Missbrauchsvorwürfe: Das Kindergärtner-Dilemma - FALTER.morgen #341

Versendet am 08.06.2022

Neue Missbrauchs-Verdachtsfälle triggern alte Vorurteile gegen männliche Elementarpädagogen – zu Unrecht, sagt die Wissenschaft >> Schon wieder vor Gericht: Der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache >> Kino-Tipps von Michael Omasta

Wetterkritik: Puh, das war ja eine verregnete Nacht! Heute gibt's zwischendurch ruhiges, zwar wolkiges, aber trotzdem weitgehend trockenes Frühsommerwetter bei bis zu 25 Grad. Aber morgen dräut schon die nächste, diesmal noch kühlere Regenfront heran.


Guten Morgen!

Ich kann mich noch gut an die widersprüchlichen Gefühle erinnern, die mich beschäftigten, als im Kindergarten meiner Tochter männliche Pädagogen zu arbeiten begann. Einerseits fand ich das absolut positiv: Mein Sohn, ein paar Jahre älter, hatte in seiner gesamten Kiga-, Hort- und Schulkarriere abgesehen von zwei Gymnasiallehrern ausschließlich mit Frauen zu tun gehabt. Verstehen Sie mich nicht falsch – aber ein bisschen Y-Chromosom-Präsenz hätte ich schon damals nicht schlecht gefunden. Insofern freute ich mich über den Neuen im Betreuungsteam.

Einerseits, wie gesagt. Andererseits war da, wenn ich ehrlich bin, auch eine kleine Verunsicherung: Jaja, die Vorurteile! Allerdings verflüchtigten sich diese sehr rasch. Die männlichen Betreuer erwiesen sich in den folgenden Jahren als eindeutige, über jeden Zweifel erhabene Bereicherung (und über den Stadt-Wien-Kindergarten, den meine Kids besucht haben, kann ich generell nur das Beste sagen).

Umso größer ist auch bei mir der Schock über die möglichen Missbrauchsfälle in Wiener Kindergärten, die sich gerade zu häufen scheinen – und umso bedauerlicher empfinde ich gleichzeitig den Image-Schaden, den die Kindergartenpädagogen gerade hinnehmen müssen. Welche neuen Vorwürfe es gibt, was das für die ohnehin schmählich geringe Zahl an männlichen Betreuern bedeutet und was die Wissenschaft dazu sagt, darüber gleich mehr. Eines dürfte nämlich klar sein: Es braucht keineswegs weniger, sondern mehr Männer in der Elementarpädagogik.

Nachher erzählt Ihnen meine Kollegin Soraya Pechtl noch, wie es beim neuesten Korruptions-Prozess gegen Heinz-Christian Strache vor Gericht zuging. Und Michael Omasta hat wie jede Woche die besten Kinotipps für Sie.

Einen schönen Tag wünscht

Martin Staudinger


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„Weniger Klischees, mehr Vielfalt“

Pädagogik-Professor Bernhard Koch hält mehr männliche Pädagogen im Kindergartenbereich für dringend notwendig.

Zufällige Häufung? Oder doch strukturelles Problem? Die Frage muss man sich angesichts der jüngsten Vorwürfe gegen männliche Elementarpädagogen in Wien leider stellen.

  • Bereits hinlänglich bekannt ist das Ermittlungsverfahren gegen einen Betreuer, der in einem Kindergarten im 14. Bezirk des schweren sexuellen Missbrauchs verdächtigt wird. Vier Fälle werden von der Staatsanwaltschaft untersucht: ein Wiener Rechtsanwalt vertritt inzwischen insgesamt zehn Elternpaare, die befürchten, dass ihre Töchter und Söhne Opfer von Übergriffen geworden sein könnten.

  • Vergangenes Wochenende berichtete die Krone von ähnlichen Verdachtsfällen in einem privaten Kindergarten im 23. Bezirk. Dort soll ein Betreuer zwei gewürgt und auf der Toilette unsittlich bedrängt haben. Auch hier ermittelt die Staatsanwaltschaft.

