Erdogan-Partys in Wien: "Symbiose zwischen Islamismus und Rechtsextremismus" - FALTER.morgen #582

Versendet am 31.05.2023

Der Soziologe Kenan Güngör über die Erdoğan-Siegesfeiern in Wien >> Vor Gericht: Das Geschäft mit gefälschten Corona-Impfzertifikaten >> Film-Tipps von Michael Omasta

Wetterkritik: Wenn Sie heuer noch nicht im Freibad oder an einem Wildbadeplatz waren (wir hätten da ein paar Tipps für Sie), sollten Sie das in den kommenden Tagen nachholen. Es wird nämlich sommerlich warm. Heute 25 Grad und viel Sonnenschein, nur leichter Wind sorgt zwischendurch für Abkühlung.


Guten Morgen!

Es war ein einigermaßen befremdliches Bild, das sich am Sonntagabend rund um den Reumannplatz in Favoriten bot: Hunderte Personen bejubelten dort den Wahlsieg des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan – mit Sprechchören und Autokorsos, aber auch mit Allahu-Akbar-Rufen und Symbolen der rechtsextremen „Grauen Wölfe“.

Die Reaktionen der österreichischen Politik waren erwartbar: FPÖ und ÖVP verkünden den sprichwörtlichen Untergang des Abendlandes, die SPÖ kalmiert – „laut“, aber „friedlich“ seien die Feiern gewesen, so Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, möglichen Verwaltungsübertretungen werde nachgegangen. Abgesehen davon: Kein Kommentar, man würde sich Kommentare aus dem Ausland zu einer Wahl auch gegenüber Österreich verbitten.

Eine gehaltvollere Einschätzung als alle Politiker zusammen hat in derartigen Situationen erfahrungsgemäß der Soziologe Kenan Güngör, der selbst im kurdischen Teil der Türkei geboren wurde, in Deutschland aufwuchs und seit 2007 in Österreich tätig ist. Wir haben ihn deshalb gefragt, welche Rückschlüsse aus den Szenen in Favoriten für das größere Bild zu ziehen sind. Das Interview lesen Sie gleich unten.

Außerdem im heutigen FALTER.morgen: Soraya Pechtl hat eine Gerichtsverhandlung besucht, in der es um den Verkauf gefälschter Corona-Impfzertifikate (unter anderem an Politiker) ging. Im zweiten Teil unserer Serie über unsichtbare Barrieren für Menschen mit Behinderung geht es um die Schwierigkeiten von Menschen mit Lernschwierigkeiten, sich in der Stadt zu bewegen. Und Michael Omasta hat wie jede Woche die besten Kinotipps für Sie.

Einen schönen Tag wünscht

Martin Staudinger


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„Das Problem ist nicht der Jubel, sondern die Ideologie“

Der Soziologe und Integrationsexperte Kenan Güngör über das wirklich Problematische an den Siegesfeiern für Recep Tayyip Erdoğan in Wien.

Sieht in den Jubelfeiern die Manifestation einer „Symbiose zwischen Islamismus und Rechtsextremismus“: Soziologe Kenan Güngör (© Magdalena Possert)

FALTER.morgen: Hunderte junge Türken, die den Wahlsieg Erdoğan bejubeln – was soll man davon halten?

Güngör: Wenn mehrere hundert junge Menschen in Favoriten ein Wahlergebnis lautstark aber friedlich feiern, halte ich das per se für relativ harmlos: Das ist sozialpsychologisch in etwa so, wie wenn man sich über den Sieg eines Fußballvereins freut. Hätte die Opposition in der Türkei gewonnen, gäbe es vermutlich weniger oder vielleicht gar keine Aufregung. Das Problem in diesem Fall ist aber nicht der Jubel, sondern die Ideologie dahinter – eine Symbiose zwischen Islamismus und Rechtsextremismus, die sich dabei zeigt.

Woher kommt die?

Aus der türkischen Regierungsallianz zwischen Erdoğans AKP und der ultranationalistischen bis -extremen MHP. Durch diese Symbiose wird die religiös-konservative AKP immer mehr und mehr vom der rechtsextremen Ideologie der Grauen Wölfe durchtränkt. Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung. Die Begeisterung dafür bekommen Jugendliche hier von ihren Eltern und über die omnipräsenten, regierungsnah-gleichgeschalteten türkischen Medien vermittelt.

