Schlacht am Leopoldsberg - FALTER.maily #1099
Die Ungarn kommen. Wie Kollegin Lina Paulitsch im FALTER.morgen berichtete, kauft das Mathias Corvinus Collegium (MCC) die Modul University Vienna. ...
Der Hit hielt sich nur wenige Tage in den einschlägigen Internetkanälen. „Heart on My Sleeve“ tauchte auf TikTok auf und wirkt wie ein Werk des kanadischen Rappers Drake und seines Kollegen The Weeknd. Urheber ist ein User namens ghostwriter 977, berichtet ORF.at. Musik, Text und Stimmen, alles perfekt. Das Überraschende daran: Der Track wurde von Künstlicher Intelligenz (KI) generiert.
Musiker:innen reagierten bisher skeptisch bis ablehnend auf die Segnungen von Chat GPT oder Midjourney. Sogar der von mir geschätzte australische Songwriter Nick Cave sieht rot: Chat GPT könne keinen echten Song schreiben, da ihm die menschliche Erfahrung fehle: „Writing a good song is not mimicry, or replication, or pastiche, it is the opposite.“
Caves Polemik wirkt auf mich insofern erstaunlich, als er sich doch Jahrzehnte lang vor den musikalischen Formeln von Gospel und Blues verneigte. Der sonst so aufgeschlossene Künstler bleibt in der Ablehnung von KI einem kulturgeschichtlich wirkmächtigen Modell verhaftet: Der romantischen Idee eines Individuums, das aus einer Eingebung heraus ein geniales Meisterwerk in die Welt setzt. Und das nun vom neuronalen Zauberlehrling infrage gestellt wird.
Eine spannende Entwicklung. Denn lang genug glaubte der Westen Originalität und Authentizität mit den Löffeln gefressen zu haben. Vom ästhetischen Hochstand aus blickten viele Europäer auf jene herab, die sich nicht über Bruch, sondern Überlieferung definierten und Übung über Inspiration stellten. Im Hass auf den Bot kehrt das Klischee vom fleißigen Asiaten wieder, der nur kopiert, nicht erfindet. Vielleicht sollte man sich KI ja wie einen japanischen Mönch vorstellen, der jahrzehntelang trainiert, um das Wasser richtig aus einer Teekanne zu gießen – und so anmutige Langsamkeit im Einklang mit dem Kosmos zelebriert.
Was für eine Befreiung, als Neue Musik und HipHop den klassisch-romantischen compositeur entzauberten und Zitat, Pastiche und Replikation hochleben ließen. Als die Band Kraftwerk den schwitzenden Rock-Performer durch freundliche Roboter ersetzte. Das Musikgenre Cloud Rap dekonstruiert den Mythos der beseelten Stimme – wie er in Songwriter-Zirkeln ja auch weiterhin zelebriert wird –, indem es Sprache mit digitaler Auto-Tune-Software verfremdet. Synthetik triumphiert über Natürlichkeit.
Die Artificial Intelligence dreht diese Spirale weiter. Die Anzeichen mehren sich, dass bald schon alle Texte, Bilder, Filme oder Töne geklont werden können, auch die künstlerisch wertvollen. So wurde erst unlängst ein Foto des deutschen Fotografen Boris Eldagsen mit dem renommierten Sony World Photography Award ausgezeichnet. Eldagsen lehnte ab, denn er hatte das surrealistische Porträt zweier Frauen mit Künstlicher Intelligenz erzeugt. So ist es durchaus vorstellbar, dass auch Cave-Originale in naher Zukunft von anonymous kommen: Gib einfach „Song von älterem Blues-Fan mit Punkvergangenheit und Hang zu sphärischen Klängen“ ein!
Die Musikindustrie begegnet der Konkurrenz mit Anwälten, die den nicht mehr haltbaren Unterschied zwischen echt und falsch klären sollen. Wohl aufgrund mutmaßlicher Urheberrechtsverletzungen verschwand "Drake" rasch wieder von den Plattformen. Futuristisch euphorisierte Musikfans dürfen sich derweil auf die ersten richtigen Bot-Superstars freuen. Lasst die KI und ihr Team arbeiten!
Ihr Matthias Dusini
Baustopp-Initiativen kritisieren die Denkmalschützer:innen, weil sie nichts gegen den Abriss alter Häuser unternehmen. Immobilienentwickler hingegen hassen die Auflagen des Bundesdenkmalamts (BDA). Und dann rufen auch noch die Umweltaktivisten: Warum dürfen wie keine Solaranlage auf dem Stephansdom montieren? Kollegin Daniela Krenn fasst im FALTER-Stadtleben die Probleme der Behörde gut zusammen. Eine Handvoll Mitarbeiter:innen, ein minimales Budget – als ministerielle Dienststelle politischer Willkür ausgesetzt: Das ist der Umgang der Kulturnation mit seinem historischen Erbe.
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Freiheit auf dem Rad
Nach dem ersten Band Grenzenlos Radeln 1, welcher die österreichisch-tschechische Grenze erkundet hat, führt Grenzenlos Radeln 2 nun durch die reizvollen österreichisch-slowakischen Landschaften. Ein wahres Paradies für Genussradler, Naturliebhaber und historisch Interessierte, das heute beste Voraussetzungen für einen sanften Tourismus in der Grenzregion bietet.
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