Team Barbie oder Team Ken?

Der sommerliche Blockbuster hat einen Wettstreit ins Kino gebracht: Wer ist der Star des Barbie-Films? Die Protagonistin selbst oder vielleicht doch ihr platonisches Anhängsel Ken?

Christina Vettorazzi
Versendet am 06.08.2023

Der Wettkampf ist angelaufen: Wer ist der wahre Star des Barbie-Films? (Warner Bros. Entertainment)

Sie ist weiß und blond, groß und schlank. Sie hat üppige Brüste und eine Wespentaille. Sie lebt in einem schönen Haus, hat viele Freundinnen und ist wirklich, wirklich nett. Mit anderen Worten: Sie ist alles, nur nicht echt. Sie ist die stereotypische Barbie.

Im Blockbuster des Sommers spielt Margot Robbie diese lebende Puppe und damit die Protagonistin des Barbie-Films. Doch jede gute Erzählung braucht einen Konflikt. Worin der bei so viel Glück und Perfektion liegt?

Spannend wird die Geschichte, als unvermittelt Risse auftreten und Barbies perfekte Welt zu bröckeln beginnt. Die stereotypische Puppe plagen plötzlich Todesgedanken. Sie schwebt nicht mehr vom Dach, sondern fällt herunter. Mit einem Mal sind auch ihre Füße nicht mehr wie Stöckelschuhe geformt, sondern flach. Der Grund dafür soll in der echten Welt liegen, bei den Menschen, die mit ihr, der stereotypischen Barbie, spielen. Genau dort muss sie also hin, um das Problem zu lösen.

Barbie bleibt trotz ihrer angeblich auftretenden Makel für Normalsterbliche, also Menschen, ein Ideal. Nicht nur optisch. Auch ihr Charakter scheint perfekt für eine Frau. Sie ist freundlich und fröhlich, geduldig und tolerant. Sie kümmert sich um ihre Freundinnen und ein wenig um Ken, der ihr aber eigentlich nur auf die Nerven geht. Barbie ändert sich auch nicht, als sie die Welt der Menschen betritt und erstmals dem Patriarchat begegnet.

Bei Ken, gespielt von Ryan Gosling, spürt man hingegen von der ersten Sekunde an, dass er der Troublemaker ist. Er ist Nur-Ken und damit wertlos. Während Barbie zu Beginn des Filmes am Höhepunkt steht und es für sie demnach nur bergab gehen kann, hat Ken beinahe nur Aufstiegschancen. Allein das macht ihn zu einer Konkurrenzfigur seiner vermeintlichen Partnerin. Zudem ist er ein klarer Fall der unsicheren Männlichkeit. Aus feministischer Sicht ist das ein Grauen. Aus erzählerischer Sicht ist es der Hit – und nach zwei Stunden im Kino fragt man sich, ob der eigentliche Star nicht dieser Typ ist, Barbies platonischer Freund.

Ken trägt, passend zu seinem um Aufmerksamkeit bemühten Charakter, Pelz. Seine Haare sind eine Spur zu blond für seine gebräunte Haut. Auch optisch eckt er an. Allerdings erst, nachdem er mit Barbie in die echte Welt reist und von dort das Patriarchat ins Barbieland mitbringt. Regie und Drehbuch verpacken diesen Sündenfall annehmbar in Musical-Szenen. Barbie erhält daneben nur eine Tanz-Choreo zu Pop-Sounds von Dua Lipa.

Leichte Enttäuschung macht sich breit, die ihren Höhepunkt während der Schlacht der Kens erreicht. Es hätte doch ein Film über female empowerment werden sollen, oder etwa nicht?

Erst am Ende löst sich dieser bittere Beigeschmack mit rosa Zuckerguss auf. Der anfängliche Eindruck war also doch richtig: Der Film hat die Rollen vertauscht. Die Kens im Film sind die Frauen in der echten Welt und deren Kampf um Gleichberechtigung geht ja auch weiter. Da vergönnt man Ken seine Show plötzlich. Diese eine Sternstunde hat er sich verdient.

Ihre Christina Vettorazzi


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