Warum spielt die türkische Innenpolitik überhaupt so eine große Rolle bei Menschen, die vielfach schon seit Jahren oder Jahrzehnten im Ausland leben?

Grundsätzlich muss man sich bewusst sein, dass es auf jede Diaspora durchschlägt, wenn die Situation in ihrem Herkunftsland massiv konfliktbeladen ist. Würde Österreich am Rande einer Diktatur stehen, würden sich auch die Auslandsösterreicher intensiv mit der Lage beschäftigen und den Vorgängen in ihrem Herkunftsland identifizieren. Wenn in der Türkei normale Verhältnisse herrschen würden, wäre auch die Identifikation der im Ausland lebenden Türken mit den innenpolitischen Verhältnissen weitaus geringer. 

Im Unterschied zur Diaspora zu anderen westlichen Ländern ist bei den Austro-Türken die Identifikation mit dem immer autoritäreren Regime in ihrem Heimatland besonders hoch. Warum eigentlich? 

Österreich ist eines der Länder, die in den 1960er-Jahren klassische Anwerbepolitik für Gastarbeiter verfolgte. Gekommen sind vor allem Menschen aus ländlich-traditionellen, religiös-konservativen Gegenden. Ähnlich war das etwa in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Frankreich. Auch dort wählen die türkischen Communities ganz klar Erdoğan. Großbritannien hat aufgrund der englischen Sprache sehr viele Bildungsschichten aus der Türkei angezogen. In der Schweiz gibt es einen hohen Anteil von Kurden und Aleviten, die aus politischen Gründen geflüchtet sind. In diesen Ländern hat die Opposition gewonnen. Österreich darf bloß nicht den Fehler machen, es als gegeben hinzunehmen, dass hier so viele Menschen für Erdoğan gewählt haben – man muss daraus Schlüsse ziehen und reagieren.

Wie?

Zunächst einmal, indem man die Debatte nicht so reflexhaft führt wie bisher – in Österreich tendieren Öffentlichkeit und Politik dazu, sich entweder blindlings über die türkischstämmige Bevölkerung zu empören oder islamistisch-rechtsextremen Kreise zu hofieren und offenkundige Missstände auszublenden. Erstens sollte man die Austro-Türken nicht als Stiefkinder der Gesellschaft betrachten: Wer sich nicht als zugehörig fühlt, lässt sich auch nicht emotional einbinden. Das bedeutet gleichzeitig aber einen konstruktiv-kritischen Dialog – Konflikte an- und auszusprechen gehört zur Anerkennung dazu. Das schließt die selbstkritische Frage der türkischen Communities ein, warum sie bei den Österreichern ein derart negatives Image haben und was sie möglicherweise selbst dazu beitragen. Zweitens müsste die liberale und moderat-konservative Diaspora, die es auch gibt, weitaus aktiver in den Dialog einbezogen werden. Und drittens sollte sich Österreich fragen, ob es nicht auch am Versagen der Schul- und Bildungsstrukturen liegt, dass Menschen, die in dritter Generation hier leben, ein so geringes Demokratiebewusstsein haben.

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Starke Unterstützung für erfolgreichen Export!

Damit noch mehr Betriebe mit ihren Produkten und Dienstleistungen auf internationalen Märkten erfolgreich sein können, unterstützt die Internationalisierungsoffensive go-international des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) Exportprojekte auch finanziell. Den Antrag kann man digital über das Förderkonto auf go-international.at einbringen.

Jetzt informieren!


Stadtnachrichten

Heftige Kritik an einem Polizeieinsatz gegen Klimaaktivisten gab es im Umfeld einer internationalen Gaskonferenz in Wien Ende März (Sie erinnern sich vielleicht – hier geht’s zu unserer damaligen Geschichte): Beamte der Tiroler Einsatzeinheit waren dabei nach übereinstimmender Beobachtung anwesender Journalistinnen unverhältnismäßig brutal mit großen Mengen Pfefferspray gegen Demonstrierende vorgegangen.

