Die Börsengeschäfte der Wien Energie - FALTER.morgen #404

Versendet am 07.09.2022

Nach der Milliarden-Schieflage der Wien Energie: Co-Geschäftsführer Michael Strebl über die Termingeschäfte des Unternehmens >> 4.000 vertriebene Kinder und Jugendliche aus der Ukraine gehen in Wien zur Schule: Wie läuft es für sie? >> Film-Tipps von Michael Omasta

Wetterkritik: Wir haben gestern den Ausklang des Sommers angekündigt, heute wagt er aber noch ein kurzes Comeback. Es wird schwül und sonnig bei 27 Grad.


Guten Morgen!

Etwas mehr als eine Woche ist es jetzt her, seit die Wien Energie von einem Tag auf den anderen in derartige Finanzschwierigkeiten kam, dass der Bund zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellen musste, um das Unternehmen vor akuter Zahlungsunfähigkeit zu retten. Grund: So genannte Termingeschäfte an der Strombörse Leipzig, die aufgrund sprunghaft steigender Preise außer Kontrolle geraten waren.

Was da genau passiert ist, muss erst ermittelt werden. Der Bundesrechnungshof nimmt die Angelegenheiten jedenfalls ebenso unter die Lupe (aus eigenem Antrieb) wie der Wiener Stadtrechnungshof (mit einem Prüfauftrag aus der Feder der Rathaus-SPÖ) – ob die beiden Behörden zu den gleichen Ergebnissen kommen? Das könnte noch spannend werden, wird aber einige Zeit dauern.

Die politische Bewertung ist aber jetzt schon klar. Nur soviel: Die SPÖ, die mit Unschuldsmiene fragt, was die ganze Aufregung soll und wie man überhaupt das Wort „Spekulation“ in den Mund nehmen könne, ist dabei eindeutig in der Minderheitenposition.

Für den Falter haben sich Eva Konzett und Josef Redl die Sache nochmals genau angeschaut. Ihre Einschätzung in wenigen Worten: Finanzmarkthasardeure waren die Manager der Wien Energie nicht. Termingeschäfte sind in der Branche tatsächlich gang und gäbe, und sie können dazu dienen, Preise langfristig berechenbar zu machen. Die Wiener gingen dabei aber zuletzt ein Risiko ein, von dem sie bereits wussten, dass es nicht mehr überschaubar war. Und das bereits im Juli so eskaliert war, dass die Stadt kurzfristig 700 Millionen Euro zuschießen musste.

„Eine Einschätzung der künftigen Marktentwicklung ist aufgrund der instabilen Lage an den Märkten komplex bis kaum möglich“, heißt es im Darlehensantrag, der dem Falter vorliegt. Das Ganz wurde übrigens unter der sprichwörtlichen Tuchent abgehandelt, da können Bürgermeister Michael Ludwig & Co. noch so oft von einem vorausschauend aufgespannten „Rettungsschirm“ schwadronieren und darauf verweisen, dass inzwischen auch in anderen Ländern Energieversorger in ähnliche Bredouillen geraten sind.

Dass die ÖVP, die Grünen und die FPÖ daraus politisches Kleingeld zu schlagen versuchten, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Abgesehen davon gilt aber auch das, was Michael Strebl – einer der beiden Geschäftsführer der Wien Energie – sagt: „Es ist ein kompliziertes Geschäft.“ Das Interview, in dem er als einer der verantwortlichen Manager endlich einmal nachvollziehbar erklärt, was ein verstadtlichtes Unternehmen eigentlich an einer Börse zu suchen hat, ist Teil einer umfassenden Geschichte im heute erscheinenden Falter (zum gesamten Text hinter der Bezahlschranke geht es hier).

Außerdem: Soraya Pechtl hat sich angesehen, wie für vertriebene ukrainische Schülerinnen und Schüler der Schulstart in Österreich läuft. Und Michael Omasta versorgt Sie wie jeden Mittwoch mit den besten Kinotipps.

Einen schönen Tag wünscht Ihnen

Martin Staudinger

Übrigens: Heute nachmittag gibt's eine Premiere: Die erste Ausgabe von Kind in Wien erscheint – das ist der neue Falter-Newsletter für alle, die in Wien mit Kindern im Alter von null bis zwölf Jahren zu tun haben. Wer sich unter falter.at/kinder anmeldet, bekommt ihn ab sofort jeden Mittwoch kostenlos in die Mailbox.


