Mein Essen im Mistkübel - FALTER.natur #112
Ich erinnere mich noch gut an eine Szene aus dem Film "We Feed the World", den der österreichische Regisseur Erwin Wagenhofer im Jahr ...
Freiheit ist ein großes Wort, gerade in diesen Zeiten. Die UkrainerInnen kämpfen mit ihrem Leben darum. Im Namen der Freiheit zogen aber auch Corona-DemonstrantInnen regelmäßig über den Wiener Ring und feierten schließlich ihren "Freedom Day", als die Coronamaßnahmen fielen. Und auch die EU-Politik steht nun im Zeichen der Freiheit, da sich die Union in einem großen Kraftakt aus der Abhängigkeit von russischem Gas und Öl befreien will.
Für die Umwelt ging die Sache mit der Freiheit nicht immer gut. Freiheit definieren manche auch als Recht, mal schnell von Wien nach Bratislava zu fliegen. Der stilprägende Film "Easy Rider" war eine filmische Ode an die Freiheit, die darin bestand, mit dem Motorrad über amerikanische Straßen zu cruisen.
Für die Liberalen ist die Freiheit der politische Nordstern. In einigen Ländern zählen sie deshalb zu den größten Klimabremsern. Etwa in Deutschland, wo sich die liberale FDP gegen einen frühzeitigen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle wehrte, sich gegen Tempolimits stemmt und Fridays for Future nahelegte, sie sollen den Schulstreik beenden, denn Klimaschutz sei eine "Sache für Profis".
Es geht aber auch ganz anders.
Ausgerechnet in Österreich zählen die liberalen Neos zu den progressivsten politischen Kräften in der heimischen Klimapolitik. Vor der letzten Nationalratswahl 2019 bewerteten KlimawissenschaftlerInnen die verschiedenen Parteiprogramme, die Neos schnitten dabei gut ab und kamen im Ranking der derzeit im Parlament vertretenen Parteien auf Platz 2 hinter den Grünen. Dass die Pinken die Sache mit der Klimakrise ernst meinen, haben sie nun mit einem Leitantrag untermauert, der vergangenes Wochenende auf der Mitgliederversammlung mit 94,6 Prozent Zustimmung beschlossen wurde.
Das zehnseitige Dokument enthält einige interessante Forderungen, unter anderem verlangen die Pinken
einen "Komplettumbau des Steuersystems". Die Steuern auf Arbeit und Waren sollen sinken, dafür soll der CO₂-Preis schrittweise erhöht werden - auf bis zu 350 Euro pro CO₂-Tonne. Zum Vergleich: Die türkisgrüne Regierung hat sich in einem Kompromiss auf einen Einstiegspreis von 30 Euro pro Tonne CO₂ geeinigt.
eine CO₂-Bremse im Verfassungsrang. Diese soll sicherstellen, dass Österreich bis 2040 klimaneutral wird. Die Neos bringen auch einen Klimarechnungshof ins Spiel, den bereits das Klimavolksbegehren forderte. Er soll die Klimapolitik überprüfen können.
öffentliche Mobilität soll massiv ausgebaut werden, und gerade die Asfinag soll dabei eine Schlüsselrolle spielen. Sie soll von einer Autobahnagentur in eine Mobilitätsagentur umgewandelt werden, damit müssten die Asfinag-Einnahmen nicht mehr ausschließlich in Autostraßen fließen.
Noch wegweisender ist aber, wie die Liberalen den Klimaschutz mit dem Freiheitsbegriff vereinen: "Ein klimaneutrales Leben ist ein Leben in Freiheit - in mehr Freiheit. Das Ende des Zwangs, ein Auto besitzen zu müssen, nur weil man am Land lebt. Die Unabhängigkeit unserer Energieversorgung, anstatt auf Diktatoren und deren Öl und Gas angewiesen zu sein. Die unbegrenzten Möglichkeiten, die ein durch klimaneutrales Unternehmertum prosperierendes Europa mit sich bringt."
