Das Sparziel - FALTER.maily #1020

Armin Thurnher
Versendet am 19.02.2023

Sie müssen sparen. Müssen wir das nicht alle? Ärgerlich ist es nur, wenn das jemand zu einem sagt, der zugleich öffentlich das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinauswirft.

Der ORF muss sparen, und wichtig macht sich mit dieser Mitteilung eine Ministerin, die einer Regierung angehört, die von Sparen nicht nur keine Ahnung hat, die vielmehr, gesegnet mit niedrigen Zinsen für Staatsschulden und gleichzeitig strömenden Steuereinnahmen, nicht getan hat, was selbst Keynesianer in solchen Zeiten verlangen: das Budget konsolidieren. In der Pandemie kostete es, was es wollte. Allein die Corona-Tests verschlangen, glaubt man dem Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker, eine Milliarde Euro mehr als nötig, weil die türkis-grüne Regierung aus politischen Gründen das Wiener-Gurgel-Modell ablehnte.

Der ORF muss sparen, diese Forderung unterstütze ich selbstverständlich. Sparsam zu wirtschaften gebietet die Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns. Sorgenfalten zeigen sich aber auf meiner Stirn, wenn ich sehe, wie gleichzeitig die Frau Ministerin Raab per Gesetz Geld an Medien hinauswirft, die es weder brauchen noch verdienen, nämlich die Boulevardmedien.

Eines sollte man sich als Minister keinesfalls sparen, nämlich das Denken. Das öffentliche Denken! Der öffentliche Gebrauch der Vernunft macht die Aufklärung, lehrte der Philosoph Immanuel Kant, nicht der private. Der Gebrauch der Vernunft, der den Entschlüssen der Frau Ministerin vorangeht, ist immer privat.

Man weiß nicht, wie sie zu ihren Meinungen kommt, die dann in ihre schauerlichen Taten münden. Sie will uns das Erscheinen die Wiener Zeitung ersparen, der ältesten Tageszeitung der Welt. Ein Akt der Barbarei. Aber sie erspart uns nicht, dass dafür die Journalistenausbildung, die sie der dortigen Redaktion anstelle der Zeitung zumutet, unter staatlicher Kontrolle steht.

Jetzt will sie die ORF-Gebühr „verbilligen“. Sie erspart der Öffentlichkeit jeglichen Vorschlag, was denn der ORF (der übrigens uns allen gehört) einsparen solle. Sie erspart uns auch die Debatte darüber, was ihr denn wichtig am ORF erscheine, sodass bereits die diversen Pfründner vorspringen und rufen: dies nicht und das nicht. Nicht ORF Sport und nicht das RSO!

Der ORF selbst erspart uns wie eh und je beinahe jede öffentliche Überlegung, warum wir ihn brauchen und was uns an ihm wieviel wert sein sollte. Immer brav hinter den Kulissen, das spart Brösel.

Da die Beteiligten uns das alles ersparen wollen, dürfen wir mutmaßen, worin das Sparziel der Ministerin Raab besteht: Sie will Kontrolle sparen, Kritik, journalistischen Biss, Attraktivität von nicht durchkommerzialisierter Öffentlichkeit undsoweiter. Am Ende will sie uns zu viel Demokratie ersparen. 

Solche Ministerinnen sollten uns erspart bleiben.

Haben Sie trotzdem eine schöne Woche.

Ihr Armin Thurnher


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