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„Wir verkaufen die Leistung unserer Kraftwerke zwei Jahre im Voraus“

Wien Energie-Geschäftsführer Michael Strebl über die umstrittenen Termingeschäfte des städtischen Strom- und Gasversorgers.

von Josef Redl & Eva Konzett

Falter: Herr Strebl, Ihr Aufsichtsratschef sagt, die Wien Energie habe nicht spekuliert. Sie sagen, die Wien Energie habe nicht spekuliert. Was genau machen Sie an der Börse?

Michael Strebl: Wir sind ein Unternehmen im öffentlichen Eigentum, deswegen fahren wir auch eine extrem risikoarme Strategie. Wir sind nicht an der Börse, um zu spekulieren, sondern um unseren Kunden Preisstabilität zu garantieren.

Sie verkaufen Strom, den Sie noch gar nicht produziert haben.

Strebl: Ja, wir verkaufen die Leistung unserer Kraftwerke zwei Jahre im Voraus. Aber nur zu einem einzigen Zweck: um Preisstabilität zu gewinnen. Es ist ein kompliziertes Geschäft.

„Ich war immer ein Verfechter der Marktliberalisierung, aber die Märkte spielen momentan verrückt“, sagt Wien Energie-Geschäftsführer Michael Strebl © FALTER/Heribert Corn

Gibt es einen Druck, an der Börse eine bestimmte Performance zu machen?

Strebl: Nein. Gibt es nicht. Unsere Termingeschäfte dienen ausschließlich der Absicherung. Wenn ich heute Gas für das erste Quartal 2023 einkaufe, verkaufe ich gleichzeitig auch Strom für das erste Quartal 2023. Nur wenn ich beide Positionen kenne, kann ich einen Preis für meine Kunden errechnen. Wenn ich zwar das Gas kaufe, aber den Strom nicht vorab verkaufe, werde ich im ersten Quartal vom Strompreis überrascht.

Wie viele solcher Termingeschäfte schließen Sie ab?

Strebl: Das sind tausende und abertausende einzelne Transaktionen. Wir verkaufen ja Strom nicht nur für ganze Kalenderjahre oder Quartale, sondern auch tagesaktuell.

Laut Geschäftsbericht hatte die Wien Energie schon im Jahr 2021 kurzfristige Verbindlichkeiten aus Finanzderivaten von mehr als vier Milliarden Euro. 2020 waren es nicht einmal 670 Millionen Euro. Wie ist es zu dieser gewaltigen Steigerung gekommen?

Strebl: Das sind im Wesentlichen die allgemeinen Preissteigerungen. Deswegen sind ja auf der anderen Seite auch die Vermögenswerte auf über 3,8 Milliarden Euro gestiegen. Man hat schon im Jahr 2021 gesehen, dass die hohen Strompreise das Ausmaß der Kautionen auf mehrere Milliarden Euro geschraubt haben. Das ist ganz wichtig: Das sind Kautionen, die zurückgezahlt werden, sobald das Geschäft abgewickelt ist. Das sind keine Verluste.

Aber die Summen sind enorm. Haben Sie nicht überlegt, ganz aus dem Markt auszusteigen?

Strebl: Wir haben natürlich gesehen, dass die Börsenpreise steigen und dass damit auch die Sicherheitsleistungen steigen. Was wären unsere Alternativen gewesen? Wenn ich am Spotmarkt zu tagesaktuellen Kursen handle, ist das Preisrisiko enorm. Das hat man am Freitag mit Strompreisen von 1000 Euro gesehen. Bei solchen Schwankungen kann ich meinen Kunden keine Preise garantieren.

Sie hätten over the counter, also direkt an einen Abnehmer, verkaufen können.

Strebl: Genau. Wir hätten OTC-Geschäfte machen können. Dann hätten wir zwar keine Kaution bezahlen müssen, dafür aber ein ganz anderes Risiko in Kauf genommen. Fällt mein Handelspartner um, dann habe ich ganz real einen Verlust eingefahren. Bei der Pleite von Enron 2001 oder Lehman Brothers 2008 sind auf diese Weise viele auf die Schnauze gefallen.

Hat der Handel an der Börse derzeit überhaupt noch Sinn?