  • Und gestern ging Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) mit einem weiteren Verdacht an die Öffentlichkeit: Er betrifft den bereits oben erwähnten städtischen Kindergarten im 14. Bezirk, allerdings um einen anderen Betreuer. Dieser soll „pädagogisches Fehlverhalten“ an den Tag gelegt haben – was genau damit gemeint ist, wollte Wiederkehr nicht sagen. Der Vorwurf bezieht sich auf die Zeit vor Herbst 2021 und ist für die Staatsanwaltschaft schwerwiegend genug, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Anscheinend wird dem Mann zur Last gelegt, ein ihm anvertrautes Kind strafweise ins Klo gesperrt zu haeb.

In allen Fällen ist es einigermaßen schwierig, zwischen erwiesenen Fakten, Gerüchten und Befürchtungen zu unterscheiden:

  • Der als erster verdächtigte Pädagoge aus Penzing wird offenbar in einem im Auftrag der Staatsanwaltschaft erstellten Gutachten tendenziell entlastet. Das berichtete Ö1 gestern unter Berufung auf das Papier. „Durch die Zeugenbefragungen bei der MA 11 Jugendamt und den daraus resultierenden Sachverhalt können vonseiten der Behörde die Vorwürfe nahezu ausgeschlossen werden“, heißt es darin laut Ö1-Mittagsjournal.

  • Im Fall seines Kollegen – der Mann war im vergangenen September auf eigenen Wunsch aus Penzing als Leiter an einen Kindergartenstandort in einen anderen Bezirk gewechselt – wird währenddessen gemunkelt, dass es um mehr gehe, als bloß um „pädagogisches Fehlverhalten“. Sondern ebenfalls um sexuellen Missbrauch. Eine Bestätigung dafür gab es vorerst nicht.

Personelle Konsequenzen hat die Angelegenheit inzwischen auf mehreren Ebenen: Die Verdächtigen wurden bis zur Klärung der Vorwürfe von der Arbeit mit Kindern abgezogen, die Leiterin des Kindergartens in Penzing ist abgesetzt – und gestern wurde auch die Chefin der MA 11 (Jugend und Familie), Daniela Cochlar, auf Betreiben Wiederkehrs von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ihrer Funktion enthoben.

In den Internet-Foren geht es entsprechend rund:

„Was hat ein normaler Mann in einem Kindergarten verloren?“ + „Hätte damals, als meine Tochter noch klein war, keinen Kindergarten ausgewählt, in denen ein Mann arbeitet. Die Wahrscheinlichkeit, dass den Job einer aus unangebracht Gründen macht, ist einfach zu hoch.“ + „Leider leben wir in Zeiten der militanten Gleichmacherei. Aber Männer sollten einfach nicht Kindergärtner werden, easy as that.“ + „Manche Berufe sollten einfach Frauenberufe bleiben.“

Wir haben darüber mit Bernhard Koch gesprochen. Er ist Professor für den Bereich Elementarpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Tirol, hat mehrere Studien zum Thema Männer im Kindergarten durchgeführt und kennt den internationalen Forschungsstand zum Thema.

Pädagogik-Professor Bernhard Koch © Pädagogische Hochschule Tirol

FALTER.morgen: Warum sind männliche Betreuer in der Elementarpädagogik wichtig?

Koch: Erstens im Sinne der Geschlechtergleichstellung: Je mehr Männer als Sorgende, Pflegende und Erziehende auftreten, desto mehr werden auch bei den Kindern Klischees aufgebrochen, Rollenbilder und Lebensentwürfe ändern sich. Zweitens bedeutet ihre Präsenz mehr Vielfalt: Qualitativ macht es keinen Unterschied, wer sich um die Kinder kümmert – aber Frauen und Männer haben schon unterschiedliche Neigungen, was die Ausgestaltung der Betreuung betrifft.

In Österreich liegt der Anteil männlicher Elementarpädagogen bei lediglich zwei Prozent, in Wien kaum höher bei fünf. Hinken wir dabei im internationalen Vergleich hinterher?

