Es gibt schon wieder eine Kurz-Doku - FALTER.maily #1197
Hierzulande liegen Satire und Realität eng beieinander. Die Kurz-Film-Posse ist so ein Beispiel. Nachdem die Produktionsfirma eines PR-Films ...
Im KI-Zeitalter schlägt das Rationale ins Irrationale um (Rowohlt Verlag)
Es gibt Bücher, die setzen bei mir einen Gedanken frei, der plötzlich allgegenwärtig aufploppt. Aktuell passiert das, da ich vor ein paar Wochen "Drifter" gelesen habe. Der Roman macht eine Beobachtung, von der ich Ihnen heute erzählen möchte. Und die im KI-Jahr 2023 nicht akkurater sein könnte: die Wiederverzauberung der Welt.
Die deutsche Autorin Ulrike Sterblich – Politologin und bekannt aus der ORF-Sendung "Willkommen Österreich" – erzählt in "Drifter" eine Serie von rätselhaften Ereignissen. Protagonist Wenzel Zahn führt ein wenig aufregendes Leben, bis sein bester Freund vom Blitz getroffen wird. Die Grenzen zwischen der Welt der Magie und jener der Technik verfließen. Ist Vica, die Frau in der S-Bahn, eine esoterisch angehauchte Wahrsagerin oder bloß Influencerin? Hat sie übernatürliche Kräfte? Oder einfach viel Geld, mit dem sie die neuesten High-Tech-Spielereien finanziert? Sterblichs intelligent-bizarrer Roman wurde zurecht für den diesjährigen Deutschen Buchpreis nominiert. Er komprimiert die großen Umbrüche im zeitgenössischen Denken.
Von einer "Entzauberung" der Welt sprach der deutsche Soziologe Max Weber im Jahr 1917. Sein Konzept spiegelte die Erfahrungen des 19. Jahrhunderts: die Industrialisierung und den Triumph der Naturwissenschaften in westlichen Gesellschaften. Erkannt wurde die eigene Handlungsfähigkeit, die nicht von einer gottgegebenen Ordnung abhängt. Also der Glaube, dass es "prinzipiell keine geheimnisvollen unberechenbaren Mächte gebe, die da hineinspielen, daß man vielmehr alle Dinge – im Prinzip – durch Berechnen beherrschen könne".
Jetzt, mehr als 100 Jahre später, ist das alles nicht mehr so einfach. Die Tech-Giganten selbst warnen vor "unabsehbaren Folgen" ihrer eigenen Entwicklung, die künstliche Intelligenz wird mit jedem Tag intelligenter. Mit dem KI-Textprogramm ChatGPT hat sich endgültig die Angst verfestigt, dass die Menschheit zwar viele Dinge berechnen, sie aber nicht beherrschen kann.
Die Idee einer technischen "Wiederverzauberung" der Welt ist nicht neu. Schon Arthur C. Clarke, der das Drehbuch zu "2001: A Space Odyssey" verfasste, postulierte in den 60er-Jahren die These: "Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden."
Intellektuell sind Algorithmen für die meisten Menschen nicht mehr nachvollziehbar. Es sind keine höheren Mächte mehr, die die im Hintergrund die Fäden ziehen. Nun sind es allmächtige Tech-Eliten, die Schicksal spielen. Und da wir nicht wissen, wie KI genau funktioniert, fruchtet unter dem Eindruck der Wiederverzauberung auch die Verschwörungstheorie. So wie es Wenzel Zahn in "Drifter" (Leseempfehlung!) umschreibt: "Es war ja das Zeitalter der unerklärlichen Merkwürdigkeiten angebrochen."
Ihre Lina Paulitsch
Im FALTER-Feuilleton haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten unterschiedliche Aspekte von Künstlicher Intelligenz beleuchtet: Wie es mit der Kunst weitergeht, wie die Technologie Hollywood verändert, ob wir uns vor KI fürchten müssen und wie Sprach-Bots wie Chat GPT in Bildungsinstitutionen für Aufruhr sorgen.
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Wer hat, dem wird verliehen werden? Ausgerechnet die Forschung weiß erstaunlich wenig darüber, was Wissenschaftspreise eigentlich bringen. Anna Goldenberg hat sich das im aktuellen FALTER genauer angesehen.
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