Strebl: Ich bin seit 28 Jahren in der Energiewirtschaft. Ich war immer ein Verfechter der Marktliberalisierung, aber die Märkte spielen momentan verrückt. Dieses europäische Strommarktsystem wurde nicht für eine Situation geschaffen, wie wir sie gerade haben. Dieses System hat bei der Liberalisierung viele Vorteile gebracht, es hat auch jahrelang billige Preise für die Kunden gebracht. Aber jetzt passt es nicht mehr.

Woran machen Sie das fest?

Strebl: Wir haben am Montag 1,77 Milliarden Euro an Kautionen hinterlegen müssen. Am Dienstag haben wir 800 Millionen zurückbekommen, am Mittwoch noch einmal 530 Millionen. Inzwischen haben wir nicht nur die ganzen 1,77 Milliarden zurück, sondern waren Ende letzter Woche 158 Millionen Euro im Plus. Ich frage Sie: Ist das ein normales Marktmodell, wenn ich für die Versorgungssicherheit der Wiener garantieren soll?

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"Die Geschichte über Teenager-Träume, migrantische Identitätssuche und die Macht von Social Media ist selbstironisch, rührend, lustig und vor allem eines: wahr." (Orf.at)

SONNE von Kurdwin Ayub – Gewinnerin des Preises für den besten Erstlingsfilm auf der diesjährigen Berlinale und anschließend Eröffnungsfilm der Diagonale!

Freitag, 9. September, 20:00 – Kinostartpremiere & anschließendes Gespräch mit Regisseurin Kurdwin Ayub im Wiener Stadtkino. Tickets hier.

Ab 9. September nur im Kino.


Stadtnachrichten

Am Dienstag haben es die Stadtstraßen-Aktivisten schon wieder getan: Um 4 Uhr morgens ketteten sich fünf Personen an Zuggleise beim Bahnhof Hirschstetten, einige Stunden später besetzten drei weitere Aktivisten S-Bahn-Gleise in der Hausfeldstraße. Umweltschützer, die Öffis blockieren? Das ist nicht ganz so absurd, wie es im ersten Moment klingt. 

Aktivisten ketteten sich gestern an Zuggleise in der Donaustadt © System Change not Climate Change

Seit Dienstag werden auf der Strecke der Marchegger Ostbahn zwischen Wien Stadlau und Marchegg Zugverbindungen vorübergehend unterbrochen bzw. umgeleitet (wir haben berichtet, mehr Infos finden Sie hier). Der Grund für die Unterbrechungen sind Bauarbeiten für die Stadtstraße. Ein Skandal, finden die Aktivisten. „Mitten in der Energiekrise werden Öffis abgebaut, um den Autoverkehr weiter auszubauen”, sagt Lucia Steinwender von System Change, not Climate Change.

Lange hielt die Blockade aber nicht an. Gegen halb 8 hatte die Polizei die Gleise wieder geräumt. Auswirkungen für den Öffi-Verkehr hatte die Besetzung nicht, da aufgrund der geplanten Bauarbeiten ohnehin ein Schienenersatzverkehr der ÖBB unterwegs war.


Stadtgeschichten

Soraya Pechtl

Verständnislosigkeit am ersten Schultag

4.000 ukrainische Kinder und Jugendliche besuchen seit Ausbruch des Krieges Schulen in Wien. Das Bildungssystem ist darauf nicht immer optimal vorbereitet. 

Alles verstanden haben Oksana Lytvynyshyn und ihre Kinder nach dem ersten Schultag noch nicht. Das liegt aber nicht daran, dass die ukrainische Familie kaum Deutsch spricht. Die Mutter hat haufenweise Zettel von den Lehrern mitbekommen. Darunter sehr detaillierte Einkaufslisten. „Warum ein Umschlag blau und der andere rot sein muss, habe ich noch nicht durchblickt”, sagt sie. Was die Kürzel GU, BSP und WE auf dem Stundenplan des zehnjährigen Yurii bedeuten, weiß sie auch nicht: „Das hat uns noch niemand erklärt. Aber das werde ich morgen erfragen.”

Oksana, ihre Kinder und deren Großmutter sind Ende Februar von Lviv im Westen der Ukraine nach Wien geflüchtet. Oksana betont mehrmals, wie dankbar sie ist, dass Österreich viele Ukrainer freundlich aufgenommen hat. Aber die Bürokratie im Land raubt ihr dennoch viele Nerven.

