GoStudent-Abzocke: 6.000 Euro für nicht konsumierte Nachhilfe - FALTER.morgen #377

Versendet am 29.07.2022

Eine Familie soll dem Startup GoStudent 6.000 Euro für Nachhilfe bezahlen, obwohl ihr Sohn nicht mehr zur Schule geht >> Vertriebene Forscherinnen, Teil II: Physikerin Anna Kosogor >> Wochenend-Events von Lisa Kiss >> Grundkurs Kochen: Im Rohr gebackene Schafskäsenudeln

Wetterkritik: Am Wochenende kühlt es deutlich ab: Am Samstag werden es maximal 23, am Sonntag maximal 26 Grad. Heute bleibt's aber noch sommerlich warm bei rund 31 Grad. Der Schwimmbadbesuch dürfte trotzdem ins Wasser fallen: Regen hat sich angekündigt.


Guten Morgen!

Hätten Sie mal 6.000 Euro übrig? Nein, Sie bekommen dafür nichts. Der Großteil von Ihnen wird vermutlich ungläubig den Kopf schütteln. Aber diese Summe hätte Christa an das Nachhilfe-Unternehmen GoStudent bezahlen sollen - obwohl ihr Sohn seit Juni nicht mehr zur Schule geht. Ja, sie hatte einen Vertrag unterzeichnet. Aber den hatten ihr die Mitarbeiter mit fragwürdigen Methoden angedreht (wir haben hier über die Methoden berichten) und jetzt wollen die Unternehmer sie nicht mehr rauslassen. Wie sie es dennoch schaffte, erzähle ich Ihnen gleich.

Meine Kollegin Anna Goldenberg stellt Ihnen heute die Physikerin Anna Kosogor vor, die aus der Ukraine fliehen musste, gerade als Ihre Forschung richtig Fahrt aufnahm. Im Grundkurs Kochen zeigen wir Ihnen ein trendiges Pasta-Rezept. Perfekt für einen Freitag-Abend. Und über die Wochenendplanung brauchen Sie sich auch keine Gedanken zu machen, denn Lisa Kiss hat wie immer die besten Event-Tipps für Sie.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Soraya Pechtl


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Profit bringende Geschäfte

Eine Familie soll 6.000 Euro für Nachhilfestunden an das Startup GoStudent bezahlen, obwohl ihr Sohn nicht mehr zur Schule geht. Erst als die Mutter eine Anwältin einschaltet, dreht sich die Situation.

Die Schule ist nichts für den 16-jährigen Maximilian*. Zwei Jahre vor der Matura bricht er das Gymnasium ab. Er will stattdessen eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker machen. Lehrlinge braucht das Land!

Seine Eltern unterstützen ihn bei der Entscheidung. Auch die Schule steht hinter dem Burschen. Nur einer spielt nicht mit: Das Nachhilfeunternehmen GoStudent will 6.000 Euro von seinen Eltern kassieren. Für Nachhilfestunden, die Maximilian nie in Anspruch nehmen wird. Wie kam es dazu?

Maximilians Mutter Christa hatte im März nach Möglichkeiten gesucht, wie sie ihren Sohn in der Schule unterstützen kann. Bei der Recherche ist sie auf die Lernplattform GoStudent gestoßen. Sie vereinbarte eine unverbindliche, kostenlose Probestunde. Daraufhin meldeten sich die Mitarbeiter immer wieder bei Christa. Mit Vehemenz unterbreiteten sie ihr ein Angebot: 12 Einheiten zu je 21,00 € im Monat. Die Vertragslaufzeit: 24 Monate. Das wäre das Beste für den Burschen.

Als Christa einen Vertrag zum Unterzeichnen anfordert, sendet ihr ein Mitarbeiter stattdessen die abgeschlossene Mitgliedschaft zu. 252 Euro gingen monatlich vom Konto der Familie ab. Die Geschäftsbedingungen bekam sie bis zu diesem Zeitpunkt nie zu Gesicht.

Das Startup GoStudent bietet auf einer digitalen Lernplattform Online-Nachhilfe-Abos an. © GoStudent

Noch denkt sich Christa nicht viel dabei. Ihr Sohn war zufrieden mit der Probestunde. Und er würde ohnehin noch mindestens zwei Jahre bis zur Matura brauchen. Im Juni ändert sich die Situation.

