Bären im Gemeindebau, Jazz unter der Brücke - FALTER.maily #1199
Dass alles, was Konventionen und Grenzen ignoriert, sprengt und überschreitet, als „progressiv" zu gelten hat, ist ein liebgewonnenes ...
Vor wenigen Wochen schrieben Florian Klenk und ich über K.O.-Tropfen im FALTER 20/23. Mehrere Betroffene erzählten darin ihre Geschichte, wie ihnen unbemerkt etwas ins Glas gemischt wurde – also vermutlich, denn Beweise haben sie dafür keine. Seit dieser Geschichte melden sich immer wieder Menschen bei mir, die ebenfalls davon ausgehen, solche verabreicht bekommen haben.
Drei für mich wichtige Punkte nehme ich aus allen Erzählungen mit, weil ich finde, dass sie sich alle gegenseitig bedingen und dringend mehr darüber gesprochen werden sollte:
Es gibt zu wenig Wissen und Aufklärung, dass K.O.-Tropfen unterschiedlich wirken können.
Frauen sind zwar übermäßig betroffen, aber auch bei Männern landen sie unbemerkt im Glas, sie rechnen kaum damit.
Die Beweise werden zu wenig gesichert. Das macht es schwierig, das Ausmaß des Problems mit K.O.-Tropfen überhaupt zu durchschauen und den Tätern leicht, damit davon zu kommen.
Wie bemerke ich überhaupt K.O.-Tropfen? In allen Gesprächen tauchte immer wieder mehr oder weniger dieselbe Erzählung auf. Alle Betroffenen waren sich unsicher, was da mit ihnen passierte. Sie erzählen von "kurzen Blackouts" bis hin zu "mehreren vergessenen Stunden des Abends" oder erzählen auch, dass sie sich übergeben mussten. Die Wirkung kann tatsächlich oft sehr unterschiedlich sein und meist sieht sie jedoch ähnlich wie ein Alkoholrausch aus. Ist es aber eben nicht immer. Das ist vor allem für jene wichtig zu wissen, die eine betroffene Person sehen und schneller handeln könnten, sie im Krankenhaus testen zu lassen, beispielsweise Freunde oder Barpersonal, aber auch Rettungskräfte.
Betroffene Männer. Einer derjenigen, die sich nach der Geschichte meldeten, war Max. Er ging mit Freunden in Oberösterreich aus, in einer "Barmeile, wie am Schwedenplatz, nur kleiner", so erzählt er. Dass er mal K.O.-Tropfen untergemischt bekommen würde, "daran hätte ich nie gedacht, warum auch?", sagt er. Ja, warum auch. K.O.-Tropfen tragen nicht ganz umsonst den Beinamen Vergewaltigungstropfen, Frauen sollen damit gefügig gemacht werden. Das bestätigen auch die vielen Erzählungen und Vorfälle, die bereits dokumentiert sind. Seit dem Vorfall geht Max "anders" fort, wie er sagt. "Vorsichtiger, ich bestell nur mehr direkt beim Kellner und schau zu, wie er das Getränk macht."
Die Beweise werden zu wenig gesichert. Es gibt viele Substanzen, die missbräuchlich als K.O.-Tropfen verwendet werden können. Meist ist es GHB, Gammahydroxybuttersäure. Die baut sich im Körper nach nur wenigen Stunden wieder ab, ist dann nicht mehr nachweisbar. Heißt auch: Wer erst am nächsten Tag ins Spital fährt, dem bringt ein Test darauf höchstwahrscheinlich keine Beweise. Aber leider ist auch das der Fall: Wer sofort ins Krankenhaus fährt, der wird nur in sehr wenigen Fällen überhaupt auf GHB getestet. Eher auf andere Überdosierungen mit etwa Kokain. Wichtig für alle, die jemanden sehen, der möglicherweise K.O.-Tropfen bekommen haben könnte: sofort ins Spital und testen lassen – und die Vermutung ansprechen.
Wenn auf diese drei Punkte mehr geachtet würde, könnte es dazu führen, dass es mehr Testungen im Spital und dementsprechend eine bessere Dokumentation des Problems gibt. Denn Stand heute ist eben auch: Viele vermuten K.O.-Tropfen, aber wie groß das Problem wirklich ist, weiß man nicht. Weil die genauen Zahlen fehlen, weil die Beweise fehlen. Das sollte behoben werden. Denn: Dass da was ist, wo man hinschauen sollte, zeigen die vielen Berichte junger Leute eben schon.
Und erst am Freitag berichtete die Heute, dass sieben Frauen einen Musikproduzenten angezeigt haben. Zumindest eine sagt, dass der Mann sie vergewaltigt habe und bei einer weiteren Frau konnten im Spital K.O.-Tropfen nachgewiesen werden. Der Fall soll im Juli vor Gericht.
Einen schönen Abend wünsche ich Ihnen,
Ihre Daniela Krenn
Meine Kollegin Nina Brnada war ein paar Tage in Serbien und hat gleich zwei Demonstrationen begleitet: eine für den Präsidenten Vučić, eine gegen ihn. In Serbien schürt dieser nämlich den Nationalismus, während im Kosovo die Lage eskaliert. Kann eine erwachte Opposition den Chauvinismus vertreiben? Oder wird er von Putin geschürt? Antworten auf diese Fragen lesen Sie hier.
Klingt seltsam? Vielleicht denken Sie anders, wenn Sie den Artikel meiner Kollegin Katharina Kropshofer lesen. Neue Gentechnik könnte uns nämlich gegen den Klimawandel wappnen und die Ernährungssicherheit stärken, sagen Forscher. NGOs sehen in ihr weiterhin eine große Gefahr. Wer hat recht?
Das beantworten wir Ihnen in der FALTER:Woche. Mehrere Kolleg:innen wählten für Sie die coolsten, lustigsten, interessantesten Veranstaltungen aus, die es im Pride Monat Juni zu besuchen gilt. Viel Vergnügen!
Ab aufs Land
So sind Familien-Wandertage auch für den Nachwuchs spannend: „Wandern mit Kindern“ stellt 30 Routen in Wien und Umgebung vor, die alle öffentlich erreichbar sind und sich perfekt für Tagesausflüge eignen. Die Wanderungen führen Eltern mit Kindern in die Donauauen, ins Weinviertel, in die Wachau, auf Semmering und Schneeberg, in den Wienerwald und bis an die Ostgrenze Österreichs.
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