Oksana Lytvynyshyn und ihre Kinder Yurii und Daryna am Montag nach dem ersten Schultag © FALTER/Pechtl

Nach ihrer Ankunft vor sechs Monaten lebte die Familie vorübergehend in einem Hotel nahe der Innenstadt. Die Kinder Yurii und Daryna besuchten eine Schule im 3. Bezirk. Als sie nach ein paar Wochen eine neue Bleibe am anderen Ende der Stadt in Liesing fanden, pendelte Oksana und mit den beiden jeden Morgen knapp eine Stunde in die Schule. Vor allem Yurii als Jüngeren erschöpfte die lange Fahrt. Oksana begann, Schulen in der Nähe ihrer neuen Wohnung zu suchen. Auch die Lehrer und ihre Vermieter fragten bei verschiedenen Bildungseinrichtungen an.

Es dauerte nicht lange, bis sie zwei Standorte gefunden hatten, die bereit waren, die Kinder aufzunehmen. Aber so einfach ging es nicht. „Das muss alles über die Bildungsdirektion laufen. Es war ein sehr langer Prozess mit vielen Mails. Bis zum 29. August wusste ich nicht, wo meine Kinder zur Schule gehen würden und wann diese anfängt”, sagt Oksana. Aber die Mutter ist froh, dass ihre Kinder am Montag überhaupt ihre Schultaschen packen konnten. die Cousinen der beiden hatten bis Montag weder einen Schulplatz, noch eine Benachrichtigung von der Bildungsdirektion. 

4.000 ukrainische Kinder wurden seit Kriegsbeginn im Februar bereits in Wien eingeschult (die Stadt erwartet, dass noch mehr kommen werden). Zur Unterstützung wurden 34 ukrainische Lehrerinnen und Lehrer eingestellt. Eine von ihnen ist Elina Pivovarcsuk. Sie unterrichtet eine sogenannte KSDU-Klasse mit ungefähr 20 ukrainische Schülerinnen und Schülern (wie viele es genau sein werden, wusste die Schule bis Montag nicht) in der Gesamtschule Campus Landstraße.

Die Abkürzung KSDU steht für Klasse mit Schwerpunkt Deutsch und Ukrainisch. „Diese Kinder bekommen 15 Stunden Intensivförderung, den übrigen Unterricht verbringen sie in den Regelklassen”, sagt Direktorin Elke Zach. Pivovarcsuk kann den Stoff von Deutsch auf Ukrainisch und umgekehrt übersetzen. Die Kinder sollen die Lerninhalte so besser verstehen. Aber nicht an allen Schulen gibt es solche Förderklassen. Es fehlt Personal. Die Stadt fordert daher vom Bund ein weiteres Lehrerkontingent.

Yurii und Daryna werden das Schuljahr gemeinsam mit den deutschsprachigen Kindern in den Regelklassen verbringen. Mutter Oksana nimmt das gelassen: „Vielleicht lernen sie dann noch schneller Deutsch”. Die Bildungsdirektion versichert, dass es für alle ukrainische Schüler zusätzliche Sprach-Förderstunden geben werde.


Frage Des Tages

Welche Tiere durften im Schönbrunner Zoo anfangs nicht gehalten werden?

1) Reptilien

2) Fleischfresser

3) Nutztiere

Auflösung von gestern: Hasenbalgkrämerinnen waren weder Hebammen für Kaninchen, noch züchteten sie Haustiere – sie verkauften die Häute von Hasen.


Event Des Tages

Lisa Kiss

Literatur

Da die Geschichtsschreibung von Punk bislang stark männlich dominiert ist, war „Die Rache der She-Punks” überfällig. So heißt die feministische Abrechnung damit, die die Postpunk-Pionierin und Musikjournalistin Vivien Goldman geschrieben hat. Entlang vier Themenfeldern – Identität, Geld, Liebe und Protest – begibt sie sich in ihrem Buch auf die Suche nach „empowernden” Momenten, die Punk speziell für Frauen birgt. Goldman, deren Eltern aus Nazi-Deutschland nach London geflüchtet waren und die Deutsch spricht, liest in Wien und wird bestimmt auch Musikbeispiele mitbringen. (Sebastian Fasthuber)

School, 19.00


Buchtipp

Lisa Eckhart: Boum

Jetzt hat Lisa Eckhart also einen Krimi vorgelegt. Oder ist das Fantasy? Jedenfalls ist wieder was passiert, in Paris. Am Centre Pompidou hängt ein Straßenmusiker, festgezurrt an den bunten Rohren der Fassade. Als einem Touristen Blut auf die Glatze tropft, ist klar, dass es sich nicht um eine installative Performance handelt. Nein, hier wurde gemordet, und das schon zum wiederholten Male.

