Blockade in Rust - FALTER.maily #1092

Katharina Kropshofer
Versendet am 17.05.2023

Still und heimlich, ohne große Ankündigungen, so hätte es eigentlich vor sich gehen sollen. Doch am Ende war hier im burgenländischen Rust doch einiges los: Aktivist:innen von Fridays for Future, dem Global Youth Biodiversity Network Austria und der Umweltschutzorganisation Global2000 spannten ihre Banner, ließen in großen, mahnenden Lettern eines wissen: "We are watching you".

Die Adressaten? Österreichs Umweltlandesräte, die sich hier im Seehotel trafen, um über nichts Geringeres als das wichtigste Naturschutzgesetz des Jahrzehnts abzustimmen – und zu beschließen, welche Position Österreich hier beziehen möchte. 

Noch vor einem Jahr feierten Umweltschützer den Gesetzesvorstoß als großen Erfolg: Mit dem Nature Restoration Law der EU sollten geschädigte Ökosysteme bis spätestens 2050 wiederhergestellt, 30 Prozent der Fläche durch Schutzgebiete ordentlich geschützt werden. Ein Herzstück des Green New Deals.

Denn kaum ein Tag vergeht, an dem nicht vor dem schlechten Zustand der Flüsse und Moore, dem Aussterben der heimischen Amphibien oder dem Rückgang der Schmetterlingsvielfalt gewarnt wird. Zwei Drittel aller geschützten Arten in der EU sind in einem schlechten Zustand (hier geht es zu einer längeren Analyse von Benedikt Narodoslawsky in der aktuellen FALTER-Ausgabe). Und Expert:innen bezeichnen die Biodiversitätskrise – also das Aussterben von Arten, die Zerstörung von Ökosystemen – schon lange als Zwillingskrise der Klimakrise. "Natürlich können wir Emissionen reduzieren. Aber wenn unsere Ökosysteme kaputt sind, bringt uns das auch nichts", sagt auch Fridays for Future-Sprecherin Veronika Winter.

Naturschutz ist in Österreich Ländersache. Schon mit Ende Februar hätten diese ihre Pläne für die Erreichung der europäischen Naturschutz-Ziele vorlegen sollen, wo sie etwa Naturschutzgebiete ausbauen wollen, wie sie Ökosysteme reparieren und verbessern könnten. 

Doch die Diskussionen in Rust am See gingen in die gegenteilige Richtung: "Bundesländer blockieren EU-Prozess zur Verbesserung des Naturschutzes", schreibt der WWF. Die Länder hätten Bedenken, was die weitere Entwicklung und die Versorgungssicherheit betrifft, so Burgenlands Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ) in einer Aussendung.

Man bekenne sich zwar zur ökologischen Wiederherstellung von Naturräumen, das Ziel sei für die Länder aber trotzdem unrealistisch: Zu umfangreich, zu schnell der Umsetzungsrahmen von zwei Jahren. Mitunter sehen sie es sogar als Rückschritt "den Zustand wie vor 70 Jahren wiederherzustellen". 

Vor allem aber wollen die Länder sich zu nichts verpflichten. "Aber wir haben schon die vergangenen Jahre gesehen, was ohne Verpflichtungen passiert", meint Dominik Linhard von Global2000. Österreich steckt schließlich bereits zum zweiten Mal inmitten eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU, weil es seine "Natura2000"-Gebiete (eine Kategorie von Schutzgebieten innerhalb der Union) zu schlecht geschützt hat.

Alle Organisationen, die ihren Protest vor den Türen der Konferenz ausdrückten, zeigen sich also sehr besorgt. Der Umweltdachverband appellierte an die Bundesländer, ihre Blockadehaltung aufzuheben.

Setzen sich die Bundesländer durch, muss die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler diese Position auch im Rat der EU vertreten, obwohl sie es die geplante EU-Verordnung selbst für "absolut notwendig" hält. Und wenn die Blockade doch passiert? "Dann wäre das eine kleine Katastrophe", sagt Linhard von Global2000.

Ihre Katharina Kropshofer


Im Schmollwinkerl

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Hammer und Sichel 2.0?

Die Kommunistische Partei konnte zuletzt einige Wahlerfolge erzielen. Über die Gründe dafür wurde etwa in diesem FALTER-Podcast mit Raimund Löw, Tobias Schweiger, Bundessprecher der KPÖ, und weiteren Gästen bereits ausführlich diskutiert.

Als nächstes Ziel haben sich die Kommunisten den Einzug ins Parlament gesteckt. Wer sind die Leute, die heute für Karl Marx' Ideen brennen? Nina Horaczek hat eine Rundreise durch das kommunistische Österreich unternommen.


Wirtschaftliche Umbrüche

Sie gilt als Erfinderin der Gaspreisbremse, spricht sich für unorthodoxe wirtschaftspolitische Maßnahmen aus und ist damit dem wirtschaftswissenschaftlichen Establishment ein Dorn im Auge: die deutsche Ökonomin Isabella Weber. Eva Konzett hat den Shooting Star porträtiert und plädiert: "Hört auf diese Frau!"


MAKSA

Im FALTER galt anno dazumal ein Jörg Haider-Bilderverbot, um dem Demagogen nicht den Propaganda-Apparat zu machen. Kickl ist der neue Haider, was also tun? "MAKSA", fordert FALTER-Mitbegründer und Herausgeber Armin Thurnher, "Make Kickl Small Again!" Und wie, wollen Sie wissen? "Wir brauchen den kühlen, wohldimensionierten Umgang mit den Giftschleudern." Wie der aussehen könnte, skizziert Thurnher hier.


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