Nein. Am ehesten ist Österreich in dieser Hinsicht mit der Türkei vergleichbar. Es gibt zwar einige Länder mit höherem Anteil – Norwegen und Dänemark mit zehn Prozent beispielsweise. In viele anderen gibt es aber noch weit weniger Elementarpädagogen.

Auch zehn Prozent sind recht wenig. Warum ist das so?

Die Elementarpädagogik hat den Ruf, ein schlecht bezahlter Frauenberuf zu sein – dieses Bild wird noch dazu von den Medien verstärkt. Und weil so wenige Männer dort arbeiten, gibt es auch wenige Rollenvorbilder.

Droht durch die nunmehrigen Vorwürfe ein genereller Imageschaden für männliche Elementarpädagogen?

Jeder Missbrauchsverdacht nährt einschlägige Vorurteile weiter und beeinflusst die Berufswahl von Männern. Es ist ein Teufelskreis. Ein weiteres Problem ist, dass das Thema in den Medien generell mit dem Geschlecht der Elementarpädagogen verknüpft wird. Das betrifft übrigens eigentlich alle Männer: Sie sind ständigen Missbrauchsverdacht ausgesetzt sind – wenn sich ein Vater im Park mit seiner Tochter beschäftigt, erntet er schnell argwöhnische Blicke. Das ist kulturspezifisch: Im anglosächsischen und mitteleuropäischen Raum ist das ein Thema, in Skandinavien nicht.

Gibt es Hinweise, dass pädophil veranlagte Männer eine besondere Affinität zu diesem Berufsfeld haben?

Zunächst einmal hat Kinderschutz natürlich oberste Priorität. Es gibt aber keine Studien und auch keine Hinweise darauf, dass in Kindergärten mehr passiert als wo anders.

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Falter Radio

Die US-Wistleblowerin Reality Winner über FBI-Verhöre, Haft und Galgenhumor

Die Produktion „Is This a Room“ basiert auf Reality Winners Leben. Sie seit Montag bei den Wiener Festwochen zu sehen. © Foto: Christopher Lee/Redux/laif

Wiener Festwochen: Is this a room? Sie deckte den russischen Einfluss auf die US-Politik auf und landete dafür im Gefängnis. In der aktuellen Folge unseres Podcasts spricht die Enthüllerin Airman Reality Leigh Winner mit Martin Pesl darüber, wie sie Vernehmungen und Gefängnis überstand.


Loge 17

Wer heute noch Tiefsinniges oder gar Geschichtsträchtiges von Sebastian Kurz erwartet, hat sicher auch alles geglaubt, was er in den unzähligen Pressekonferenzen von sich gegeben hat. 

Harry Bergmann hört den ehemaligen Bundeskanzler über Kriege und ihr Ende reden und fühlt sich in seiner aktuellen Kolumne darin bestätigt, keine Kurzgeschichten zu mögen.


Vor Gericht

Soraya Pechtl

„Wie vereinbart” 

Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache steht wegen Bestechlichkeit vor dem Wiener Straflandesgericht. Während seiner Amtszeit als Vizekanzler soll er dem FPÖ-Spender und Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz einen Aufsichtsratsposten bei der Asfinag verschafft haben. 

„Es gibt ganz wenige, die an die Partei spenden, weil das an den Rechnungshof geht. Dann ist es offen. Das will keiner“, hat der langjährige FPÖ-Parteiobmann und ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache einmal gesagt – im berühmt-berüchtigten, 2019 veröffentlichten Ibiza-Video nämlich. 

Drei Jahre später sitzt Strache auf der Anklagebank im großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts und muss sich wegen Bestechlichkeit verantworten. Er soll einem langjährigen Freund, dem Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz, einen Aufsichtsratsposten bei der staatlichen Asfinag verschafft haben. Der ebenfalls angeklagte Stieglitz soll sich wiederum das Wohlwollen von Strache erkauft haben, indem er an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion spendete – so der Vorwurf der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). 