Als Schülerpraktikant sammelt der 16-Jährige seine erste Arbeitserfahrung in einer Autowerkstatt. Und das Hackeln gefällt ihm besser als die Schule. Als der Betrieb Maximilian einen Ausbildungsplatz anbietet, sagt er zu. Im August könne er anfangen. „Wir wollten ihn nicht zur Matura zwingen, sondern ihm beim Einstieg in das Berufsleben unterstützen”, sagt Christa.

Am 29. Juni schreibt die Mutter einer GoStudent Mitarbeiterin auf WhatsApp - die Kommunikation mit dem Unternehmen lief primär über den Messenger-Dienst: „Ich teilte ihr den Sachverhalt mit und bat sie, uns außerordentlich zum 31.07.2022 aus dem Vertrag zu entlassen.”. Die Mitarbeiterin entgegnet: „Prinzipiell besteht eine Bindung an die Vereinbarung.“ Aber sie werde mit ihrem Vorgesetzten sprechen. 

Einen Tag später füllt Christa das Kündigungsschreiben auf der Homepage aus. „Bis hierhin war ich noch zuversichtlich, dass man uns aus Kulanz entgegenkommen wird." GoStudent würde künftig schließlich keine Leistung mehr erbringen, für die Christa derzeit bezahlt. Aber von „Kulanz” spürt die Familie in den nächsten Wochen nichts. 

GoStudent bietet der Familie an, die Stunden zu reduzieren oder Max in Mechatronik zu unterrichten. Christa lehnt ab. Ein Lehrling kann sich schließlich Hilfe bei seinem Meister im Betrieb holen. Eine vorzeitige Kündigung kommt für das StartUp aber nicht infrage. Weder zum 31. Juli noch zu einem anderen Zeitpunkt.

„Nach Rücksprache mit meiner Vorgesetzten und Darlegung des Sachverhalts, können wir Ihrem Ansuchen nach außerordentlicher Kündigung leider nicht entsprechen. Ihre Kündigung bestätigen wir hiermit ordentlich und fristgerecht per 01.04.2024 (bei Pausierungen verschiebt sich das ordentliche Ende)”, schreibt eine Mitarbeiterin am 11. Juli. Die Familie können den Vertrag aber immer noch an jemand anderen verkaufen. Kein Einzelfall. Auf Willhaben und Ebay, versuchen Kunden immer wieder ihre Mitgliedschaften loszuwerden. „Meine Tochter hat GoStudent genutzt, aber leider vergessen, nach der Abi Prüfung rechtzeitig zu kündigen. (...)Wir haben 118 € im Monat bezahlt und würden den Vertrag zu einem Preis von 60 € im Monat an jemanden übergeben”, schreibt eine Kundin auf einer Online-Plattform.

Christa ist fassungslos: „GoStudent interessiert es überhaupt nicht, was unsere Beweggründe sind, um vorzeitig aus dieser Vereinbarung entlassen zu werden. Es geht ausschließlich um Profit”, sagt sie. 6.000 Euro müsste die Familie bis 2024 bezahlen. Für nichts. 

Erst als die Familie eine Anwältin einschaltet und GoStudent mit einer Klage droht, knickt das Unternehmen ein und stimmt der vorzeitigen Vertragsauflösung zu. Nicht ohne Grund. Die Anwältin hatte Christa gute Chancen ausgerechnet. Sie hat nie einen Vertrag unterzeichnet und die Mitarbeiter haben sie nicht auf die AGBs oder das Widerrufsrecht aufmerksam gemacht. Das ist in Österreich aber gesetzlich verpflichtend. 

FALTER.morgen wollte von dem StartUp wissen, warum es die gängige Praxis, Kunden vorzeitig aus ihrem Vertrag zu entlassen, wenn sie keine Leistungen mehr beziehen, bei einem Unternehmen, das mit leistbarer Nachhilfe und Unterstützung für Schüler wirbt, nicht gibt. Wir wollten wissen, warum GoStudent der Kundin erst entgegengekommen ist, als Christa mit einer Klage drohte. Und uns hätte interessiert, was sie zu dem Vorwurf sagen, dass sich Mitarbeiter nicht an gesetzliche Bestimmungen halten. Aber GoStudent reagiert nicht auf unsere Anfragen.

Das StartUp ist auch dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) bekannt. Man habe das Gefühl, dass Druck ausgeübt wird, um Geld zu verdienen, hieß es vom VKI im Juni.

