Die fast zu große Vernunft des ÖGB - FALTER.maily #1205
Eigentlich hätten die Tarifverhandlungen zwischen dem Vertreter der Metallergewerkschaft, Reinhold Binder, und dem Vertreter der Arbeitgeber, ...
Heidi Schneilinger hilft, wo sie kann. (Foto: zVg)
Es gibt nicht viele Menschen wie Heidi Schneilinger. Aber wo die Politik versagt, geht es ohne Engagement und Hilfsbereitschaft nicht. Schneilinger, 59, ist eine von jenen Personen, die hier einspringen.
Täglich durchforstet sie freie Arbeitsstellen in ihrer Umgebung im oberösterreichischen Innviertel und ruft Unternehmen an und fragt, ob sie Geflüchtete einstellen wollen. Als "Ersatzmama" fühlt sie sich manchmal, wenn eine Person mit einem Stapel voller Dokumente vor ihrer Tür steht und um Hilfe bittet. Oder einfach ein Werkzeug ausborgen möchte. In Syrien leitet sie ein Projekt, das garantiert, dass jeden Tag eine warme Mahlzeit an bis zu 500 Menschen im Lager Yamal in Idlib verteilt wird. Dafür sammelt sie Spenden, sortiert die Rechnungen, die ihr ein Helfer aus Idlib zuschickt. "Ich muss jeden Spenden-Euro belegen können." Schneilingers Aufmerksamkeit dreht sich seit 2015 fast ausschließlich nur mehr darum.
Ihr Leben war damals noch ein komplett anderes. Sie arbeitete im Büro, hat ein beschauliches Leben im Innviertel mit erwachsenem Sohn und Mann. Das sollte sich radikal ändern - als sich tausende Geflüchtete auf den Weg nach Europa machten, störte Schneilinger der "Tumult von rechtsextremer Seite", wie sie sagt. Auch die Medienberichte fand sie oft herablassend, zu wenig menschlich. Sie wollte selbst was tun. Noch im Jahr 2015 begann sie, in der Gemeinde Geflüchteten Deutsch zu unterrichten, eine Stunde pro Woche. Der Rest ihrer Aktivitäten gesellte sich nach und nach dazu. Sie schaute sich Anträge an, half bei alltäglichen Problemen, suchte freie Wohnungen, sammelte Kleidung, begleitete zu den Behörden. Irgendwann sprach sich ihr Name herum. Ihr Telefon und ihre Türglocke läuteten, sie selbst musste dafür gar nichts mehr tun. "Ich bin unter den Geflüchteten bekannt wie ein bunter Hund", sagt sie. Ihre "Schützlinge" sind meist syrische und afghanische Männer zwischen 18 und 35 Jahren.
Diese Arbeit finde sie wunderschön. "Wenn nach Jahren der Trennung das Tor in der Ankunftshalle am Flughafen aufgeht und die Familie endlich nachkommt, da kommen einem die Tränen", erzählt sie. Anstrengend sei es aber auch. Vor Gericht zu bangen, ob eine Person abgeschoben werde, "das kostet viel Kraft".
Jahrelang war sie ehrenamtlich tätig. Weil es Österreich allerdings gerade an Fachkräften mangelt und Schneilinger durch ihre Arbeit viele potenzielle Fachkräfte kennt, bekommt sie seit Beginn des Jahres auch Gehalt für die Vermittlung zwischen Geflüchteten und Unternehmen. "Manche Unternehmen sagen dann, dass Geflüchtete klauen und faul sind." Die Vorurteile tun ihr weh. Die WKO und das AMS finanzieren dieses Projekt. 110 ehemalige Asylbewerber:innen haben durch Schneilinger einen Job gefunden. Ende August läuft das Projekt wieder aus. Dann wird Schneilinger auch 60 und geht in Pension - und macht ehrenamtlich weiter.
Eigentlich will Schneilinger am Telefon gar nicht über sich reden. Sondern lieber über die Kinder in Idlib. Sie sucht dringend Spenden. Die Luftangriffe dauern an, vor wenigen Wochen kam das verheerende Erdbeben. "Nach zwölf Jahren Krieg haben die Menschen dort keine Ersparnisse mehr", sagt sie. Der Winter stehe bevor, die Menschen bräuchten warme Jacken, Brennholz. Momentan versucht sie Milchpulver aufzutreiben. Ob sie auch noch etwas anderes tut? "Ich mache mit meinen Enkerl Hausübungen, geh auf Schneckenjagd im Garten. Aber sonst dreht sich von früh bis spät alles um Geflüchtete."
Ich ziehe meinen Hut.
Einen schönen Abend,
Ihre Daniela Krenn
Sie möchten helfen? Bei der Sparkasse St. Martin im Innkreis ist ein Spendenkonto eingerichtet, IBAN: AT35 2032 0328 0408 6564. Dank der Zusammenarbeit mit ORA International sind alle Spenden auch steuerlich absetzbar. Eine Spendenquittung können Sie per Mail unter a.schneilinger@gmx.at anfordern.
In diesem Jahr stellten bisher knapp 23.000 Menschen einen Asyantrag, 2015 waren es über 88.000. Menschen aus Syrien und Afghanistan stellten 2023 die meisten Ayslanträge. Über 12.000 Personen gewährte Österreich Aysl, subsidiären Schutz oder humanitäres Bleiberecht. Über 35.000 offene Asylverfahren liegen derzeit bei der MA 35 in Wien auf. Über 34.000 Personen bekommen aktuell die Grundversorgung, inklusive der geflüchteten Ukrainer:innen sind es über 83.000. Mehr Daten finden Sie hier.
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