Alles sauber, sagt hingegen die Verteidigung. Die beiden Männer seien seit langem befreundet, die Spenden hätten nichts mit dem Aufsichtsratsposten zu tun. Die Vorwürfe der WKStA seien schlicht konstruiert.

Und was liegt auf dem Tisch?

Hat Heinz-Christian Strache seinem Freund einen Aufsichtsratsposten zugeschanzt? © APA/HELMUT FOHRINGER

Der Aufsichtsratsposten 

Im Dezember 2017 tritt Strache sein Amt als Vizekanzler in der türkis-blauen Regierung an. Einen Tag nach der Angelobung lassen es die FPÖ-Parlamentarier bei einer Weihnachtsfeier krachen. Eingeladen ist auch Stiglitz, der sich dort mit Neo-Infrastrukturminister Norbert Hofer gut und lange unterhält. „Er hat zu mir gesagt, du bist super, du bist gut. Ich brauche dich in einem Aufsichtsrat”, erzählt Stiglitz.

Nach der Weihnachtsfeier schreibt Stiglitz dann an Strache: „Hallo lieber Christian, ich hoffe dir geht es gut. Norbert hat mir in einem persönlichen Gespräch zugesagt, mich in einen Aufsichtsrat zu entsenden (…) Weißt du schon Näheres?“ 

Im März wird Stiglitz Aufsichtsrat bei der Asfinag. Chats zeigen laut WKStA, dass die Bestellung mit Strache abgestimmt wurde. Straches Anwalt Johann Pauer argumentiert: Aufsichtsräte politisch zu besetzen sei nicht ungewöhnlich in „unserem politisches System, weil wir staatsnahe Betriebe haben.“

Die Zuwendungen

Die WKStA glaubt, Stieglitz hätte den Posten nicht bekommen, hätte er sich nicht das Wohlwollen von Strache erkauft. Und zwar mit Spenden in Höhe von 20.000 Euro, die er in Tranchen à 2.000 und 2.500 Euro zwischen 2017 und 2018 an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion überwies (für das Verfahren sind aber nur Zahlungen in Höhe von 10.000 Euro relevant, die nach der Angelobung der ÖVP-FPÖ Regierung geleistet wurden). Zwei Überweisungen hatten den Verwendungszweck „wie vereinbart“. Stieglitz erklärt das damit, dass seine Mitarbeiterin immer „wie vereinbart” angemerkt habe, wenn sie die Überweisung nicht zuordnen konnte.

Abgesehen von der Spende wirft die WKStA Strache auch persönliche Bereicherung vor: Stieglitz hat der Partei einen Bus für den Nationalratswahlkampf 2017 zur Verfügung gestellt. Strache und Hofer hat er im Frühjahr 2018 unter anderem zu einer Reise nach Dubai im Wert von 2.500 bis 3.000 Euro pro Person eingeladen. Der Urlaub kam zwar nicht zustande, aber bereits das Anbieten der Reise sei strafbar und Strache habe sich einen Vorteil versprechen lassen, so die Staatsanwaltschaft: „Hofer sagte aus Gründen der Compliance ab. Dieses Unrechtsbewusstsein fehlte Strache komplett.” Denn aus Chatnachrichten geht hervor, dass Strache im Gegensatz zu Hofer die Reise bereits geplant habe. „Sie tauschten sich aus, ob sie ihre Babys mitnehmen sollten oder nicht. Strache hat erst abgesagt, weil ihm Hofer erklärte, dass Gründe der Compliance eine Teilnahme der Reise verbieten”, so die WKStA. 

Die Freundschaft

Was an der Reiseeinladung verwerflich sei, kann Stiglitz nicht nachvollziehen. Er habe vorgehabt, in Dubai seinen 50. Geburtstag zu feiern und mit seinen Freunden „eine gute Zeit zu verbringen”. Umgekehrt habe Strache auch ihn zu seinem 50er eingeladen. Mit dem Aufsichtsratsjob habe das ebenso wenig etwas zu tun gehabt wie die Spenden . 