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Globale Gefahr

Warum ist das 21. Jahrhundert so gefährlich geworden? Der bekannte Journalist, Historiker und Buchautor Raimund Löw analysiert in Welt in Bewegung die aktuelle Lage und erklärt die Umwälzungen der internationalen Politik, die in die Zeitenwende des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 mündeten.

Erhältlich auf faltershop.at


Stadtnachrichten

Heute beginnen Sanierungsarbeiten im Bereich des Kärntner Rings. Von der Akademiestraße bis zur Kärntner Straße kommt es deshalb zu Einschränkungen: Für den Straßenverkehr wird eine Fahrspur freigehalten. Die Haltestelle der Nachtbuslinie N71 am Kärntner Ring wird in die Nebenfahrbahn zur Haltestelle der Nachtbuslinie N66 verlegt. (geplantes Bauende Montag, 1. August)


Seit vergangenem Jahr leuchtet die Spitze des Stephansdom nachts in Gold. Nun wird die 36 Meter lange Himmelsleiter am Südturm abgebaut. Die Installation aus Aluminium war nur temporär, erklärte die Künstlerin Billi Thanner gegenüber dem Kurier. Weil die Leiter so beliebt war, soll im August eine Kopie am Dach des Schlosshotel Seefels am Wörthersee angebracht werden.

Das Original aus Wien wird ab September vom Turm der Lamberit-Kirche in Münster strahlen. 


Falter Radio

Der Transgenderdisput

Regenbogenparade in Wien © APA/EXPA/FLORIAN SCHROETTER

Warum löst die Frage wer Frau ist oder wer das nicht ist so starke Emotionen aus? Und wo stößt Gerechtigkeit in der Genderpolitik an die Grenzen der Toleranz? Darüber diskutieren die stellvertretende Obfrau des Frauenvolksbegehrens Claire Kardas, Frauenärztin Ulrike Kaufmann, Feministin Donjeta Krasniqi, Frauenschutzexpertin Rosa Logar und Falter-Redakteurin Katharina Kropshofer.

Ab Samstag hier zu hören.


Serie

Anna Goldenberg

„Ich wollte kein Flüchtling sein”

In der Ukraine schien die Karriere der Physikerin Anna Kosogor gerade richtig durchzustarten. Dann kam der Krieg.

Im Jänner wurde die 37-Jährige Leiterin einer Forschungsgruppe. Die studierte Physikerin arbeitete am Institut für Magnetismus an der staatlich finanzierten nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine. Es ist in Kiew, wo Kosogor aufwuchs und lebte.

Ein sechsköpfiges Team leitete Kosogor, ihr Spezialgebiet sind sogenannte Memorymetalle. Das sind Metalle, deren Form sich auf vorbestimmte Art und Weise ändert, wenn die Temperatur wechselt. Eingesetzt werden diese beispielsweise in der Medizin, um verengte Blutgefäße zu dehnen. Der Stent wird injiziert und vergrößert sich, weil die Körpertemperatur ihn erwärmt.

Anna Kosogor vor einem Messsystem zur Messung physikalischer Eigenschaften in Wien © Heribert Corn

Kosogors Arbeit war hauptsächlich theoretisch, sie berechnete, wie sich die Materialien veränderten. „Wir können das nicht an Menschen testen”, sagt sie. Das wäre zu gefährlich, die implantierten Hilfen müssen funktionieren. „Also müssen wir das voraussagen.” Empirie ist teurer als Theorie, die Forschung in der Ukraine notorisch unterfinanziert. Ein hoffnungsvoller Schritt war im Jänner geschehen, als für Kosogors Institut eine Förderung bewilligt worden war, um ein System zur Messung physikalischer Eigenschaften anzukaufen. Rund 400.000 Euro kostet so ein Gerät, das elektrische Leitfähigkeit, Magnetismus, Temperatur und andere Eigenschaften von Materialien messen kann. Dann kam der Krieg.

Am 24. Februar wurde Anna Kosogor um fünf Uhr morgens von Explosionen geweckt. „Ich nahm meinen Sohn in eine Hand, meinen Laptop in die andere”, sagt Kosogor. Iwan ist fünf Jahre alt. Zunächst flohen sie zu ihren Eltern, die in Hostomel wohnten, jener Stadt im Norden von Kiew, die neben dem Flughafen liegt und zu diesem Zeitpunkt heftig umkämpft war. Kosogor kehrte nach zwei Tagen nach Kiew zurück, suchte dann in einem Dorf nahe der zentralukrainischen Stadt Bila Zerkva Unterschlupf.