Der Leitantrag gibt für Neos nun die Linien in der Klimapolitik vor. Er wird damit auch für zukünftige Regierungsbeteiligung eine entscheidende Rolle spielen. Für Neos-Umweltsprecher Michael Bernhard, der den Antrag gemeinsam mit Europasprecherin Claudia Gamon, Jugendsprecher Yannick Shetty und dem Wiener Klimasprecher Stefan Gara ausgearbeitet hat, ist der Antrag aber mehr als das. "Wir wollen damit einen Impuls für Europas Liberale geben", sagt Bernhard.
Möge die Übung gelingen!
Benedikt Narodoslawsky
„VorDenken – Nachhaltige Ansätze für Morgen“ gibt Information rund um die zentralen Nachhaltigkeits-Themen unserer Zeit. Aktuell geht es um „Green Finance“ – wie kann grünes Geld die Welt retten? Das erfahren Sie in unseren Gesprächen mit ExpertInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Gleich reinhören!
Der letzte Natur-Newsletter drehte sich darum, wie politische Kräfte gerade versuchen, den Klimaschutz zu untergraben. Wenn Sie ein sichtbares Zeichen dagegen setzen wollen, empfehle ich Ihnen am weltweiten Klimastreik nächsten Freitag teilzunehmen, zu dem Fridays For Future aufgerufen haben. Wo Sie am 25. März in Österreich demonstrieren können, erfahren Sie hier.
Das größte Klimaproblem in Österreich ist der Verkehr. Wie gefährlich er auch für die Gesundheit ist, zeigt der Mobilitätsverein VCÖ in dieser aktuellen Broschüre auf. Es geht neben Verkehrsunfällen auch um Luftverschmutzung, Lärm und Hitze durch Asphaltwüsten. Gibt es in Österreich Orte, die Sie als zu laut, zu dreckig oder zu heiß empfinden? Oder kennen Sie Verkehrsstellen, die Ihnen Angst machen? Der VCÖ sammelt sie. Mehr als 2000 Problemstellen wurden bereits eingemeldet. Die Einträge leitet der VCÖ an die jeweils zuständigen Behörden weiter. Falls auch Sie dabei helfen wollen, die Problemstellen zu beseitigen, klicken Sie bitte hier.
Mehrfach und ausführlich berichtete der Falter über die Qualen, die Schweine auf Vollspaltböden erleiden. Amtstierarzt Rudolf Winkelmayer bezeichnete sie in diesem Interview von Falter-Chefredakteur Florian Klenk als "legale Tierquälerei". Als meine Kollegin Gerlinde Pölsler den konventionellen Bauern Thomas Hubmann besuchte, der die Vollspaltboden-Haltung aufgab und seine Schweine nun im Freien hält, sagte dieser: "Wenn man den Unterschied einmal gesehen hat, will man nimmer zurück."
Nun kommt Bewegung in die Sache. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) beantragte bezüglich der umstrittenen Haltungsform ein so genanntes "Normprüfungsverfahren" beim Verfassungsgerichtshof. Dieser muss nun prüfen, ob die Vollspaltböden mit dem Tierschutz vereinbar sind. Unterstützung ließ der neue Tierschutzminister Johannes Rauch (Grüne) durchklingen. Martin Balluch, Obmann des Tierschutzvereins VGT, zeigte sich "hocherfreut" über den Weg zum Verfassungsgerichtshof und bezeichnete ihn als "revolutionär".
Ein simples Glas, ein Solardeckelverschluss und schon ist eine Portion erneuerbare Energie Wirklichkeit geworden. Die grüne High Tech bietet mindestens 24 Stunden Leuchtdauer, das warm-weiße LED-Licht ermöglicht sogar das Lesen im Dunkeln. Erhältlich ist das Solarlicht in einer großen und kleinen Variante und das alles aus Fairem Handel. www.eza.cc
Jedes Jahr werden die "World Nature Photograph Awards" vergeben, nun stehen die Siegerfotos für das Jahr 2021 fest. Sie sind absolut unglaublich. Das Foto des Jahres dokumentiert eine Robbe, die einen Pinguin verspeist. Stundenlang wartete der Naturfotograf Amos Nachoum dafür in einer flachen Lagune in der Antarktis auf den perfekten Schuss. Hat sich ausgezahlt. Alle ausgezeichneten Bilder können Sie sich hier anschauen.
