Jan Vermeer Superstar - FALTER.maily #1107
Eine Ausstellung der Superlative ist am vergangenen Sonntag zu Ende gegangen: Die größte Werkschau aller Zeiten mit Bildern des ...
14 Jahre ist es nun schon her, dass mir ein Informant einen großen Billa-Sack mit Dokumenten aus der Weisungsabteilung des Justizministeriums in die Hand drückte. Der FALTER veröffentlichte eine Serie mit dem Titel "Weisung aus dem Sack" und löste eine wochenlange Polit-Debatte aus.
Das Justizministerium hatte in vielen sogenannten "clamorosen" Causen, also politisch brisanten Fällen, die Verfahren mit abenteuerlichen Begründungen eingestellt.
Da war der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler, dem man ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs ersparte, weil er zu dumm gewesen sei, das Unrecht seiner Tat zu ermessen. Eine Gruppe von Polizisten wurde vor Verfolgung geschont, obwohl sie Lastwagenfahrern Schutzgeld abpresste. Und ein Justizwachebeamter, der als Einbrecher herumschlich, wurde nicht verfolgt, weil man ihm attestierte, am Abend der Tat unzurechnungsfähig gewesen zu sein. Er habe auf seinem Konto rote Zahlen gesehen und dann "rot gesehen" und nicht mehr gewusst, was er tat.
Die Justiz-Funktionäre putzten mich damals zusammen, einer sogar mit Götz-Zitat. Aber immerhin: Die damalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) suchte nicht nur (vergeblich) meinen Informanten, sondern schritt zur Reform.
Der Nationalrat erließ diesen Paragrafen und das Ministerium diesen Erlass. Einstellungsbegründungen waren fortan zu veröffentlichen. Aufgrund der Dokumente erfahren wir nun, wieso die Justiz Verfahren einstellt. Das dient der Kontrolle – und den Interessen der Beschuldigten. Hier können sie zum Beispiel die neuesten Einstellungsbegründungen nachlesen.
Nun aber erlebt die Intransparenz ein Revival – und zwar in einem der wichtigsten Justizverfahren der letzten Jahre: im Fall des angeklagten und (nicht rechtskräftig) freigesprochenen Chefanklägers Johann Fuchs.
Fuchs, 57, ist Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, das ist einer der wichtigsten Posten in diesem Land. Ihm wurde falsche Zeugenaussage vor dem U-Ausschuss vorgeworfen, er berief sich auf einen Aussagenotstand und kam frei. Er gab also zu, vor dem U-Ausschuss die Unwahrheit gesagt zu haben, weil er strafrechtliche Verfolgung fürchtete.
Er soll zudem die WKStA bei den Eurofighter- und Ibiza-Ermittlungen "kujoniert" (so eine Sektionschefin) und ihre Akten heimlich abfotografiert und an Unzuständige geschickt haben. Vergangene Woche wurde Fuchs von der Anklage freigesprochen, in einigen Punkten wurde das Verfahren eingestellt.
Ich wollte für diese Recherche nun wissen, warum einige der Vorwürfe ohne Verfahren ad acta gelegt wurden und suchte in der Ediktsdatei (hier werden gerichtliche Bekanntmachungen veröffentlicht) nach der Einstellungsbegründung im Fall Fuchs. Doch ich fand nichts. Das war seltsam.
Ich schrieb dem Mediensprecher bei der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck, einem Mann namens Thomas Willam und bat um Auskunft. Doch Mediensprecher Willam drehte mir eine juristische Wortnase nach der anderen und meinte am Ende, man prüfe noch, ob man die Begründung veröffentlichen werde. Der höchstpersönliche Lebensbereich könnte ja betroffen sein.
Wie lange die Prüfung dauert? Bis das Verfahren abgeschlossen sei. Wer prüfe? Das gehe mich nichts an.
Mehrmals schrieben wir hin und her. Zwei von mir kontaktierte Mediensprecher anderer Staatsanwaltschaften meinten: Das Verhalten der OStA Innsbruck sei glatt rechtswidrig. Die Justiz müsse die Einstellungsbegründungen veröffentlichen, ihr Ermessen sei gebunden. So steht es im Gesetz. Die Bürger dürfen in politischen Fällen wissen, wieso ein anderer Bürger – hier ein Spitzenjurist – nicht verfolgt wird.
Doch die Innsbrucker Oberstaatsanwaltschaft setzt sich einfach darüber hinweg und das grün geführte Justizministerium schaut dabei zu. Alma Zadić und die Sektionschefin Barbara Göth-Flemmich müssen diese Geheimniskrämerei beenden. Genau dafür gibt es das Weisungsrecht. Oder gibt es hier irgendwas zu verbergen? Vielleicht stellt uns ja bald wieder ein Informant einen Sack mit Akten vor die Türe. Wir richten auch gerne eine Aktenklappe ein.
Ihr Florian Klenk
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