Um zu zeigen, wie eng die Freundschaft zwischen den beiden ist, liest der Anwalt eine Nachricht vor, die Stieglitz Strache nach seinem Rücktritt geschickt hatte: „Regeneriere dich im Kreise deiner Menschen, die dich wirklich lieb haben. Steh wieder auf. Ich hab dich lieb.“

Die Verhandlung ist auf sechs Prozesstage in den kommenden Wochen anberaumt. Ein Urteil wird für Sommer erwartet.


Frage Des Tages

Die Gebeine von zwei dieser drei Personen der Zeitgeschichte wurden posthum aus dem Grab gestohlen - welche beiden sind es?

1) Joseph Haydn

2) Maria Vetsera

3) Johann Nestroy

Auflösung von Freitag: 16 Prozent der Fläche Wiens wird landwirtschaftlich genutzt – und nicht fünf oder zehn.


Event Des Tages

Lisa Kiss

Musik

Oliver Welter, Musiker und Sänger der österreichischen Band Naked Lunch, verbündete sich zu diesem euphorisierenden Grenzgang zwischen Popsong und Kunstlied mit der Pianistin, Klang- und Performance-Künstlerin Clara Frühstück. Dargeboten wird Franz Schuberts „Winterreise“. (Sebastian Fasthuber)

Akademietheater, 20.00


Buchtipp

Mireille Ngosso & Faika El-Nagashi: Für alle, die hier sind

In ihrem Buch erzählen die beiden Politikerinnen von ihren politischen Erweckungserlebnissen, von den 1990er-Jahren, als der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider Rassismus salonfähig machte. Sie beschreiben auch ihre Ernüchterung, als sie hautnah erfuhren, wie die Mechanismen im Politbetrieb funktionieren und wie schwer es oft ist, die eigenen Ideen umzusetzen. „Für alle, die hier sind" gibt einen Eindruck, wie Politik hinter den Kulissen abläuft, und ist ein Mutmach-Buch für Menschen, die hier leben, denen die Politik aber noch zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. (Nina Horaczek)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Film Tipps

Michael Omasta

Der schlimmste Mensch der Welt

© Verleih

Die Liebe ist kein Zuckerschlecken: Julie schlingert in zwölf Kapiteln zwischen Prolog und Epilog durch die schwierige Lebensphase um die 30. Beziehungen beginnen und enden, Möglichkeiten eröffnen sich, und Chancen gehen vorüber. Die Familie kann so kompliziert sein wie die richtige Wahl des Studiums. Hochgelobte romantische Komödie mit feinem Gespür für diese Generation.

Regie: Joachim Trier, NOR/F/SWE/DK 2021


Blutsauger

In den pittoresken Ostseedünen des Jahres 1928 findet ein Marx-Lesekreis statt. Es treten auf: die verwöhnte Fabrikantentochter Octavia Flambow-Jansen, ihr persönlicher Assistent sowie ein falscher russischer Baron - in Wahrheit ein Schauspieler, der auf Stalins Geheiß aus Eisensteins Revolutionsfilm "Oktober" herausgeschnitten wurde. Als Bissspuren auftauchen, stellt sich die bange Frage: Saugen Kapitalisten tatsächlich Blut? Ein (leicht verfremdetes) Period Piece als ironisch-distanzierte Vampirkomödie, die Theoriediskurs, wörtlich genommene Marx’sche Metaphern und Humor verbindet.

Regie: Julian Radlmaier, D 2021


Dear Future Children

Gasmaske festzurren, Schutzbrille richten: Rayen, 23, steht an der Frontlinie der wütenden Straßenproteste der Arbeiterklasse in Santiago de Chile. Mittendrin: die Kamera von Jungregisseur Franz Böhm. In seiner Doku "Dear Future Children" porträtiert er drei junge Frauen in Chile, Hongkong und Uganda und deren Aktivismus. Gerechtigkeit, Demokratie und Klimaschutz - dafür gehen sie auf die Straße, dafür sind sie bereit, persönlich Opfer zu bringen. (Martin Nguyen)

Regie: Franz Böhm, D/GB/Ö 2021


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