© FALTER/Pechtl

Das Innenministerium kommt nun zu einer ganz anderen Einschätzung: Es habe „keine überschießende Polizeigewalt“ gegeben, erklärte Innenminister Gerald Karner (ÖVP) nach einer (hausinternen) Untersuchung. Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) und die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hätten vor der Kundgebung vor „gewaltbereiten Aktivisten aus dem In- sowie Ausland“ gewarnt. Außerdem habe es Hinweise gegeben, „dass allenfalls auch unter Gewaltanwendung versucht werde, in die Veranstaltungsörtlichkeit einzudringen“. Darauf deutet vor Ort allerdings nichts hin: Der Pfefferspray-Einsatz fand mehr als 200 Meter vom Hotel Marriott statt, in dem die Gaskonferenz tagte – und er richtete sich gegen eine Gruppe von rund drei Dutzend Personen, die bereits von zahlenmäßig deutlich überlegenen Bereitschaftspolizisten eingekesselt waren.


Falter-Radio

Wohin steuert die SPÖ?

Nikolaus Kowall (li., Team Babler) und Wolfgang Zwander (Team Dosko) im Falter-Streitgespräch (© FALTER/ Christopher Mavrič)

Zwei Anhänger von Hans Peter Doskozil und Andreas Babler, Wolfgang Zwander und Nikolaus Kowall, im Falter-Streitgespräch bei Nina Horaczek und Florian Klenk. Die Podcast-Folge hören Sie hier.


Vor Gericht

Soraya Pechtl

Die Impflüge

Ein ehemaliger FPÖ-Spitzenpolitiker soll einen gefälschten Nachweis für eine Covid-Immunisierung gekauft haben. Sein Dealer wurde gestern am Bezirksgericht Meidling verurteilt.

Der Name fällt beiläufig, am Ende einer langen Aufzählung, aber er hat es in sich. Er ist der Grund, warum hinter den beiden Angeklagten und Juristen, eine Handvoll Journalisten Platz genommen haben. Ein ehemaliger FPÖ-Spitzenpolitiker (seine Identität kann aus medienrechtlichen Gründen nicht offengelegt werden) soll am 6. Oktober 2021 einen gefälschten Impfnachweis bei einem gewissen Herrn T. gekauft haben. 

Der Politiker saß gestern zwar nicht auf der Anklagebank im Verhandlungssaal F am Meidlinger Bezirksgericht und streitet die Vorwürfe auf telefonische Nachfrage auch ab. „Was? Kenn’ ich nicht”, sagt er, als der FALTER.morgen ihn mit dem Vorwurf zu konfrontieren versucht, und legt auf. Aber für das Gericht sind die Beweise ziemlich dicht. 

T., ein ehemaliger Mitarbeiter im ACV-Impfzentrum, hat an über 100 Menschen Fake-Impfzertifikate verkauft. Dafür hat er die Papiere mit Stempeln des Gesundheitsdienstes der Stadt Wien und des Austria Center Vienna versehen. Außerdem fälschte er Unterschriften, um eine „nichtvorliegende Covid-19-Impfung” nachzuweisen, wie die Staatsanwaltschaft im Eröffnungsplädoyer erläuterte. Als Komplizin dabei fungierte Frau B. – sie empfing die Klienten und kredenzte ihnen Sekt. Ebenfalls mit von der Partie: Eine Ärztin, deren Aufgabe es war, die falschen Bestätigungen in den Impfpass einzutragen. 

Der Angeklage T. war Mitarbeiter des Arbeiter Samariter Bundes im Austria Center Vienna (© APA/HELMUT FOHRINGER)

Beide Angeklagte waren geständig. Sie bestätigten die lange Namensliste der Kunden, also auch jenen des FPÖ-Politikers. „Alle Zeiträume und Fakten, wie sie die Staatsanwaltschaft zur Last legt, stimmen”, meinte T.s Anwalt. 

Während der Corona-Pandemie nahmen Betrugs- und Fälschungsdelikte stark zu. Das Bundeskriminalamt richtete deshalb im April 2021 eine eigene Ermittlungsgruppe ein, die einschlägige Fälle bekämpfen sollte. Allein bis Anfang 2022 registrierte diese 1.100 Fälle im Zusammenhang mit gefälschten COVID-Dokumenten.

