FPÖ in Kabul: Die gescheiterte Gefangenenbefreiung - FALTER.maily #1204
Von Wien nach Istanbul und dann weiter mit der afghanischen "Kam Air", einer Fluglinie, die aus Sicherheitsgründen in der EU nicht ...
Bedar, ein fünfundzwanzigjähriger Journalist aus Afghanistan, kommt knapp mit dem Leben davon. Maskierte Männer haben ihn im Auftrag der griechischen Behörden auf ein Boot gezwungen, um ihn gemeinsam mit anderen in den Evros-Fluss zu werfen, in Sichtweite der türkischen Grenzbeamten.
Weil Bedar nicht schwimmen kann, fleht er die schwarz gekleideten Männer an, ihn doch bei einem Baum auszusetzen, der nahe am Ufer aus dem Wasser ragt, und so kann er sich festhalten, bis er in ein türkisches Lager zurückgebracht wird.
In der aktuellen Ausgabe des Jüdischen Echo erzählen wir von Bedar. Wir zitieren aus einem Bericht von Human Rights Watch, der die grausame Praxis der Pushbacks von Griechenland in die Türkei dokumentiert. Die maskierten Männer, die auf Wehrlose einschlagen und eintreten und sie über den Bootsrand ins Wasser kippen, sind ihrerseits schutzlos: Syrer, Afghanen und Pakistanis, denen ein Visum versprochen wird, wenn sie drei Monate lang dabei helfen, andere loszuwerden.
Bei manchen Menschen lösen solche Szenen ein Déjà-vu aus, besonders bei solchen, die Flucht und Vertreibung aus der eigenen Familiengeschichte kennen. War die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unter dem Schock erlassen worden, den Weltkrieg und Shoah erzeugt hatten? Ging es nicht darum, dass nie wieder Menschen Verfolgung leiden sollten, weil kein anderes Land ihnen Schutz bietet?
Die Aktivist:innen der Wiener Hilfsorganisation "Shalom Alaikum" halten es schwer aus, dass Brutalität gegen Schutzlose heute wieder mit Achselzucken quittiert wird, dass international garantierte Grundrechte umgangen oder außer Kraft gesetzt werden. Seit acht Jahren engagieren sich diese Wiener Jüdinnen für muslimische Geflüchtete. Im Jüdischen Echo schildert Miriam Tenner, wie dieses Engagement für die Gestrandeten von heute zugleich ein Stück Erinnerungsarbeit ist.
Der heutige Weltflüchtlingstag lädt dazu ein, Geschichten von Flucht und Vertreibung mit dem doppelten Blick auf Gegenwart und Vergangenheit zu lesen. Jeder Mensch habe das Recht, Rechte zu haben, schrieb 1949 die deutsch-jüdische Philosophin Hannah Arendt, die zu diesem Zeitpunkt als "Staatenlose" in den USA lebte. Vierundsiebzig Jahre später scheinen mehr und mehr Staaten auf ihr Recht zu pochen, schutzbedürftigen Menschen ihre Rechte zu verweigern.
Ihr Christian Schüller
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Der Autor des heutigen FALTER.maily zum Weltflüchtlingstag, Christian Schüller, ist der neue Chefredakteur des "Jüdischen Echo", das im Falter Verlag erscheint. Die neueste Ausgabe steht unter dem Titel "Flucht und Vertreibung". Sie finden darin unter anderem eine Reportage aus einem kalabrischen Dorf, das gerne Flüchtlinge aufnahm, Texte von Doron Rabinovici, Vladimir Vertlilb und vielen mehr.
Vergangene Woche kenterte im Mittelmeer ein Flüchtlingsboot mit 750 Insassen, nur 140 von ihnen überlebten. Seit Jahren gab es keinen Schiffbruch dieses Ausmaßes mehr vor der griechischen Küste. Gegen die Küstenwache werden schwere Vorwürfe laut, Nina Brnada gibt hier einen Überblick.
Petar Rosandić, der Gründer des NGO "SOS Balkanroute", hat ein Anhaltezentrum in Bosnien verhindert – er bezeichnete es als "Guantánamo Europas" und sprach von "skandalösen Zuständen". Der ehemalige ÖVP-Chef Michael Spindelegger ist Leiter des International Center for Migration Policy Development (ICMPD), das die Einrichtung plante. Spindelegger verklagt Petar Rosandić nun wegen Kreditschädigung. Wer ist der Mann?
Das FALTER-Medienressort behandelt diese Woche einen medienpolitischen Skandal: Das kleine Onlinemedium exxpress verbreitet mittels zweier Narrative Putinpropaganda. Die Kanzlerpartei ÖVP hofiert Richard Schmitt und Co. Lesen Sie hier eine Analyse von Andrea Gutschi von Kobuk, Florian Klenk und Barbara Tóth.
Dazu passend: Tessa Szyszkowitz schreibt hier über die verlorene Ehre der ehemaligen Außenministerin Karin Kneissl, die sich von Macht und Medien verfolgt fühlt.
Im Politikteil des FALTER finden Sie diese Woche ein großes Interview mit dem neuen SPÖ-Chef Andreas Babler. Nina Horaczek und Josef Redl haben es geführt.
Die 1990er-Jahre waren von Aufbruchstimmung erfüllt: Die Berliner Mauer fiel, die DDR ging in der BRD auf, die Popkultur stand mit Spice Girls und Baywatch in voller Blüte. Der Journalist Jens Balzer hat ein kluges Buch über die 90er und ihre Nachwirkungen geschrieben. Sein Fazit fällt ernüchternd aus: Geblieben seien Renationalisierung und fehlende Klimapolitik, sagt er im Gespräch mit Gerhard Stöger.
Gerhard Stöger hat sich diese Woche für uns das Mäntelchen des DJs übergezogen und diese Playlist zusammengestellt, die das Lebensgefühl und die größten Hits der 90er in sich vereint. Hören Sie rein!
Im FALTER-Radio hören Sie aktuell die Rede des Schriftstellers Robert Menasse bei der Verleihung des Bruno Kreisky Preises für das politische Buch 2022. Es geht um Bruno Kreisky und seine Zeit, um Karl Marx und die beiden ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP.
Die größte Party des Landes erlebt von Freitag bis Sonntag ihre 40. Auflage. Gerhard Stöger hat das Programm des Donauinselfests durchforstet, in der Titelgeschichte unserer Kultur- und Programmbeilage bemüht er sich um Empfehlungen. Martin Pesl hat Laura Andreß zu ihrem Performance-Audiowalk "The Invisible Tour" befragt, der dem Unwesen der Spionage in Wien nachspürt, und unsere Fotostrecke "Leuchtkasten" zeigt diesmal ausgewählte Fotos der Ausstellung "Fokus! Jetzt! Maria Austria – Fotografin im Exil", die dieser Tage im Jüdischen Museum eröffnet. Weiter hinten finden Sie in der FALTER : WOCHE wie immer massenhaft Tipps und Kritiken zum aktuellen Veranstaltungsgeschehen.