Grönemeyer hat auch keinen Plan - FALTER.maily #1048
Morgen erscheint "Das ist los", Herbert Grönemeyers 16. Album. Ich freue mich immer, wenn der deutsche Sänger Neues ...
Sie sei sehr traurig gewesen, als sie die OMV auf einer Sponsorliste des Opernballs entdeckte, meinte Jane Fonda am Mittwoch bei einer Pressekonferenz; fossile Konzerne seien kriminell. Die Häme aus dem Netz folgte wenig später: Ist Frau Hollywoodstar-Klimaschützerin denn etwa zu Fuß nach Europa marschiert, oder doch im Privatjet geflogen?
Dann vergangene Woche: Aktivist:innen der Letzten Generation interviewten eine Passantin, die ihre Unterstützung ausdrückte. Wenig später auf einer rechten Online-Plattform zu lesen: Die Passantin sei die Schauspielerin Valerie Huber, die auf Instagram Fotos von ihren Strandurlauben und Jetset-Leben postet. Wie peinlich!
Und das Lachen über die zwei deutschen Klimaaktivist:innen, die auf Thailand Urlaub machten anstatt bei ihrem Gerichtstermin zu erscheinen, ist bis heute nicht verhallt.
Wir können nun alle weiter lachen, uns freuen, dass wir endlich diese Doppelmoral entlarvt haben. Oder wir können versuchen, die Komplexität zu verstehen, die hinter all dem steht. Die Faschingszeit ist immerhin bald vorbei.
Wer eine bessere Welt will, klimafreundlicheres Verhalten fordert, ist nicht automatisch vor der Verlockung gefeit, die unsere fossile Welt mit sich bringt: Den sozialen Druck, nicht nur ab und zu, sondern regelmäßig neue Kleidung zu kaufen. So wie seine Kumpels in den Urlaub fahren zu wollen - auch wenn man darüber diskutieren kann, ob der Nightjet nach Bologna nicht genauso schön sein kann.
Es zeigt nämlich auch die Unmöglichkeit eines klimafreundlichen Lebens auf: Wieso ist es überhaupt mir als Konsumentin überlassen, zwischen Schokocreme zu wählen, die wegen ihres Palmöls Menschenleben und Ökosystemzerstörung auf dem Buckel hat, und einer, die umweltfreundilcher hergestellt wurde?
Die Klimaaktivist:innen müssen aber den Komplexitäts-Rotstift auch bei sich selbst anlegen: Fadenscheinige Erklärungen, man sei "als Privatperson" in den Urlaub geflogen, glauben auch viele aus den eigenen Reihen nicht, geschweige denn diejenigen, die absichtlich mit Käsekrainer und Sportauto posieren und laut "Take that, Greta!" rufen. Dass es den Aktivist:innen nicht um das Blockieren geht, während sie den Zeigefinger auf einzelne Autofahrer im Morgenverkehr richten, sondern um einen Systemwandel, ist schwer zu vermitteln.
Entlarvend ist aber auch die Doppelmoral jener, die laut Doppelmoral schreien: Kanzler Nehammer zum Beispiel, der die Aktionen der Aktivist:innen eine "Sabotage an der Menschheit nennt", Claudia Plakolm, die Autofahrern Kipferl in die Hand drückt, auf "Innovation" statt "Verbote" setzen will - während die ÖVP weiterhin die wichtigen Schritte zu einer sozialverträglichen Energiewende blockiert. Über so einen offensichtlichen Populismus kann ich herzhaft lachen.
Ihre Katharina Kropshofer
Der Opernball gibt immer wieder Anlässe, um "Eat the rich!" zu rufen. Klimaaktivist:innen protestierten gestern, unterstrichen die massiven Unterschiede zwischen Verursachern von Treibhausgasemissionen und jenen, die diese dann ausbaden müssen.
Noch so ein Anlass für Klassenkampf: Eine Entourage eines Konzernchefs, die zur Elchjagd per Privatjet nach Schweden flog – inmitten der Energiekrise und während die eigene Branche um Hilfe bei den Papierkosten bat. Ich empfehle die (sehr unterhaltsame) Geschichte von Nikolai Atefie und Florian Klenk in der aktuellen Ausgabe.
Im krassen Gegensatz dazu: Die wahren Klimaretter an unerwartbarer Stelle. Als Lehrlinge in einer Linzer Berufsschule. Magdalena Riedl hat sie besucht.
Die Empörung über Reiche und ihre Lebensweise ist das eine, die Faszination, die wir trotz allem dafür haben, eine andere. Und genauso wenig von der Hand zu weisen. Zwei Empfehlungen:
Aus dem Archiv eine Reportage von Lukas Matzinger aus dem März 2021.
Aus meinem Podcast-Fundus eine Folge zur Frage, wieso wir die da oben beneiden und trotzdem nach mehr Infos über sie lechzen.
"Die Technik ist ein Hund", betitelte Benedikt Narodoslawsky den heutigen FALTER.natur-Newsletter. Anschaulich leitet er über Entenhausen und die Familie Duck her, woher das gesellschaftliche Vertrauen in technische Lösungen kommt. Und warum wir damit in Klimafragen daneben liegen.
Erfolgreich Sprechen
Virtuose Sprecher:innen sind immer eindrucksvoll.
Florian Reiners und Susanne Altweger präsentieren in dem Buch Das gesprochene Bild eine innovative Methode zu differenzierter Textgestaltung. Sie geben Anleitung und Anregung, um Inhalte lebendig und anschaulich zu transportieren, um damit beim Publikum (emotionale) Aufmerksamkeit zu erreichen.
Für alle, die mit Sprechen Erfolg haben wollen.
Erhältlich auf faltershop.at