Wie der Ex-FPÖ-Politiker und die anderen Klienten an Herrn T. gekommen sind? Frau B. erzählte, dass eine ihrer Freundinnen die Kontakte hergestellt habe. „Sie war viel auf Telegram unterwegs und hat ein breites Netzwerk”, sagte sie. Und irgendwann sei die Geschichte dann zum „Selbstläufer” geworden. 

Das Geschäft mit den gefälschten Impfpässen betrieben Herr T. und Frau B. von Herbst 2021 bis Jänner 2022. Wie viel sie dabei verdient haben, ist unklar. Pro Auftrag kassierten sie jedenfalls 550 bis 650 Euro verkauft. Die Polizei beschlagnahmte im Zusammenhang mit den Deals 1.140 Euro bei Herrn T. und 1.600 bei Frau B. 

Der zweifach vorbestrafte T. wurde zu acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, zwei davon unbedingt - das heißt, er müsste eigentlich ins Gefängnis. T. saß aber bereits von Jänner bis August 2022 in Vorhaft und dieser Zeitraum wird ihm angerechnet. T. hat das Urteil angenommen. B. bekam eine Diversion. Sie muss in den nächsten sechs Monaten 120 Sozialstunden leisten. 

Und der Ex-FPÖler? Der ehemalige Spitzenpolitiker, der nach wie vor in TV-Diskussionen auftritt, machte aus seiner Impfskepsis nie einen Hehl. „Mittlerweile ist bekannt, dass die Impfung keine ,Vollimmunisierung’ bietet. Hier wurden und werden die Menschen gezielt getäuscht”, postete er am 19. September 2021 auf Facebook. Einen Monat später holte er sich dann seinen gefälschten Nachweis. Auch wenn sein Posting einer Verschwörungserzählung nahekommt, muss man ihm eines lassen: Konsequent ist er.


Unsichtbare Barrieren, Teil 2

„In Wien ist alles so versteckt und verwinkelt“

Wenn die Stadt zum Gegner wird: Eine Serie über die Grenzen der Mobilität für Menschen mit Behinderung in Wien.

Wir setzen heute in Kooperation mit dem inklusiven Medium andererseits unsere Serie über unsichtbare Barrieren in der Stadt fort: Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen haben sich darüber Gedanken gemacht, wie Wien aussehen müsste, um für alle gut erlebbar zu sein.

Heute kommt Oswald Föllerer zu Wort. Er hat Lernschwierigkeiten und setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein.

© Stefan Fürtbauer

Welche Barrieren bemerkst du, wenn Du dich durch die Stadt bewegst?

Für mich ist ein Problem, mich in der Stadt zurechtzufinden. Die Symbole zur U-Bahn sind oft verwirrend. Ich bräuchte mehr Informationen, welche Gassen wo hinführen. In Wien ist alles so versteckt und verwinkelt. Die Hinweistafeln, die es gibt, die sind auch wieder voller Barrieren für mich: Sie sind sehr eng und kompliziert geschrieben. Bei Bussen und Strassenbahnen sind wiederum die Uhrzeiten so klein geschrieben, die kann ich nicht mal mit meiner Brille lesen.

Es gibt noch eine andere grosse Barriere: Das Geld. Die meisten Menschen mit Lernschwierigkeiten können sich wenig leisten. Viele haben einen Sachwalter oder sind von ihren Eltern abhängig. Und viele arbeiten zu einem Taschengeld in einer Werkstätte. Die Preise in der Stadt sind für Menschen mit wenig Geld zu hoch. Das ist eine große Barriere. Manchmal gehe ich dann aber doch essen und da fällt mir auf: Auch die Speisekarten in den meisten Restaurants sind so klein geschrieben und die Abstände sind zu klein und eng bedruckt. Die kann ich kaum lesen.

Besuchst du Kulturveranstaltungen in Wien? Hast Du Probleme beim Zugang?

Für mich ist es sehr schwierig, Karten von Konzerten und Theatern zu bestellen. Das geht oft nur noch online. Ich habe schon probiert, über das Internet Karten zu bestellen. Ich habe es nicht geschafft, für mich war das sehr kompliziert. So geht es vielen Menschen. Wenn ich Tickets vor Ort kaufe, gibt es weniger Schwierigkeiten. Aber die Vorverkaufskassen haben immer nur kurz offen.

