It's the bribery, stupid! - FALTER.maily #1055
Ich würde meinen, wir müssen die Geschichte über Sebastian Kurz fabelhaften Aufstieg zum ÖVP-Chef und Kanzler grundsätzlich ...
Wo ist denn die Veranstaltung? Der Buchautor Roger Lipsey lächelt verlegen, denn er kann die Frage selbst nicht beantworten. Der Buchhändler von Shakespeare & Company weiß mehr und deutet auf den Verkaufsraum, in dem sich die Neuerscheinungen stapeln. "Sie werden sehen, jeder bekommt einen Sitzplatz."
Der New Yorker Kunsthistoriker und Übersetzer Roger Lipsey kam nach Wien, um bei Shakespeare & Company sein neues Buch über den Esoteriker G.I. Gurdjieff (1866–1949) vorzustellen. "Gurdjieff Reconsidered" (Shambhala Publications) ist das Resultat der jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Lehren eines Mannes, der großen Einfluss auf die Kultur des 20. Jahrhunderts, insbesondere die Theater- und Tanzavantgarde, hatte.
Der griechisch-armenische Visionär begründete den sogenannten Vierten Weg. Er destillierte aus Weltreligionen und okkulten Überlieferungen ein Programm, das Tanzpädagogik ebenso umfasste wie therapeutische Introspektion. Zu seinen Schüler:innen im Paris der 1920er-Jahre gehörten der US-amerikanische Architekt Frank Lloyd Wright oder die neuseeländische Schriftstellerin Katherine Mansfield.
Die deutschsprachige Öffentlichkeit hat oft ein Problem mit Religionen. Eifrige Agnostiker spotten über das katholische Erbe. Vertreter alternativreligiöser Traditionen, zu denen Gurdjieff gehört, geraten in den Verdacht, dem Faschismus nahe zu stehen. Die Kritik am Anthroposophen und Impfgegner Rudolf Steiner (1861–1925) nahm während der Corona-Pandemie irrationale Ausmaße an, mitunter wirkte die Gegnerschaft wie eine Verschwörungstheorie der Verschwörungstheorie. Die französische und englischsprachige Publizistik zeigt mehr Sympathie für den Kontinent zwischen Glauben und Wissen.
Man muss kein Anhänger von Tempelrittern sein, um Gurdjieffs Kosmos interessant zu finden. Zumindest die über ihn überlieferten Anekdoten sind es. Lipsey erzählte etwa von Gurdjieffs Wiener Schüler Franz Grünwald, dessen Vater Karl Grünwald ein Freund und Förderer Egon Schieles war. 1938 flüchtete Franz Grünwald vor den Nationalsozialisten nach Frankreich und schloss sich dem Widerstand gegen die deutsche Besatzung an. Für den Exilanten war die Begegnung mit Gurdjieff heilsam, eine Möglichkeit, mit dem Verlust der Heimat umzugehen. "Un chemin hors de l'exil, de Freud à Gurdjieff" erschien 2017 in einem kleinen Pariser Verlag auf französisch. Die deutsche Originalfassung harrt noch der Veröffentlichung.
Ihr Matthias Dusini
Der britische Theatermacher Peter Brook produzierte 1979 einen Film über G.I. Gurdjieff, "Meetings with Remarkable Men". Brook besetzte die Hauptrolle, wohl auch aufgrund von dessen fremdländischem Aussehen, mit dem serbischen Schauspieler Dragan Maksimović. Der Mime starb 2001 in Belgrad an den Folgen eines rassistischen Überfalls. Die Schläger hatten gedacht, Maksimović sei ein Rom.
Auch in Wien hat Gurdjieff Anhänger. Sein prominentester Schüler war Arnold Keyserling (1922–2005), der viele Jahre an der Universität für angewandte Kunst unterrichtete. Neben einer Unmenge an Schriften hinterließ Keyserling auch Aufnahmen der auf einer elektronischen Orgel gespielten "Chakra Music". Wer sich über die Lehren Keyserlings informieren möchte, kann die Veranstaltungen der Schule des Rades besuchen.
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