Srebrenica - FALTER.maily #1049
Der österreichische Politikwissenschaftler Walter Manoschek ist ein Kapazunder im Bereich der Holocaust-Forschung. Seine Arbeit zur Verfolgung ...
Vergangenen Sommer gingen die Fotos um die Welt: Eine vertrocknete Loir, auf dem niedrigsten Stand seit 1967; Deutschland galt plötzlich als eines jener Länder, deren Wasservorräte am stärksten abnehmen, sagt die Ressourcenforscherin Claudia Pahl-Wostl; und im burgenländischen Zicksee mussten die Fische aus dem Trockenen gerettet werden. Gerade bei uns! Dem Land am Strome, das sich mit seiner Wasserkraft, Alpenbächen und Badeseen feinster Qualität schmückt.
Und nun sprechen wir wieder von Wasserknappheit, einem Rekordtief der Grundwasserstände, Winterdürre. Ausfällen von Weizen- und Gerstenernte in Südeuropa. Und das im März. Wenn das Wasser jetzt schon knapp wird, wie soll das dann in naher Zukunft sein, bei Fortschreiten der Klimakrise?
Nicht nur für aquatische Lebewesen, sondern auch unser Zusammenleben: Vergangenen Sommer bat die italienische Region Veneto die Nachbarregion Trentino-Südtirol um Wasser für die Landwirtschaft. Die Norditaliener weigerten sich – schließlich hatten sie selbst bereits niedrige Pegelstände in Stauseen, sie fürchteten um die Energieerzeugung.
Paradoxerweise helfen auch Starkregenereignisse nicht, die in Zukunft zunehmen werden. Sie führen sogar dazu, dass die Trockenheit zunimmt: Die Autoren Nick Reimer und Toralf Staud beschreiben das in ihrem Buch "Deutschland 2050" so: "Fällt immer mehr Regen in kurzer Zeit, muss - selbst bei leicht höherer Jahresgesamtmenge - die Zahl jener Tage steigen, an denen kein Tropfen niedergeht."
Wir schwanken also zwischen Extremen. Boku-Forscher Roman Neunteufel geht davon aus, dass auch in Österreich die Grundwasserreserven bis 2050 um bis zu 23 Prozent schrumpfen könnten (im schlimmsten berechneten Szenario). Auch aufgrund der Gletscher: Gehen sie zurück, können sie im Sommer nicht mehr das Wasser nachliefern, das genau dann am dringendsten gebraucht wird. Ein wichtiger Wasserspeicher geht verloren.
Was könnte man also jetzt schon tun?
Reservoirs auffüllen
Vor allem im Osten Österreichs, im Marchfeld, Weinviertel oder der Region Neusiedler See, sind die Grundwasserspiegel auf einem Rekordtief. Wasserauffangbecken können Winterregen und Schmelzwasser in den Alpen speichern, das später im Jahr zu Trinkwasser aufbereitet wird. Singapur macht das etwa bereits erfolgreich.
Wassersparen
In vielen Regionen Frankreichs gilt das Verbot bereits: Gärten oder Sportstadien zu bewässern, Swimmingpools zu befüllen und Autowaschen. Das gab es zu dieser Jahreszeit noch nie. Die südfranzösische Gemeinde Callian verbot sogar den Neubau von Swimmingpools für die nächsten fünf Jahre. Für solche Schritte bräuchte es aber auch bei uns klare Pläne. Wer muss zuerst sparen: der Pool-Besitzer oder der Landwirt? 70 Prozent des heimischen Wasserbedarfs benötigen übrigens Industrie und Gewerbe, vor allem für Kühlung in der Metallerzeugung und Papierindustrie.
Wiederverwenden
Laut EU Kommission könnte man auch viel Wasser aufbereiten und wiederverwenden. Das passiert EU-weit bisher nur mit 0,5 Prozent des Wassers. Gerade für Bewässerungsanlagen in der Landwirtschaft wäre das sinnvoll. Oder man macht es wie Israel und entsalzt Meerwasser – zumindest die, die Meerzugang haben.
Andere Infrastruktur
Ackerflächen werden entwässert, damit schwere Maschinen darauf rangieren können, gleichzeitig entzieht man es natürlichen Reservoiren wie Seen, um es der Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Auch weniger Versiegelung hilft, Wasser in der Fläche zu halten. Ein großes Problem in Österreich. Das kann auf großer Ebene, mit neuen Widmungsgesetzen geschehen, aber auch auf in kleinem Format, indem man mancherorts versickerungsfreundliche Pflastersteine verwendet.
Politische Pläne
Vor wenigen Tagen hat Italien einen Plan für die Wasserknappheit ausgearbeitet. Ein Beweis, dass selbst rechte Parteien wie jene der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni nicht um die Klimakrise herumkommen. Sie ernannte einen Sonderkommissar, der die nächsten Schritte bestimmt: Investition in veraltete Wasserleitungen, Wassereinsparungsmaßnahmen in der Landwirtschaft. Auch Deutschland veröffentlichte schon 2021 eine Nationale Wasserstrategie.
Eine solche Kommission würde auch Österreich gut stehen. Schon jetzt regelt das Wasserrechtsgesetz zwar, dass Trinkwasser immer eine Vorrangstellung zukommt. Was das aber im Ernstfall bedeutet, ist sehr vage formuliert. Vielleicht schafft das Land diesmal ja einen unösterreichischen Weg: Und fängt schon jetzt an, sich auf unangenehme Szenarien vorzubereiten. "Wir haben es nicht gewusst" lassen wir im Sommer nicht mehr gelten.
Ihre Katharina Kropshofer
Der FALTER hat schon sehr viel zum Thema Wasser geschrieben: Benedikt Narodoslawsky und Gerlinde Pölsler etwa über das große Problem der Bodenversiegelung, Clara Pórak über den austrocknenden Neusiedler See (Spoiler: Er tut das nicht (nur) aufgrund der Klimakrise); und ich über mangelnde Wassersolidarität innerhalb Europas.
Meine Oma ist wie ein Fisch. Sie trinkt fast ausschließlich "Brunnenwasser", wie sie es nennt. Liegt jeden Tag so lange (rauchend) in der Badewanne, dass man vorsichtig klopfen muss, ob es ihr eh gut geht. Und ein Verständnis für Natur, Pflanzen, Wasserkreisläufe hat sie sowieso - viel davon hat sie an mich weitergegeben. Ein Grund, wieso ich in der aktuellen FALTER-Ausgabe und passend zum gestrigen Frauentag über Großmütter geschrieben habe. Und was sie alles leisten.
Apropos (fehlender) Feminismus: Falls Sie keine Zeit haben, Daniela Krenns Artikel zur Femizidberichterstattung zu lesen, können Sie hier auch ein zweiminütiges Video nachsehen.
Falls Sie zu den Glücklichen gehören, bei denen das Wochenende bereits heute Abend startet, habe ich zwei Empfehlungen:
Seien Sie ehrlich: Können Sie wirklich sagen, wie der weibliche Zyklus abläuft? Sie wissen schon, wieso es an manchen Tagen blutet, welchen Zweck das erfüllt, welche Körperteile, -flüssigkeiten etc. involviert sind? Der BBC-Podcast "28ish Days later" widmet jedem dieser Tage eine Folge.
Und die Österreichische Akademie der Wissenschaften fordert jedes Jahr dazu auf, eine Preisfrage zu beantworten. Und zwar Laien. Dieses Jahr: "Fakt oder Fake: Wie gehen wir mit Wissenschaftsskepsis um?" Die spannenden Antworten finden Sie hier.
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