Wie könnte es besser gehen? Hast Du einen Vorschlag?

Für mich wäre es super, wenn die Kassazeiten der Vorverkaufsstellen für Tickets verlängert werden. Und ich wünsche mir überall Informationen in Einfacher Sprache, die so groß geschrieben sind, dass ich sie auch lesen kann.

Protokoll: Lisa Kreutzer 


Lexikon

#Theorytok

Auf TikTok ist man ja meistens für etwas. Für lustige Hundevideos, für Verschwörungstheorien, fürs Geldverdienen mit platzierter Werbung. Dieser Hashtag ist jedoch einmal gegen etwas. Und zwar nichts Geringeres als den Kapitalismus. Unter #theorytok diskutieren User Zitate und Bücher des britischen Philosophen Marc Fisher. Seine These: Man könne sich eher den Weltuntergang als das Ende des Kapitalismus vorstellen, so tief stecke die Menschheit drin. Wer jetzt denkt, die Plattform TikTok könne bald intellektueller werden, wird enttäuscht sein. 55 Millionen mal ist #theorytok aufgerufen worden, 1,8 Milliarden mal #conspiracytok. (Daniela Krenn)

Wir erklären an dieser Stelle jeden Mittwoch einen Begriff, der in den Medien herumgeistert.


Dafür setzen wir uns ein

Cycle Cinema Club – Verein zur Förderung der Fahrradfilmkultur in Wien

Cycle Cinema Club am Karlsplatz in Wien (© CycleCinemaClub)

Unser Vereinszweck in einem Satz: 

Wir bringen energieautarkes pedalstrombetriebenes Open Air Kino auf öffentliche Plätze in Wien und andernorts – seit zwei Jahren gibt es dazu auch eine Pedalpowered Popcornmachine!

Wer bei uns mitmachen kann/ Für wen unser Verein von Interesse ist: 

Wir nehmen gerne noch fahrradbegeisterte Menschen auf, die uns beim Durchführen der Screenings helfen. / Zu unseren Screenings ist jede:r willkommen, sie sind grundsätzlich kostenlos und brauchen ja auch das Publikum zur Stromproduktion!

Das haben wir bereits erreicht:

Seit 2012 haben wir zahlreiche Screenings im öffentlichen Raum durchgeführt, im Jahr 2022 waren es zum Beispiel 15 Aufführungen in drei Bundesländern. Wir waren auch schon in Zagreb beim Pedalafest oder in Feldkirch beim Poolbar Festival – beides ca. gleich weit von Wien! Die Anreise erfolgt immer mit Fahrrad und Öffis.

Das war unsere größte Herausforderung/Schwierigkeit:

Es gibt immer wieder kleine technische Troubles mit der DIY Pedalstrom-Anlage, aber irgendwie kriegen wir das immer hin. 

So finanzieren wir uns:

Manche unserer Screenings werden von Auftraggebern finanziert oder gefördert, damit ermöglichen wir andere Vorführungen und die nötigen Materialausgaben.

So kann man uns kontaktieren: 

Homepage: www.cyclecinemaclub.at

Mail: cyclecinemaclub@gmx.at

Facebook und Instagram 


Frage des Tages

Warum hat man in Wien im 18. Jahrhundert begonnen, die Häuser zu nummerieren?

1. Um zu erfassen, in welchen Häusern wehrfähige Männer lebten

2. Um Lieferanten zu helfen, die Häuser und Gasthöfe besser zu finden

3. Um das Bürgertum von den Proletariern zu unterschieden

Auflösung von gestern: Die älteste bestehende Brücke Wiens führt über den Konstantinteich im Prater (nicht über die Liesing im 23. Bezirk oder über den Schreiberbach zwischen Vogelsangberg und Kahlenberg).


Event des Tages

Gerhard Stöger

Wiener Festwochen

Ungefähr zweieinhalb Stunden dauert es, eine „Feijoada“ zu kochen. Der Choreograf Calixto Neto lädt das Publikum in seinem gleichnamigen Gruppenstück ein, live dabei zu sein, wie der traditionelle brasilianische Eintopf aus Fleisch und Bohnen entsteht – gemeinsamer Verzehr am Ende des Abends inklusive. Während das Gericht vor sich hinköchelt, erzählen die Performer:innen dessen Geschichte, die eng mit der Kolonialzeit Brasiliens zusammenhängt. Und sie singen, musizieren und tanzen Samba – am Ende angeblich oft samt Publikum. (Sara Schausberger)

Brut nordwest, 19.30 (auch 1.6.)


