Der Irrtum der Letzten Generation - FALTER.natur #129
Kürzlich hatten wir in der Redaktionssitzung eine Kontroverse über die Klimakleber. Es gibt bei uns dazu grob gesagt zwei Fraktionen. Die ...
Bitter rächt sich nun das Jahrzehnte lange Politik-Versagen im Klimaschutz. Spätestens seit den 1990er-Jahren wussten die Entscheidungsträger, dass wir von Kohle, Öl und Gas wegkommen müssen, weil wir damit nicht nur den Planeten erhitzen, sondern zugleich autoritäre Regime stärken, etwa Russland.
Trotz steigendem Wohlstand blieben die notwendigen Reformen aus. Aus Trägheit, Gemütlichkeit und den falschen ökonomischen Prioritäten. Jetzt gibt's Krieg und die Energiepreise explodieren, mit enormen sozialen Folgen. Wir sind in jener Zwangssituation eingeklemmt in der wir nie sein wollten.
"Der entscheidende Weg, um der Ukraine zu helfen, den Krieg zu gewinnen, besteht darin, die Energielieferungen aus Russland zu kappen", sagt Ben Judah im aktuellen FALTER-Interview. Judah, Analyst und Journalist, hat das Buch "Fragile Empire" geschrieben.
Ja, stimmt schon, was er sagt. Nur: Wie soll das bitte von heute auf morgen gehen? Jahrzehnte lang hat sich Österreich Russland ausgeliefert. Putins Griff an den Gashahn spüren nicht nur heimische Industrieunternehmen, sondern 900.000 Haushalte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen fordert die BürgerInnen nun zum Energiesparen auf und kündigte an, die Union ab 2027 frei von russischen Öl- und Gasimporten zu machen. In einem 10-Punkte-Plan rechnet die Internationale Energie-Agentur vor, wie Europa die russischen Gas-Importe in nur einem Jahr um ein Drittel drosseln könnte. Er beinhaltet neben Vorschlägen wie den raschen Ausbau der Erneuerbaren auch Punkte, die kurzfristig klimaschädlicher sind als der Status quo (indem Europa neue Quellen anzapft und auf Flüssiggas setzt).
Der Krieg darf aber gleichzeitig keine Ausrede sein, um den Klimaschutz auszuhebeln. Im Gegenteil: Beim Klimaschutz, das wird nun allen klar, geht es nicht nur um die Umwelt, sondern auch um die soziale Frage.
Wir müssen also achtsam sein, wenn die Wirtschaftskammer - die historische Handbremse der Klimapolitik und Lobbygruppe einer Putin-freundlichen Wirtschaftspolitik - nun fordert, man müsse wegen dem Krieg die CO2-Bepreisung opfern. Zumal das eingenommene Geld daraus ja an die Haushalte zurückfließt, wovon vor allem ärmere Menschen profitieren. Auch die von der SPÖ geforderte Mehrwertsteuer-Senkung würde vor allem Reiche entlasten und Tanktourismus fördern.
Warum die Vorschläge von Wirtschaftskammer und SPÖ "aus mehreren Gründen als wenig tauglich" einzustufen sind, erklärt das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO in dieser lesenswerten Analyse, die zugleich zeigt, was neben Klimaschutz wirklich helfen würde: Transferzahlungen und Steuererleichterungen für die unteren und mittleren Einkommen.
Aber auch ganz kurzfristige Maßnahmen würden helfen. Warum war es in den 1970ern in Zeiten der Ölkrise möglich, autofreie Tage zu verordnen und heute – in Zeiten des Homeoffice, wo im österreichischen Durchschnitt 100 Autos 115 Menschen befördern – scheint das denkunmöglich? Und warum subventioniert die Politik noch immer fossile Treibstoffe mit Milliarden und stärkt dadurch unsere Abhängigkeit von Kriegstreibern? Und: Warum gibt es nicht Tempolimits? Das wäre gratis und würde sofort helfen, Benzin zu sparen.
Benedikt Narodoslawsky
Stärker als viele denken
Die PET-Flasche ist alles andere als eine „Flasche“! Warum? Weil sie nicht einfach so den Geist aufgibt bzw. wenn sie das tut, als recycelte Flasche wieder aufersteht.
Stabile Sache so eine PET-Flasche, oder?
Wir hören, lesen und sehen dauernd, wie hart uns die Klimakrise treffen wird, aber trotzdem kommen viele von uns nicht ins Handeln. Warum eigentlich? Diese große Frage hat mir Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke in diesem aktuellen FALTER-Interview beantwortet und erklärt dabei auch, wie wir mit kleinen Tricks unseren Umweltschweinehund überlisten können. Ihre Botschaft, dass jede/r von uns einen bedeutenden Unterschied machen kann, hat mir in diesen Tagen wieder ein Stück Hoffnung gegeben.
