Der Fall Eva Dichand und die Würdelosigkeit der SPÖ - FALTER.maily #1054
ich möchte sie in diesem Maily in aller Kürze über zwei Angelegenheiten in diesem Land informieren, die mich heute beschäftigten ...
8 nach Christus hat Roms Kaiser Augustus den Dichter Ovid aus unerforschten Gründen ans (heute rumänische) Schwarze Meer verbannt. Jahrelang schrieb der Poet dann appellative Wehbriefe in die Heimat, adressiert an Herrscher, geschickt aber zur Veröffentlichung an Freunde.
Schon damals blieb die Kulturtechnik des Offenen Briefs fruchtlos: Ovid durfte nicht heimkehren und starb neun Jahre später im Exil. Das Mehrfachadressieren, die Flugblätter und Pamphlete haben sich trotzdem hartnäckig gehalten.
"Namhafte Künstler und Intellektuelle" kommen dieser Tage ja zu nichts mehr, weil sie ständig für oder gegen etwas unterschrieben müssen. Gottfried Helnwein, Reinhard Mey und Valie Export waren mit Alice Schwarzer gegen Waffen für die Ukraine. Rudi Fußi, Robert Menasse und Antonella Mei-Pochtler halten dagegen, wollen mehr Verteidigungspolitik.
Zur Pandemie wünschten sich Stefanie Sargnagel, Natascha Strobl und Margarete Stokowski die "Zero Covid"-Politik, Gery Seidl, Christian Kolonovits und Heini Staudinger nur keine Impfpflicht. Verena Altenberger, Cornelius Obonya und Nicola Werdenigg waren für menschengerechte Flüchtlingslager auf ostägäischen Inseln, Elfriede Jelinek, Ruth Beckermann und David Schalko gegen das Canceln des Films Corsage.
Ich verstehe das Ohnmachtsempfinden gegenüber der Schlechtheit der Welt und habe grundlegende Kenntnisse von Öffentlichkeitsarbeit. Aber mit welcher Nonchalance zuletzt oft fachfremde Menschen "die Bundesregierung auffordern", dieses oder jenes zu tun, grenzt an Selbstüberhöhung.
Mit der selben Handbewegung, mit der man dem Postler das Paket abnimmt, erbringt man heute von Couch und Tablet aus seinen Teil zum Weltgelingen. Der Offene Brief ist der kleine und weit unkompliziertere Bruder des Volksbegehrens, bei allen demokratischen Mitsprachemöglichkeiten ist das bloße Veröffentlichen seiner Hälfte eines Dialogs mehr performativ als funktional.
Glaubt denn wirklich jemand, dass ein Minister oder Kanzler sich je im Stillen gesagt hat: Wenn Nina Proll das nach mehrstündiger Beschäftigung so empfindet, müssen wir die global eingeprägte Wirtschaftsordnung/Sicherheitsarchitektur/Gesundheitspolitik nun wirklich neu geregelt kriegen? Vielleicht unterschreibt man ja auch die Vergewisserung der eigenen Haltung und die Beruhigung seines Gewissens.
Sohin bitten die Initiatoren dieses Offenen Briefs, der Inflation der Offenen Briefe entgegenzuwirken. Gezeichnet: mehrere Nachbarn, Joshua aus dem Fußballverein, die U-Bahn-Stars vom Westbahnhof, mein zweijähriger Neffe, Christian Kern (der gleichnamige Tischlermeister aus Großweikersdorf) und
Ihr Lukas Matzinger
Lana Del Rey ist wahrscheinlich die beste, jedenfalls die außergewöhnlichste moderne Weltballadensängerin. Als Teenagerin war sie Fotomodell für Abercrombie & Fitch, mit 18 Sozialarbeiterin in einem New Yorker Obdachlosenheim und mit 23 Bachelorin der Philosophie. Heute steht Lana Del Rey synonym für melodramatischen Retropop, die beiden bisherigen Singles ihres am 24. März erscheinenden Albums versprechen Schönes.
Derzeit wird vielerorts über die Vier-Tage-Woche debattiert. Die Politologin Barbara Prainsack hat ein Buch dazu geschrieben, Margaretha Kopeinig fasst es hier für Sie zusammen.
In der aktuellen Folge des FALTER-Podcasts hören Sie die Historikerin Aleida Assmann über die Gefahren der Polarisierung und die Möglichkeiten zur Versöhnung sprechen.
Knotenpunkt Wien
Ausgerechnet 2022, im Jubiläumsjahr seines 150-jährigen Bestandes, hat der Wiener Nordwestbahnhof seine endgültige Stilllegung erfahren und wird in naher Zukunft einem neuen Stadtentwicklungsgebiet mit rund 15.000 neuen Bewohner:innen und etwa 5.000 Arbeitsplätzen weichen müssen.
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