Pop

Eilig hatte er es ja nicht. Fast 15 Jahre nach seinem unfassbar erfolgreichen Solodebüt „Stadtaffe“ kehrt Peter Fox von der Berliner Dancehall-Formation Seeed mit dem Album „Love Songs“ zurück. Ein Auftritt beim Lido Sounds Festival in Linz am 18. Juni war schon länger angekündigt, kurzfristig wurde nun auch ein Wien-Open-Air angesetzt. Die Erwartungen an die neue Platte sind auch aufgrund der mitreißenden ersten Single „Zukunft Pink“ hoch. Der Sound hat ein Update erhalten und ist voll am Puls der Zeit. (Sebastian Fasthuber)

Arena, Open Air, Mi 18.30


Buchtipp

Katja Hoyer: Diesseits der Mauer

Ein packendes Sachbuch. Sehr eindrücklich ist ihr Anfangskapitel über die deutschen Kommunisten, die vor den Nazis nach Moskau geflohen waren. Dort erging es den meisten nicht besser als zuhause: „Stalins Säuberungen waren so weitreichend, dass nur ein Viertel der deutschen Exilanten überlebte.“ Nur zwei erwischte Stalins Terror nicht: Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht. Gerade diese überloyalen Stalinisten bauten dann die DDR auf. So beginnt deren Geschichte damit, dass sie von der Sowjetunion ausgeraubt wurde. Westdeutschland hatte den Marshall-Plan der Alliierten, Ostdeutschland wurde von sowjetischen Soldaten geplündert. (Tessa Szyszkowitz)

Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at


Film-Tipps

Michael Omasta

All the Beauty and the Bloodshed

Ein außergewöhnliches Porträt der US-amerikanischen Fotografin und Aktivistin Nan Goldin (Jg. 1953), die sich in ihrem Werk u.a. mit den Themen Sex, Drogen und Gewalt, der Aids-Epidemie und dem Tod beschäftigt hat. Herzstück des Films ist ihr Kampf gegen die kunstaffine Milliardärsfamilie Sackler, deren Medikament Oxycontin als Auslöser der Opioidkrise in den USA gilt. Goldin gründete die Organisation P.A.I.N. (Prescription Addiction Intervention Now), die mit Aktionen in Museen auf die düstere Wahrheit hinter der schönen Kunstwelt aufmerksam macht. (Sabina Zeithammer)

Regie: Laura Poitras, USA 2022


Brainwashed: Sex-Camera-Power

Menkes legt eine spannende Analyse dazu vor, wie das Kino - die Traumfabrik - über viele Jahrzehnte eine Objektivierung der Frau vorangetrieben und damit ein bis heute von Diskriminierung und Missbrauch geprägtes Verhältnis der Geschlechter unterstützt hat. Basierend auf ihrem Vortrag „Sex and Power: The Visual Language of Oppression" und untermauert mit mehr als 175 Filmbeispielen von 1896 bis 2020, deckt Menkes wieder einmal auf, wie das Kino ein Frauenbild mitgeprägt hat, das im Wesentlichen auf Attraktivität in den Augen der Männer basiert.

Regie: Nina Menkes, USA 2022


Renfield

Die Work-Life-Balance stimmt beim titelgebenden Renfield (Nicholas Hoult) wohl nicht: Als gepeinigter Handlanger von Graf Dracula (herrlich: Nicolas Cage) ist er es müde, seit Jahrzehnten dem Fürsten der Finsternis menschliche Beute heranzuschleppen. Nach einem beinah letalen Kampf mit Vampirjägern verschanzt sich das ungleiche Duo im modernen New Orleans. Um seinen schwer ramponierten Meister aufzupäppeln, schleicht sich Renfield in eine Selbsthilfegruppe für Co-Abhängige und hält Ausschau nach passenden Blutopfern. Doch leider verzettelt die Story sich in einer blutleeren Romanze und einem zahnlosen Mafia-Subplot. (Martin Nguyen)

Regie: Chris McKay, USA 2023


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