Eine Rezension ihres neuen, lesenswerten Buchs "Warum machen wir es nicht einfach?" finden Sie in der Buchbeilage im kommenden FALTER. Wenn Sie selbst an einem Webinar mit der Umweltpsychologin teilnehmen wollen, können Sie sich hier anmelden.
COFFEE FOR FUTURE – für Klimaschutz und Fairen Handel!
„Uns verbinden dieselben Herausforderungen, weil wir auf derselben Erde leben. Deshalb braucht es Zusammenarbeit.“ (Kaffeebauer Charles Kahitison) Erlesene Arabica Hochlandbohnen aus Uganda und Mexiko, biologisch angebaut, direkt importiert, fair gehandelt. www.eza.cc
Wie kommuniziert man die Klimakrise richtig? Die KollegInnen der deutschen Plattform Klimafakten vollendeten soeben ihr Mammutwerk "Über Klima sprechen. Das Handbuch". Die 21 Lektionen finden Sie hier, sie sollen auch bald in Buch-Form erscheinen. Herzliche Gratulation geht raus nach Deutschland!
Die Klimakrise richtig kommunizieren - das will auch die neue Veranstaltungsreihe "Legenden – Erzählen für eine Zukunft", die das Volkstheater gemeinsam mit Fridays for Future heute das erste Mal auf die Bühne bringt. Dem "Geschichtenabend über wahre Legenden" sollen weitere folgen. Infos dazu gibt's hier. Möge die Premiere gelingen!
Dauerhaft über die Klimakrise kommunizieren - das wollen die beiden Standard-RedakteurInnen Nora Laufer und Philip Pramer. Alle zwei Wochen unterhalten sie sich mit ExpertInnen darüber, wie wir die Klimakrise meistern können. Die erste Folge soll heute online gehen, abonnieren können Sie den Standard-Podcast hier. Wir wünschen viel Erfolg!
Im FALTER.morgen porträtiert Florian Kappelsberger Österreichs einziges Wildtierkrankenhaus und beschreibt dabei auch, was man selbst tun kann, wenn man ein verletztes Wildtier findet. Warum es besser ist, das Tier nicht selbst zu pflegen, sondern es besser in professionelle Betreuung zu geben, lesen Sie hier.
Stichwort Wildtier: Der Goldschakal breitet sich in Österreich aus – und niemand weiß genau, warum. Katharina Kropshofer hat sich auf Spurensuche begeben und beschreibt im Natur-Ressort, wie eine Wissenschaftlerin dem Verwandten des Wolfs auf die Schliche kommt. (Es hat mit Satellitendaten und einem Megafon zu tun, ziemlich cool).
Während der eine kommt, gehen die anderen. Anlässlich des beginnenden Frühjahrs widmet sich Peter Iwaniewicz der Krötenwanderung und erklärt, wie viele Leichen den Weg zum Laichgewässer pflastern: "Bei einer Frequenz von vier bis zwölf Autos pro Stunde auf einer Straße verringert sich die Population um zehn Prozent. Bei mehr als einem Auto pro Minute wird die Fahrbahn eine unüberwindbare Barriere auf dem Weg zu den Laichgewässern." Ein Grund mehr, das Auto mal stehen zu lassen, wenn man's nicht unbedingt braucht.
Nachhaltigkeit: Macht und Ohnmacht. Die Rolle der NGOs – Gegner oder Partner? (2/3)
Sind NGOs noch der Watchdog, der sie sein sollen? Wie ist ihr Verhältnis zu Unternehmen, wie zur Politik? Und kann die Politik mittlerweile besser kampagnisieren als NGOs? Mit Fridays for Future-Aktivistin Lena Schilling, dem GF der Caritas Klaus Schwertner, dem Kampagnenleiter von Greenpeace Wolfgang Pekny u.w.m. Jetzt anmelden!
Apropos Autos stehen lassen. Seit 1. März gilt in Wien flächendeckend das Parkpickerl. Katharina Kropshofer hat sich im Stadtleben-Ressort angesehen, wie die Parkraumbewirtschaftung die Stadt verändert hat und erklärt, warum man den von Autos befreiten Platz nun unter anderem für Klimawandelanpassung nützen sollte.
Im Ressort Feuilleton porträtiert Stefanie Panzenböck den Kabarettisten Berni Wagner, der sich am 22. März für sein Stück Galápagos" den Österreichischen Kabarettpreis in der Sparte "Bestes Programm" abholt. Panzenböck beschreibt Wagners Stück als "eine fulminante Abhandlung über Klimawandel, Nachhaltigkeit und Wissenschaftsfeindlichkeit". Falls Sie einen Vorgeschmack wollen, hier sehen Sie einen 8-minütigen Auszug von Galápagos.