Der Krieg mag Menschen in die Flucht zwingen, die Wissenschaft verbindet sie. Bei einer Konferenz in Odessa im Vorjahr hatte Kosogor den österreichischen Physiker Dieter Süss kennengelernt. Er leitet eine Forschungsgruppe zur Physik Funktioneller Materialien am Institut für Physik der Universität Wien. Ihre Forschungsgebiete überschneiden sich leicht. Anfang März schickte Süss Kosogor einen Link. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hatte Stipendien mit einem Gesamtbudget von 520.000 Euro ausgeschrieben, damit ukrainische Forschende zwei Monate lang bezahlt bei österreichischen Gruppen andocken konnten. „Ich wollte kein Flüchtling sein”, sagt Kosogor. „Ich wollte arbeiten.” Sie bewarb sich.

Drei Wochen später ist Kosogor in Wien. Bis September hat sie nun eine bezahlte Stelle, das Erwin Schrödinger Institut für Mathematik und Physik sponsort sie für weitere vier Monate. Ihr Ehemann, der im Finanzbereich arbeitet, musste in Kiew bleiben; Iwan geht in den Kindergarten. Er spricht schon etwas Deutsch und liebt es, Leitungswasser zu trinken. In der Ukraine ist das nicht möglich. Untergekommen sind sie im niederösterreichischen Elternhaus von Süss.

„E=mc2” steht auf Kosogors Kaffeetasse, auf dem Schreibtisch in ihrem Büro an der Universität Wien ihr Laptop. Mehr braucht sie nicht, um zu arbeiten. „Remote ist für Theoretikerinnen wie mich leichter”, sagt Kosogor. Mit ihren Mitarbeitern in Kiew in Kontakt zu bleiben ist eine Herausforderung, die Luftalarme zwingen sie immer wieder in den Bunker. Einige konnten zudem bei der Flucht ihre Laptops nicht mitnehmen, weil sie diese im Institut gelassen hatten. 

Kosogor plant nun Kollaborationsprojekte mit dem Wiener Institut. Im Keller steht ein System zur Messung physikalischer Eigenschaften, jenes Gerät, das sich Kosogor in Kiew kaufen wollte. Vielleicht gelingt es nach dem Krieg.


Frage Des Tages

1816 staunte ganz Wien über die mit Gas beleuchtete Apotheke „Zum goldenen Löwen". Der Brennstoff setzte sich in der Straßenbeleuchtung durch - bis elektrische Lampen das Gas ablösten. In welchem Jahr erlosch die letzte Gaslaterne in der Stadt?

1. 1890

2. 1931

3. 1962

WStLA, Kartographische Sammlung - Sammelbestand

Auflösung von gestern: In der Wiener Votivkirche stehen drei Orgeln. Die Walcker-Orgel auf der Empore über dem Haupttor, die neue Chororgel vorne im rechten Seitenschiff und die alte Chororgel im Kapellenkranz. Noch ein Erratum zur gestrigen Auflösung: Adolf Loos starb natürlich nicht 1870 - in diesem Jahr wurde er geboren - sondern 1933.


Wochenend Events

Lisa Kiss

Musik

Seit gestern ist der Karlsplatz wieder Spielort für das Popfest Wien. Die Journalistin Dalia Ahmed und der Musiker Andreas Spechtl haben das äußerst facettenreiche Programm des bei freiem Eintritt veranstalteten Musikfestivals zusammengestellt. Auf der Open-Air-Hauptbühne geht es heute um 17 Uhr los; mit Ebow, Crack Ignaz und Kamp steht der Hip-Hop im Zentrum. Einen ausführlichen Überblick und Empfehlungen zum 13. Popfest  lesen Sie in der Titelgeschichte der aktuellen Falter:Woche. 

Karlsplatz und Umgebung, Fr ab 16.00, Sa ab 15.00, So ab 16.00

Angesichts der anhaltenden Hitze ist Reggae eine gute Musikoption. Im Rahmen der Afrika Tage auf der Donauinsel konzertiert am Sonntag ein waschechter Marley. Damian Marley ist der jüngste Sohn von Reggae-Legende Bob Marley (1945–1981). Der Junior lebt nicht nur vom Namen des Vaters, er hat auch selbst schöne Alben veröffentlicht – darunter eine Zusammenarbeit mit US-Rapper Nas. (Sebastian Fasthuber)