Der Müll soll sauberer werden. Darauf haben sich die EU-Mitgliedsländer im Rat der Europäischen Union geeinigt. Konkret geht es um langlebige organische Schadstoffe, die ewig brauchen, um in der Umwelt abgebaut zu werden. Neue Regeln sollen so gut wie möglich verhindern, dass sich diese gefährlichen Stoffe im Müll freisetzen können. Außerdem einigten sich die UmweltministerInnen der EU auch darauf, dass Batterien umweltfreundlicher werden sollen. Sie sollen nachhaltiger produziert, länger genutzt und besser recycelt werden. Mehr dazu lesen Sie auf Zeit Online.
Aktivismus in Zeiten der Klimakrise – wo liegen die Grenzen?
Darüber diskutiert Philosoph Philipp Blom mit Michaela Krömer, Wolfgang Anzengruber und Michael Spiekermann am 30. März 2022 um 18 Uhr bei „oekostrom AG am Campus“ an der TU Wien. Anmeldung unter https://oekostrom.at/oekostromamcampus
Für die Falter-Covergeschichte haben meine KollegInnen Nina Brnada, Eva Konzett, Katharina Kropshofer und Soraya Pechtl im Politik-Ressort recherchiert, wie Österreich sich von der Abhängigkeit vom russischen Gas befreien könnte und was das für unser Land bedeuten würde. Der Falter.Morgen erklärt Ihnen, was Sie selbst tun können und liefert praktische Energiespar-Tipps. Klimaexpertin Tara Shirvani analysiert dazu passend, wie groß die Herausforderungen für die Europäische Union sind, um die Energiewende tatsächlich hinzubekommen.
Im Feuilleton stellt Nicole Scheyerer die Schau "Chernobyl Safari" vor, die gerade im Museum für angewandte Kunst (Mak) in Wien zu sehen ist. Die russische Fotografin Anna Jermolaewa dokumentiert darin, wie sich Wildtiere in der Region rund um Tschernobyl breitmachen, die nach der Atomkatastrophe für Menschen zur Sperrzone wurde. Infos zur Ausstellung gibt's hier.
Im Natur-Ressort war Peter Iwaniewicz wieder auf der Suche nach "glückshormonausschüttenden News" und hat für seine Tierkolumne eine erhellende Studie gefunden: Papageien können zusammenarbeiten, um an Futter zu kommen. Gepriesen sei die Kooperation der Vögel!
Und ich stelle Ihnen im Heft einen der beeindruckendsten Naturschützer in der Geschichte des Landes vor: Joseph Schöffel. Gegen heftige Widerstände lancierte er die erste Naturschutz-Kampagne in Österreich, die vor genau 150 Jahren ihren Höhepunkt erreichte. Es gelang ihm damit, den Wienerwald zu retten. Eine historische Sternstunde des Umweltschutzes.
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Meine Kollegin Gerlinde Pölsler berichtet für den Falter regelmäßig über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU, die die Landwirtschaft in Österreich prägt und für die biologische Vielfalt und fürs Klima eine herausragende Bedeutung hat. "Wie grün und gerecht ist Landwirtschaft in Zukunft?" Am 24. März moderiert Pölsler dazu ein hochkarätiges Panel in der Online-Veranstaltung "Mind the GAP", das unter anderem von den Umwelt-NGOs Global 2000 und Birdlife, der Gewerkschaft Pro-Ge und der AK Wien veranstaltet wird. Hier können Sie sich kostenlos anmelden.
Nächste Woche findet von 24. bis 26. März das Symposion Dürnstein unter dem Motto "Klima - Seismograph für Natur & Gesellschaft" statt. Am Freitag interviewe ich dort Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb, die seit Jahrzehnten vor den Folgen der Klimakrise warnt. Die Veranstaltung findet in Präsenz und via Livestream statt, anmelden können Sie sich hier.