Verfehlen wir die Klimaziele endgültig? - FALTER.maily #1077

Leonie Grassauer
Versendet am 28.04.2023

Scheitert Österreich an den Klimazielen? Die Umweltorganisation Greenpeace schlägt jedenfalls Alarm: "Österreich verfehlt EU-Klimaziele deutlich." Anlass ist ein aktueller Bericht des Umweltbundesamts, der routinemäßig alle zwei Jahre nach Brüssel geschickt werden muss. Demnach könne Österreich das EU-2030 Ziel - also die Emissionen gegenüber 2005 um rund die Hälfte zu reduzieren - erst 2050 erreichen. Was steht drin?

Bis 2050 sollen alle EU-Mitgliedsstaaten CO2-neutral sein, die Bundesregierung will das Netto-Null-Ziel bereits 2040 erreichen. Interpretiert man die Zahlen aus dem Bericht des Umweltbundesamts, sind wir von diesen Zielen aber weit entfernt. Dabei hat sich Österreich verpflichtet, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 von rund 42 Millionen Tonnen auf 29 Millionen Tonnen CO2 zu reduzieren. 

Macht die Bundesregierung so weiter wie bisher, wird das Land bis 2030 12 Millionen Tonnen CO2 zu viel ausstoßen, 2040 sogar 34 Millionen. Netto-Null bis 2050? Mit den aktuellen Maßnahmen undenkbar. 

Fakt ist allerdings, dass der Bericht des Umweltbundesamtes nur eine Momentaufnahme ist. Und die stammt aus dem Jahr 2021. Die Behörde hat berechnet, wie viele Emissionen Österreich mit den damals "bestehenden Maßnahmen" einsparen würde.

Alle Klimaschutzgesetze und Maßnahmen, die danach beschlossen wurden oder noch ausständig sind, fließen nicht in die Berechnung mit ein. Dazu zählen zum Beispiel die CO2-Bepreisung im Rahmen des Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG) oder das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das den Umstieg von alten fossilen Heizungen auf moderne, klimafreundliche Alternativen regeln soll.

Für die Grünen ist daher alles halb so wild. "Nach Jahrzehnten des Stillstands in der österreichischen Klimapolitik haben wir vor drei Jahren eine Aufholjagd gestartet. Trotz aller Widerstände haben wir in dieser Zeit im Klimaschutz so viel weitergebracht, wie noch nie zuvor", so der Grüne Klimasprecher Lukas Hammer in einer Aussendung.

Das ist gut und schön, aber seit Regierungsantritt haben die Regierungsparteien ÖVP und Grüne es immer noch nicht geschafft, ein Klimaschutzgesetz vorzulegen. Das würde einen klaren Pfad vorgeben, wann, in welchem Bereich und wie die Emissionen eingespart werden sollen - laut Umweltorganisationen das wichtigste Werkzeug, um auch wirklich Druck zu machen. Laut den Grünen blockiert die ÖVP. 

Bis Ende Juni 2023 hat die Regierung noch Zeit, ihren Nationalen Klima- und Energieplan zu überarbeiten. Dann ist ein neuer Bericht für die EU fällig, der zeigt, ob sich das Erreichen der Klimaziele doch noch ausgehen kann. Ohne ein verpflichtendes Klimaschutzgesetz bleibt es aber nur bei einem geplanten Vorhaben. Ein Land ohne Klimaschutzgesetz ignoriert seine Verantwortung gegenüber der jungen Generation.

Wir, die unter 30-Jährigen in Österreich, sind es nämlich, die in den kommenden Jahrzehnten die Auswirkungen des Klimawandels in voller Wucht zu spüren bekommen und sich mit den Folgen auseinandersetzen müssen. Das betrifft nicht nur den Verlust von Lebensräumen und Artenvielfalt, sondern auch die Gefahren für die Gesundheit, die zunehmenden Wetterextreme und die Auswirkungen auf die Wirtschaft. 

Vielleicht ist es utopisch, aber stattdessen stelle ich mir lieber eine Zukunft mit erreichten Klimazielen vor, in der wir auf eine nachhaltige und klimafreundliche Wirtschaftsweise umgestellt haben: Mit einem gedeckten Energiebedarf aus fast ausschließlich erneuerbaren Quellen, die sauber und unerschöpflich sind und einem Konsumverhalten geprägt von Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft. Träumen darf man ja ...

Ihre Leonie Grassauer


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