Es gibt schon wieder eine Kurz-Doku - FALTER.maily #1197
Hierzulande liegen Satire und Realität eng beieinander. Die Kurz-Film-Posse ist so ein Beispiel. Nachdem die Produktionsfirma eines PR-Films ...
Der neue SPÖ-Chef Andreas Babler hat eine große Aufgabe vor sich. Er muss als Obergenosse die Partei neu erfinden und breit aufstellen und als "Kandidat Staatsmann" seinen Blick auf Europa und die Welt weiten. In der gesamten EU geht es der Sozialdemokratie fast so schlecht wie in Österreich.
Sie verschwindet in Europa, während rechte, rechtspopulistische, rechtsextreme und illiberale Parteien und Autokraten die Macht halten – siehe Ungarn, Polen, Griechenland, Italien. Auch in Deutschland steigt die rechtsextreme AfD in ungeahnte Höhen auf (und vielleicht auch bald die poststalinistische Putin-Versteherin Sarah Wagenknecht). In Spanien wird nach dem Debakel der Sozialisten bei Regionalwahlen neu gewählt. Und in Österreich hofft der Orbán-Freund Herbert Kickl auf den Einzug in die Bundesregierung. In drei Bundesländern regieren seine rechtsextremen Kameraden dank der ÖVP schon mit und bilden dort telegenes Personal für eine mögliche Regierungsbeteiligung aus.
Das ist eine verstörende Entwicklung, denn Europa erlebt gerade die größte geopolitische Krise seit 1945. Etwa weil die ukrainische Bevölkerung um jene liberalen und demokratischen Werte kämpft, die bei uns von vielen nicht mehr geschätzt wird.
Der Kriegstreiber Putin wird mit seiner Propaganda anschlussfähig. Er hat nicht nur rechtsextreme Parteien und erstaunlich viele Sozialdemokraten in ganz Europa finanziert (damit sie den liberalen Geist diskreditieren oder sich selbst bereichern), er schwört mit seinen Propagandisten das Volk auf einen Kampf gegen das schwache Europa ein, möglicherweise mit atomaren Waffen, auf jeden Fall aber mit Terroranschlägen ungeahnten Ausmaßes, etwa der Sprengung von Staudämmen, wie heute bei Cherson geschehen (einen FALTER-Essay zur Natur im Krieg von Benedikt Narodoslawsky finden Sie hier).
Das treibt die Preise für Energie, das sorgt für Instabilität, das spüren die Europäer, das wittern die Populisten von links und rechts, die vom ukrainischen Widerstand gegen Kriegsverbrechen und Terror genervt wirken und in Wahrheit nicht Frieden, sondern Unterwerfung wünschen. Dass nächstes Jahr möglicherweise Donald Trump die USA anführt, kann Putin stärken – der hatte den Wahlkampf des Republikaners seinerzeit massiv unterstützt.
Babler müsste seine dem Ukraine-Krieg gegenüber so desinteressierte Partei aufklären. Die historische Bedeutung des Russland-Krieges hervorzustreichen und die Friedensfunktion der EU zu betonen, auch das ist sein Job. Doch am Parteitag waren von ihm keine Worte zur Ukraine und zur europäischen Sicherheitspolitik zu vernehmen, das Thema kommt im sozialdemokratischen Milieu offenbar nicht vor.
Dass Babler die EU als herzlose Lobbyingorganisation von Konzernen und Militärs missversteht und nicht als friedenssicherndes Netzwerk demokratischer Staaten begreift (das letztlich auch Figuren wie Orbán oder die polnische PiS-Partei zähmt) ist seine Schwäche. Die Lektüre dieses glänzenden Essays seines Verbündeten Nikolaus Kowall sei ihm in einer Verschnaufpause angeraten.
Ihr Florian Klenk
Wir wollen in unserem Land ein neues Klima schaffen: ein Klima der Zuversicht, des Mutes und der Vernunft. Das geht nur gemeinsam mit dir. Und es geht besser im direkten Gespräch.
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Die SPÖ platzte mit ihrem Debakel gestern mitten in die Abschlussphase der FALTER-Produktion. Es war eine kurze Nacht für uns, das Ergebnis kann sich aber sehen lassen: Lesen Sie in unserer Covergeschichte über die Schwierigkeiten, mit denen SPÖ-Chef Andreas Babler jetzt in Sachen Parteisanierung konfrontiert ist.
Dass Andreas Babler sich als Marxist bezeichnet, stößt manchen sauer auf. Nina Horaczek hat zu Bablers prägender Jugendzeit in den Kadern der sozialistischen Jugend recherchiert.
Warum eine SPÖ unter der Führung Bablers für ihn nicht mehr wählbar ist, beschreibt Peter Michael Lingens hier. Isolde Charim denkt in ihrem Beitrag über die identitätspolitische Dimension von Bablers Marx-Bekenntnis nach.
FALTER-Herausgeber Armin Thurnher wiederum meint, man solle die Wahlpanne nicht größer machen als sie ist (wiewohl er in diesem spätnächtlich produzierten Podcast mit Raimund Löw sehr wohl einräumt, dass man die SPÖ nun erst mal ausgiebig verspotten darf).
Dann sollte man aber auch wieder Ruhe einkehren lassen, so der Appell, und sich wichtigeren Fragen für Partei und Land zuwenden: Wie positioniert sich die SPÖ in Sachen Asylpolitik? Wie hält man es mit der Vermögenssteuer? Wie gelangt man zu einer ebenso realistischen wie fundierten Kapitalismuskritik? Hier finden Sie den ganzen Kommentar.
Haben Sie fürs Erste genug von der SPÖ gehört? Fair enough! Was Sie sonst noch im neuen FALTER finden: Ein Interview mit der Klimaforscherin Julia Steinberger, sie hat federführend am Weltklimabericht mitgearbeitet. Ein Porträt des Wifo-Chefs Gabriel Felbermayr. Einen Essay über die Krise der Männlichkeit. Den ultimativen Vergleich der besten Eissalons der Stadt. Und vieles mehr. Besonders leicht liest es sich übrigens mit einem FALTER-Abo. Sie haben noch keines? Bitte hier entlang!
Außerdem frisch produziert: Eine neue Folge des beliebten FALTER-Podcasts "Scheuba fragt nach...", diesmal ist der ehemalige Krone-Chronik-Chef Thomas Schrems zu Gast. Mit ihm spricht Florian Scheuba über systemische Korruption, selektive Leserbrief-Auswahl und ungenierte Machtausübung der Anzeigenabteilung.
Durch die derzeit sehenswertesten Kunstausstellungen Wiens führt Sie Nicole Scheyerer in der Titelgeschichte unserer Kultur- und Programmbeilage. Michael Omasta stellt den amerikanisch-äthiopischen Filmemacher Haile Gerima vor, der Pionier des unabhängigen New Black Cinema kommt dieser Tage nach Wien. Nostalgie versprüht die Fotostrecke "Leuchtkasten" mit Einblicken in den neuen Bildband "Österreich fährt Rad", während Ihnen die Lexika, Tipps, Empfehlungen und Rezensionen weiter hinten im Blatt ganz tagesaktuell helfen, Ihren persönlichen Veranstaltungskalender der Woche zu befüllen.