Klage für mehr Bodenschutz - FALTER.natur #104
Wer gerade auf der B65 durch Fürstenfeld fährt, sieht folgendes Bild: Ein Supermarkt reiht sich an den nächsten, daneben noch ein ...
Frohes Neues!
Ich habe Silvester an den Ufern des Neusiedler Sees verbracht, das gleißende Mondlicht um Mitternacht überzog den See mit einem silbrigen Schimmer, der Badesteg warf magische Schatten auf die Oberfläche, viel länger als sonst, schließlich ragten seine Pfähle um mehr als einen halben Meter höher aus dem Wasser als sie sollten. Die Regen- und Schneefälle vor Weihnachten haben zwar dafür gesorgt, dass der See erstmals seit Monaten einige Millimeter mehr an Wasser hält, aber das hilft nichts. Er ist auf einem historischen Tiefststand.
Im Osten Österreichs, dort, wo sich der Neusiedler See an die pannonische Tiefebene schmiegt, zeigen sich die Folgen der Erderhitzung schon heute. Der See und seine Umgebung sind ein Zeitfenster in eine heiße Zukunft. 2050 soll in Wien ein Klima wie in Skopje herrschen.
Ich kann mit Hans-Peter Doskozil, dem roten Landeshauptmann des Burgenlandes, immer dann nichts anfangen, wenn er wieder einmal die SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner mobbt. Aber als Sozial- und zuletzt auch als Ökopolitiker zeigt er interessante Ansätze. Bis 2030 soll das Burgenland energieautark werden. Die Armee an Windrädern mit ihren im gleichen Takt drehenden Armen auf der Parndorfer Platte, für viele der Inbegriff von Hässlichkeit, sollte man besser als Symbol für diese Energiewende sehen. Mit ein bisschen Fantasie sind sie ein gigantisches Ballett, sanfte Riesen im Dienste unserer Umwelt.
Kostenlose Energieberatungen für Private, massive Umstiegshilfen für Wärmpeumpen, Photovoltaik und Heimspeicher, dazu Energiegemeinschaften in den 260 größeren Ortschaften mit zentralen Stromspeichern; Die Liste an Vorhaben, die Doskozil in den kommenden drei Jahren umsetzen will, ist lang. Weg von zentralen Einheiten, hin zu regionalen, kleinteiligen Energieclustern: Was alle Expertinnen und Experten empfehlen, implementiert Doskozil ganz im Sinne des Doskozilismus von oben.
Auch was den Neusiedler See angeht, zeigt Doskozil diese Zupacker-Mentalität. Er versteht den See, sehr zum Ärger von Umwelt-Lobbies und Grünen, als ein Ökosystem, das von Menschen mitgeschaffen wurde - und in das der Mensch deshalb auch eingreifen kann und soll. In den kommenden zehn Jahren will das Land eine Million Kubikmeter Nassschlamm aus dem See holen, vor allem vor den Häfen und Strandbädern. Noch im Jänner soll eine bilaterale, österreichisch-ungarische Expertengruppe prüfen, wie eine Wasserzuleitung aus der Moson-Donau ausschauen könnte. Dafür müsste Ungarn den Bewässerungskanal von Jánossomorja bis zur österreichischen Staatsgrenze ausbauen.
Aber Wasser aus der Donau flösse frühestens ab dem Jahr 2028 in den See, bis dahin will das Land Burgenland mit dem Grundwasser im Seewinkel viel achtsamer umgehen als früher. Die Bauern sollen statt Futtermais und Erdäpfel lieber den sparsameren Winterweizen anbauen. Wird der Sommer wieder so heiß wie 2022, ist eine Bewässerung von Feldern mit Fontänen ab sofort verboten.
Die Gegend hier war historisch gesehen immer schon Weideland. Die Rinder, die von Ungarn Richtung Wien zum Schlachthof in St. Marx getrieben wurden, machten auf den weiten Steppenwiesen des Seewinkels halt. Intensive Landwirtschaft – und damit massive Grundwasserausbeutung – kam erst viel später dazu. Die Landwirtschaftslobby muss also schnell umdenken, genauso wie die Fischereibetriebe.
Für die Fische im Neusiedler See könnte der kommende Sommer lebensbedrohlich werden. Viele von ihnen verendeten schon letztes Jahr in den seichten Uferregionen im viel zu warmen und sauerstoffarmen Wasser. Heuer wird es erneut kritisch werden. Sie rechtzeitig abzufischen geht nicht mehr, dafür ist der See zu niedrig, die Fischerboote können nicht mehr ausfahren, um sie zu retten, warnt Christian Sailer, Chef des Wasserwirtschaftsamt-Referats in der Landesregierung. Fischkadaver, die im ausgetrockneten Zicksee liegen - diese dystopischen Bilder könnte es 2023 auch vom Neusiedler See geben.
Im Burgenland kann man heute schon spüren, wie massiv die Klimakrise unser aller Leben verändern wird. Und hier lässt sich auch lernen, dass es nicht den einen Hebel, die Wunder-Maßnahme gibt, die uns rettet. Sondern dass alle zusammen mithelfen müssen – mit Umlernen, Verzicht und vor allem Kompromissbereitschaft.
Einen guten Start ins neue Jahr wünscht
Barbara Tóth
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