Jan Vermeer Superstar - FALTER.maily #1107
Eine Ausstellung der Superlative ist am vergangenen Sonntag zu Ende gegangen: Die größte Werkschau aller Zeiten mit Bildern des ...
Der österreichische Nationalrat hat eine verstörende Studie veröffentlicht. Immer mehr Jugendliche, vor allem jene mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund, glauben antisemitischen Verschwörungserzählungen. Die Pandemie, aber auch die Ukraine-Krise haben die "Coronials" nicht nur verunsichert, sondern sie auch auf die Suche nach Schuldigen gemacht: und das sind offenbar die Juden. Wieder einmal.
Die IFES-Studie ist ernst zu nehmen, es geht um die Zukunft eines multiethnischen, antifaschistischen Österreichs, in dem Juden sicher leben sollen. 2000 Personen wurden vom IFES befragt, die Personen unter 25 wurden stärker gewichtet. Und es gab eine sogenannte "Aufstockungsgruppe" Personen mit "familiärer Migrationsgeschichte Türkei" oder aus "arabischen Ländern".
Die Ergebnisse sind, man kann es nicht anders sagen, extrem irritierend.
36 Prozent finden die Aussage "Die Juden beherrschen die internationale Geschäftswelt" (sehr/eher) zutreffend.
30 Prozent die Aussage "In wachsendem Ausmaß zeigen sich heute wieder Macht und Einfluss der Juden in der internationalen Presse und Politik."
36 Prozent stimmen dem Satz zu: "Juden versuchen heute Vorteile daraus zu ziehen, dass sie während der Nazi-Zeit Opfer gewesen sind."
Fast jeder Fünfte meint: "Es ist nicht nur Zufall, dass die Juden in ihrer Geschichte so oft verfolgt wurden; zumindest zum Teil sind sie selbst schuld daran."
Was auch auffällt, ist das Versagen des Schulwesens: Ein Drittel der Befragten hat in der Schule nicht über den Holocaust gesprochen. Die Hälfte hat keine Gedenkstätte besucht oder mit Zeitzeugen gesprochen. Drei Viertel haben nie über den Nahostkonflikt gesprochen. Die Aufstockungsgruppe aus türkischen und arabischen Herkunftsländern hat zudem eine viel stärkere antisemitische Belastung. Vierzig Prozent unterliegen Verschwörungsmythen – bei Österreichern sind es "nur" 30 Prozent.
Was muss geschehen? Ich habe einen der klügsten Experten befragt: Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW). Seit mehr als einem Vierteljahrhundert forscht er über Antisemitismus – nicht nur der Rechtsextremisten, sondern auch der Islamisten oder Linken. Peham forscht nicht nur, er besucht Schulen und versucht dort die Kinder zu sensibilisieren. Er liefert die gute Nachricht: die Kinder und Jugendlichen seien – anders als alte Nazis – nicht verloren. Wenn man erkenne, dass wir "globalisierte Klassenzimmer" haben, sei schon einiges gewonnen.
Was das bedeutet? Die Kinder erleben das Problem nicht mehr aus der Perspektive der Generation der Nazi-Nachkommen (sozialisiert durch Waldheim und Haider), sondern aufgrund eigener Erfahrungen. Entweder weil sie – als Muslime – selbst diskriminiert wurden oder aus Ländern kommen, in denen der Nahostkonflikt über antisemitische Staatsmedien propagandistisch vermittelt wird. Diese Staatsmedien fluten via Social Media die Hirne der Jugendlichen.
Peham sagt, man könne die Jugendlichen aber noch erreichen. Je früher, desto besser. Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft sei mittlerweile engagierter als noch vor einigen Jahren. Während früher noch offen gegen Juden gepredigt wurde, würde sich nun eine neue Generation junger Muslime den Problemen selbstkritisch stellen.
Ein ausführliches Gespräch mit Andreas Peham können Sie morgen im FALTER Radio hören und am Donnerstag im FALTER.morgen-Newsletter lesen.
Ihr Florian Klenk
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