Donauinsel / Floridsdorfer Brücke, So 18.00


Theater

Welch schöner Satz: „Kann die Welt bitte aufhören, mir entgegenzuexistieren?“ Der Anlass ist allerdings alles andere als schön – eine Depression nämlich. Was das bedeutet, versteht das Umfeld oft nicht. In seinem Solostück „Morgen ist leider auch noch ein Tag“ gestattet der charismatische Schauspieler Roman Blumenschein dem Erzähler viel Selbstironie. Da er bereits von einem Weg der Besserung aus spricht, dominiert ein Gefühl der Ermutigung. (Martin Pesl)

Naschmarkt, So 18.30


Buchtipp

Isabel Allende: Violeta

Als Violeta kopfvoran auf den Boden knallt und das Licht der Welt erblickt, steht Chile unter Quarantäne. Es ist das Jahr 1920. Eine Seuche, über die zunächst spanische Zeitungen berichtet hatten, fordert auch in Südamerika unzählige Opfer. Violeta ist das einzige Mädchen der Familie, ein „mit seinem Gebrüll die Wände erschütterndes Gör".

Zwei Pandemien bilden die erzählerische Klammer von Isabel Allendes Briefroman „Violeta". Als Hundertjährige erahnt Violeta ihren baldigen Tod und adressiert ihren Enkel Camilo. Sie vermacht ihm die verborgene, schmutzige und berührende Familiengeschichte. „Mein Leben ist es wert, erzählt zu werden, was weniger an meinen tugendhaften als an meinen sündigen Taten liegt, von denen Du viele nicht ahnst", schreibt Violeta. Die Sünde ist der rote Faden ihres 400 Buchseiten zählenden Briefes.

Im Plauderton bleibt der Roman romantisch-beliebig, stoppelt Erdbeben, Pandemie und Kubakrise zusammen und scheitert an der Fülle der Ereignisse. Zum runden Geburtstag liefert die große Lateinamerika-Chronistin Isabel Allende die passende Lektüre für den Liegestuhl, der große Wurf gelingt ihr nicht. (Lina Paulitsch)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Grundkurs Kochen

Keine Angst vor dem Kulturschock, wir kochen Nudeln à la TikTok!

© Archiv

Weil wir Falter-Kombüsenköchinnen bekennende Slow-Food-Anhängerinnen sind, lassen wir viele Züge vorbeifahren, ehe wir dann doch aufspringen.

So ließen wir auch den letzten Tik-Tok-Hype, die Baked Feta Pasta - zu Deutsch im Rohr gebackene Schafskäsenudeln - mehrfach vorüberziehen, ehe wir - slowly slowly - entschieden, doch noch einzusteigen.

Letzten Endes muss man zugeben, dass das Gericht leider zu geil ist, um es gänzlich zu ignorieren - der eigenen Würde wegen bereiten wir es wenigstens azyklisch zur Masseneuphorie zu.

Und ehe wir uns die Kochschürze umbinden, noch kurz die Geilheit der Baked Feta Pasta erklärt: Es ist das perfekte Essen für Homeoffice-geplagte Multitasker – schnell, watscheneinfach und obendrein ein echter Seelenstreichler, der sich garantiert schützend in weichen Polstern an die äußere Hülle legt.

Doch lasset uns nun zur Tat schreiten: Ofen auf 190 Grad Umluft vorheizen. Ein halbes Kilo Cherryparadeiser in eine feuerfeste Form geben. (In Hinblick auf das Abwaschen lohnt es sich, den Boden der Form zuerst mit etwas Olivenöl einzulassen.)

Nach eigenem Ermessen einige Knoblauchzehen über den Cherrys zerdrücken, ein paar feingehackte Chilis dazu. Salzen, pfeffern. Nun den Feta – vorzugsweise einen im Kräutermantel – mittig auf die Tomaten legen, alles großzügig mit Olivenöl beträufeln und ab in den Ofen, wo das Ganze 20 Minuten bäckt.

In der Zwischenzeit Pasta al dente kochen.

Ist die Haut der Paradeiser runzelig und der Feta leicht gebräunt, ist das Ziel erreicht. Raus aus dem Rohr, alles mit einer Gabel zerdrücken und vermischen, Nudeln dazu, ein paar gehackte Blätter frisches Basilikum drüber. Fertig.

Der Text stammt aus der Serie „Grundkurs kochen". Das gleichnamige Büchlein von Christopher Wurmdobler (Falter Verlag, 112 Seiten, 4,90 Euro) ist im faltershop erhältlich.


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