Eckharts Roman „Boum“ kreist in wirren Handlungssträngen um einen Serienmörder. „Le Maestro Massacreur“ tauft ihn die Presse der französischen Hauptstadt, die Bevölkerung habe sehnlichst auf ihn gewartet. Endlich Mord, endlich Aufregung! Und dann sind die Opfer auch noch Musikanten. Welch Freude für die kulturverliebten Franzosen!

In diesen banalen Plot führt Eckhart drei Macho-Kommissare und eine weibliche Hauptfigur aus Leoben ein. Aloisia ist weder dick noch dünn, weder intelligent noch dumm, sondern einfach nur langweilig. Sie macht sich selten Gedanken über irgendetwas, hat keinen eigenen Willen und kommt nach Paris, weil da ein Mann auf sie wartet. Romains zehn Quadratmeter große Wohnung (die Witze über die winzigen Appartements gehören zu den besseren dieses Buchs) ist so eng, dass allein Sex die Möglichkeit bietet, sich aus dem Weg zu gehen. Aber, évidemment, Romain ist ein Filou, ein betrügender Casanova, der täglich eine andere „Nana“ in sein Bett schleppt. Weil ihre Eltern das Haus in Leoben schon verkauft haben, bleibt Aloisia in Paris und rennt in die Arme der bösen Bettelmafia … (Lina Paulitsch)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Film Tipps

Michael Omasta

Freibad

Andrea Sawatzki und Maria Happel in „Deutschlands einzigem Frauenfreibad" © Verleih

Doris Dörries Sommerkomödie aus „Deutschlands einzigem Frauenfreibad" will viel unter einen Hut bringen: Altershäme und Körperscham, Rassismus und Doppelmoral. Genüsslich prallen Vorurteile und Klischees der liebevoll überzeichneten Figuren aufeinander, um mit humorvollem Ton weibliches Körperbewusstsein und individuelle Freiheit zu thematisieren. Das spielfreudige Ensemble (u.a. Andrea Sawatzki, Maria Happel, Lisa Wagner) giftelt unterhaltsam in alle Richtungen und dass von der woken Postfeministin bis zur arabischen Designermuslimin alle ihre Watschen abbekommen, ist grundsympathisch. Das Miteinander ist auszuverhandeln und kann ja nicht so schlecht sein, wenn am Ende jede sein darf, was sie will. (Martin Nguyen)

Regie: Doris Dörrie, D 2022


Meine Stunden mit Leo

Eine verwitwete Religionslehrerin bucht einen Callboy, um einmal im Leben richtig Sex zu haben. Doch wie kriegt man 31 lustlose Ehejahre und Begriffe wie „Konkupiszenz" aus dem Kopf? Sophie Hydes Kammerspiel „Meine Stunden mit Leo" ist so lustig wie beklemmend; es verlässt kaum mal das anonyme Hotelzimmer, sondern fokussiert auf seine beiden Darsteller, den schnuckelig professionellen Daryl McCormack und die wie immer fabelhafte Emma Thompson. Eine Lektion in Intimität. (Michael Omasta)

Regie: Sophie Hyde, GB 2022


Die Zeit, die wir teilen

Die erfolgreiche Pariser Verlegerin Joan (Isabelle Huppert) zieht sich in ihr Landhaus zurück und lässt ihr (Liebes-)Leben Revue passieren. Indessen erhält sie unerwartet Besuch von ihrem Sohn und einem exzentrischen deutschen Autor. „Was in der Realität der erinnernde Tagtraum, ist im Kino die Rückblende - ein Stilmittel, aus dem dies hübsche Melodram hauptsächlich besteht. Mit viel Sinn für das Komische und Poetische, fein durchsetzt mit tänzerischen, surrealen Szenen, zeichnet Laurent Larivière das Porträt einer Frau voll melancholischer Lebendigkeit" (Sabina Zeithammer).

Regie: Laurent Larivière, F/IRL/D 2021


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