Vom Striezel zur Katastrophe und zurück - FALTER.maily #1198
Ich habe mir angewöhnt, meine Sonntage mit einem selbstgemachtem Striezel zu begrüßen.Nicht schlecht für den ersten Satz eines ...
Endlich Sommerferien! Für meinen älteren Sohn werden es zwei ganz besondere Monate sein. Er hat die vierte Klasse Unterstufe absolviert, sein Zeugnis ist sauber, nicht berühmt, aber gut genug, dass er in die Oberstufe aufsteigen wird. Ins Realgymnasium.
Besonders ist das für ihn, weil er im Halbjahreszeugnis der dritten Klasse Volksschule eine Drei in Deutsch hatte - und damit der Wechsel ins Gymnasium verbaut war. Ich werde wütend, wenn ich daran zurückdenke. Da stand ein gerade einmal Zehnjähriger, dem das österreichische Schulsystem sagte: Mit dir wird das nix mit dem Gymnasium, wir haben dich aussortiert. Du bist ein Mittelschulkind.
Zum Glück fanden wir eine großartige Schule in der Nähe – an dieser Stelle herzlichen Dank an alle Lehrer:innen der GRG7 – die auch Kinder mit einer Drei in einem Hauptfach im Abschlusszeugnis akzeptierten. Möglich war das aber auch nur, weil es an diesem Standort einen Schulversuch "Neue Mittelschule" gibt. Kinder, die sich schwerer tun, können zur Überbrückung auf Mittelschulniveau benotet werden und trotzdem aufsteigen. Nur wenn sie dann in der vierten Klasse sind, brauchen sie Noten auf Gymnasium-Niveau, um in die Oberstufe zu wechseln.
Bei meinem Sohn brauchte es bis zur dritten Klasse, bis er sich sicherer fühlte. Aber weil die Schule nicht auf seine Schwächen, sondern Stärken fokussierte, weil die Lehrer:innen ihm nicht nur den Stoff vermittelten, sondern auch darauf achteten, ihm die richtigen Techniken zum Lernen und Strukturieren beizubringen, entwickelte er sich über die Monate richtig gut. Trotz Pandemie.
Was wäre gewesen, wenn wir kein Gymnasium mit so einem progressiven Schulversuch in der Nähe unseres Wohnortes gehabt hätten? Oder wenn sich jemand nicht so gut ausgekannt hätte im Austro-Schulsystem wie ich, weil ich als Journalistin schon viel darüber recherchiert und geschrieben hatte, bevor ich persönlich betroffen war?
Ich wünsche mir von der nächsten Koalition, dass sie diesen asozialen Anachronismus endlich reformiert. So viele Kinder werden in Österreichs Schulen viel zu früh aufgegeben.
Ihre Barbara Toth
Ich bin ja inoffizielle Neusiedlersee-Tourismusbeauftragte, ich liebe die Gegend, wohne seit fast zwei Jahrzehnten nach Möglichkeit vor Ort und leide mit der Trockenheit, die die Region fest im Griff hat, nicht nur abstrakt, sondern persönlich mit. Der verregnete Mai hat das Schlimmste verhindert, gut 15 Zentimeter Wasser kamen dazu, aber auf den langjährigen Normalzustand fehlen immer noch mehr als 30 Zentimeter und das Grundwasser steht niedrig. Also der Katastrophismus, den die Kritiker den Klimabesorgten gerne vorwerfen, ist weiter angebracht. Aber die Lage hat auch etwas Gutes: Menschen wie ich haben den See derzeit fast für sich alleine, weil die Gäste ausbleiben. Für die Region, ihre Wirte und Segelschulen ist das aber eine Katastrophe. Also: Auf zum See, so beschaulich war es dort schon lange nicht mehr!
Ich schreibe Ihnen am Wochenende, also darf ich Sie auch mit Unpolitischem erfreuen. Mit dem Hochschwab etwa, jenem Ort, an dem ich vorvergangenes Wochenende meine Wanderkondition austeste - und meine Funklochresilienz. Gibt es etwas Schöneres, als einen Tag lang am Handy nicht erreichbar zu sein? Ich wählte die Route von Seewiesen aus auf das Schiestlhaus, nicht nur, weil es dort das beste Hüttenessen (Gamswürste vom Fleischhauer aus Aflenz!) gibt und anarchische Stimmung. Sondern weil am Weg, nach dem ersten Aufstieg gerade richtig zur Stärkung, auch die architektonisch beeindruckende Voisthalerhütte liegt. Ebenfalls sehr feines Essen (nehmen sie die Hochschwabschnitte!), eine liebenswürdige Wirtin, den FALTER zum Lesen gibt's dort auch - und man bekommt einen Eindruck, wie alpine Baukultur auch ausschauen könnte. Viel Holz, große Fenster, die den Blick auf die unglaublich schöne Gebirgslandschaft freigeben, zeitgenössische Sachlichkeit in der Steiermark. Absolute Empfehlung!
Kinder für Wanderungen zu begeistern, kann eine Herausforderung sein: Da wird schnell Mal gemaunzt, oftmals sind die Distanzen zu weit, die Schuhe drücken oder die Beine tun weh. Gute Planung tut deshalb Not, ein neues Buch aus dem Falter Verlag erledigt das für Sie. "Wandern mit Kindern" beinhaltet 30 Routen für Kinder zwischen 4 und 14, entlang von Attraktionen wie Wildparks oder Burgruinen, mit etlichen Möglichkeiten zum Planschen, Forschen und Spielen unterwegs.
Im FALTER Radio erfahren Sie dieses Wochenende etwas über "Boliviens Schindler". Der Zinnbaron Mauricio Hochschild rettete Tausende jüdische Flüchtlinge vor den Nazis. Über seine Geschichte und Bedeutung diskutieren der Buchautor Robert Brockmann und der Lateinamerika-Experte Erhard Stackl.
Liebenswerte Luftikusse
Mehr als zwei Jahre lang war der „Vogel der Woche” eine der beliebtesten Kolumnen des Newsletters FALTER.morgen. FALTER-Vogel-Wart Klaus Nüchtern hat seine eleganten ornithologischen Essays nun in dem Buch Famose Vögel versammelt. Begleitet werden die Vogelbeschreibungen von zahlreichen Illustrationen der Wiener Künstlerin Silvia Ungersböck.
Ein unerlässliches Kompendium für alle, die einen Buntspecht von einem Blumentopf unterscheiden können wollen.
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