Mir niederösterreicht’s! - FALTER.maily #1044

Armin Thurnher
Versendet am 19.03.2023

Gräben zuschütten. Welch ein frivoles Wort, wenn wir uns vor Augen halten, welche Gräben da angesprochen werden. Nämlich jene Gräben, in denen Menschen in Blut und Dreck verrecken. Sie lagen und liegen in den Stellungskriegen, wie sie die technisierte Welt über uns gebracht hat, die zu unvergessener Grausamkeit und Sinnlosigkeit in den Schlachten des Ersten Weltkriegs kulminierte. Neuerdings sind etwas weiter östlich von uns, in der Ukraine, solche Gräben als Schauplatz von Tod und Leid zu besichtigen.

Welche Gedankenlosigkeit, wenn die niederösterreichische Landeshauptfrau nun davon redet, Gräben zuzuschütten. Sie meint natürlich nur die Gräben ihrer persönlichen Befindlichkeit. Befindlichkeit dürfe in der Politik keine Rolle spielen, sagt sie uns. Als wäre nicht sie selbst es gewesen, die aufgrund persönlicher Befindlichkeit die Verhandlungen mit der SPÖ abbrach. Bei der Formulierung ihres Verhandlungspartners Sven Hergovich in der Wochenzeitung “Die Zeit” lief ihr die Galle über, und sie fand es war genug.

Nun möchte sie uns vormachen, es gehe um eine „Politik der Gefühle“ und die Frau Landeshauptfrau sei zu bewundern, weil sie eisern ihre Gefühle meistere und sich in eine Koalition mit einem begebe, von dem sie einst versprach, mit dem werde sie gefühlsmäßig niemals koalieren. Und dieser Udo Landbauer, bekannt durch Liederbuch und hitlergrüßende Abgeordnete in seinem Team, hatte – durch und durch ganz Ehrenmann – versprochen, die Frau Mikl-Leitner niemals zu wählen.

Aufrecht und treu wie er und die Seinen nun einmal sind, wird er sie auch nicht wählen. Er hat bloß mit teutscher List und Tücke ein Verfahren gefunden, sie an die Macht zu bringen, ohne ihren Namen anzukreuzen. Cross my heart and hope to die.

Sie wiederum signalisiert der empörten Kunstszene, sie werde, obgleich mit gestutzten Gefühlsflügeln, doch die schützende liberale Mutter bleiben, unter deren Röcke sich die von den Neoteutonen verängstigten Künste flüchten dürfen.

Zugleich schließt sie einen politischen Pakt, in dem sie sich zu einem minderheitenfeindlichen, frauenfeindlichen und wissenschaftsfeindlichen Weltbild bekennt. Sie legt sich mit der stolz mit ihrer Dumpfheit prahlenden Unvernunft ins Bett und möchte uns glauben machen, mit dem Vollzug dieser Ehe sichere sie für uns den Fortbestand der Vernunft. Aber sie sichert nur für sich und ihre Partei die Macht. Mich ergreift das Gefühl abgrundtiefer Schande.

Sie ahnen, ich könnte das auch drastischer formulieren, schone aber Ihre und meine Gefühle. Eine unverschämtere, auf sämtlichen guten Empfindungen herumtrampelnde Politik hat das Land noch selten gesehen.

Ich wünsche Ihnen trotzdem eine schöne Woche,

Ihr Armin Thurnher


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