihm. Auch Mario, der Autist ist und eine intensive Betreuung benötigt, wurde mit Schulschluss im Juni 2022 aus der Schule geworfen. Seitdem sitzt der Teenager zu Hause. Seine Mutter bemüht sich seit mehr als acht Monaten vergeblich darum, für ihren Sohn eine Lösung zu finden.
Nun bekam sie eine Nachricht von Bürgermeister Michael Ludwig. Die Bitte der Volksanwaltschaft, dass Mario doch noch ein Jahr in die Schule gehen darf, beantwortete man im Rathaus mit einem klaren Nein. Aufgrund von Personalknappheit und einer Steigerung der Anzahl von Schülern mit schweren Behinderungen sei eine Wiederaufnahme ihres Sohnes in die Schule nicht möglich. Mario muss also weiter zu Hause bleiben.
Ihre Nina Horaczek
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