Resetarits-Gedenktag - FALTER.maily #1072

Armin Thurnher
Versendet am 23.04.2023

Morgen ist der erste Todestag von Willi Resetarits, und allein die Tatsache, dass dieser Mensch nicht mehr unter uns ist, würde einen ganz schön betroffen machen, hinge einem dieses Wort nicht derart zum Hals heraus. Sagen wir einfach, der Gedanke macht einen leer oder traurig.

Denn gute Menschen, die imstande sind, ihr Gutsein ohne einen Anflug von Penetranz öffentlich auszustellen, sind sehr selten. Machen wir uns nichts vor: Es ist nichts einfacher, als aus dem vermeintlichen Gutsein ins Aggressive zu kippen, sich als Moralisierer oder Moralpolizistin zu betätigen und so das Böse zu befördern, indem man ja nur das Gute will.

Das Gute öffentlich zu befördern, indem man es auch will, ist eine der höchsten Künste. Willi Resetarits war ein begnadeter Sänger, Musiker und Impersonator (des Ostbahn Kurti zum Beispiel). Aber seine beste Rolle war doch die des Menschen, der zur Stelle war, wenn es galt, Gutes zu tun oder gegen Böses aufzutreten. Er tat das als Gründer des Integrationshauses und als Sprecher und Sänger bei hunderten öffentlichen Gelegenheiten; unvergesslich, trocken und in etwas verpackt, das man nur den Schmäh nennen kann. In seinem Fall nicht nur ein Wiener, sondern ein wienerisch-kroatischer Schmäh, unwiderstehlich in jedem Fall.

Ich durfte gestern mit Lukas Resetarits zum zweiten Mal bei einer Matinee im Stadtsaal auftreten, und wir sprachen auch über den Willi. Irgendein Segen muss sich über die Familie Resetarits ergossen haben, in der lesenswerten Autobiografie von Lukas kann man ein paar Segensquellen ausmachen, den kroatischen Großvater, den arbeitsamen Aufsteigervater, die gütig-unermüdliche Mutter, den Kaplan Adolf Holl, die Strizzis von Favoriten und Floridsdorf. Jedenfalls fließt aus beiden, aus Lukas wie aus Willi, ein Strom von Kraft und Kreativität, der einen mitreißt, wenn man damit in Berührung kommt.

Ich kann das bezeugen, denn unsere Programme halten sich nicht an den vereinbarten Faden (oder kaum), weil die Bühnensituation den Lukas sofort zu Wuchteln inspiriert, mit denen er selbst nicht gerechnet hat. Es sind aber nicht bloße Späße, es sind Geschichten mit einer höheren oder tieferen Bedeutung, die das Gegenüber (in diesem Fall mich) inspirieren und ebenfalls besser machen (hoffe ich zumindest). Wie auch immer, Hauptsache, er lobte mein Buch über den grünen Klee. Danke, Lukas!

In einem hielten wir uns doch ans Programm: Wir sprachen aus gegebenem traurigen Anlass über den Willi und trugen mit verteilten Rollen jene Elegie vor, die ich am Tag nach seinem Tod in der Seuchenkolumne veröffentlicht hatte. Wir empfanden es als würdig, gemeinsam mit dem atemlos lauschenden Publikum zwei Songs von Willi zu spielen, zuerst „Abarakadabara, wo san meine Haberer“ (das ich einst mit FALTER-Geschäftsführer Sigi Schlager beim 35-Jahre-FALTER-Fest mit Willi und Ernst Molden auf offener Bühne mitsingen durfte) und am Schluß „Alanich für di“ nach einem Artmann-Text.

Dem Publikum scheint’s gefallen zu haben. Uns beiden, um ehrlich zu sein, auch. Halten Sie Augen und Ohren offen, das Ganze wird demnächst auch als Podcast im FALTER-Radio gesendet.

Ihr Armin Thurnher


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