Die Covid-19-Impfung. Sicherheit. Nebenwirkungen. Wie lange hält der Schutz? Teil 3 der vierteiligen Serie
Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 289
Dies ist Teil Drei der vierteiligen Serie über die Covid-19-Impfung. Der klinische Epidemiologe Robert Zangerle von der MedUni Innsbruck hat sie verfasst und bedankt sich bei seinem Kollegen, dem Immunologen Dr. Niki Romani für Unterstützung dabei.
Zum Inhalt: Heute geht es um Nebenwirkungen und Limitationen (was ist, wenn „böse Mutanten“ daherkommen, wie lange hält der Impfschutz?). Morgen behandelt Teil 4 die Auslieferung der Impfung in Österreich, wo wie immer Intransparenz Trumpf ist.
Bisher erschienen: Teil 1, Allgemeines über die Impfung, wie sie funktioniert und warum sie so schnell zugelassen wurde. Teil 2, Die Wirkung der Impfung auf die Krankheit und den Schutz vor Infektion, den sie bietet. A.T.
Sind zwei Monate Beobachtung, genug um Sicherheitsbedenken für alle auszuräumen?
»So wie das formuliert ist, natürlich nicht. Üblicherweise werden für einen gänzlich neuen Impfstoff Sicherheitsdaten über 6 Monate verlangt. Zwei Monate entsprechen also einem Kompromiss, sowohl für die Behörden, für die es eine bedingte Zulassung unter besonderen Bedingungen darstellt. Es ist aber auch ein Common-Sense-Kompromiss für die Gesellschaft in der Abwägung zwischen den enormen Schäden durch Krankheit und Tod durch die Covid-19 Pandemie und den unvollständigen Sicherheitsdaten. Wenn wir diese Pandemie überwinden wollen, dann ist es eine gesellschaftliche Verpflichtung, dass alle von uns, welche geimpft werden können, auch wirklich geimpft werden. Die jüngsten Daten über die Sicherheit und die Wirkung von drei der COVID-19 Impfstoffe weisen darauf hin, dass einige von uns diese Entscheidung bald treffen werden.
Aus diesem Grund sind zwei Monate nicht unvernünftig für Menschen, welche das höchste Risiko einer COVID-19 Exposition haben und ein geringes Risiko von Nebenwirkungen der Impfung – Menschen, wie medizinische Primärversorger („OK, zwei Monate sind ausreichend.“). Noch klarer ist das für besonders Gefährdete für Komplikationen der Covid-19 Erkrankung. So hat das auch das Nationale Impfgremium zur Priorisierung von COVID-19-Impfungen des Gesundheitsministeriums formuliert, dass „jene Personen frühestmöglich mit Impfstoffen gegen COVID-19 zu schützen (sind), welche entweder ein besonders hohes Risiko haben, schwer zu erkranken oder zu versterben oder welche ein besonders hohes beruflich bedingtes Ansteckungsrisiko bei gleichzeitiger Systemrelevanz (Gesundheitspersonal, Pflege, etc.) haben.“
Wie ist das aber für Personen mit geringerem Risiko für Exposition und/oder Erkrankung? Etwas bitter, hier scheint die Verknappung des Impfstoffes für die Entscheidung, wann geimpft werden soll, eine unerwünschte Hilfestellung zu sein. Bis Anfang April steht selbst für „Risikogruppen“ zu wenig Impfstoff zur Verfügung. Sechs Monate nach Beginn der Phase III Studien, das wird Anfang April 2021 mehr als übererfüllt sein, kann man sich sorglos fühlen, dass ein Impfstoff für möglichst alle sicher ist. BioNTech/Pfizer (und andere werden folgen) sind nämlich verpflichtet, einen diesbezüglichen Bericht über weiter andauernde Beobachtungen am 31. März bei der europäische Zulassungsbehörde EMA abzuliefern.
„Reaktogenität“
Unter dem Begriff Reaktogenität fasst man Schmerz, Schwellung und Rötung an der Injektionsstelle sowie Allgemeinreaktionen wie Fieber, Krankheitsgefühl, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen und andere zusammen. Sie sind bei Impfungen mit mRNA leicht häufiger und leicht schwerer und treten vermehrt bei der 2. Impfung auf.
Was sind die häufigsten Nebenwirkungen
„Die häufigsten Nebenwirkungen bei Teilnehmern ab 16 Jahren waren Schmerzen an der Injektionsstelle (> 80 %), Müdigkeit (> 60 %), Kopfschmerzen (> 50 %), Myalgie (Muskelschmerz, Anm.) und Schüttelfrost (> 30 %), Arthralgie (Gelenksschmerzen, Anm., > 20) %), Fieber und Schwellung an der Injektionsstelle (> 10 %), die normalerweise von leichter oder mäßiger Intensität waren und innerhalb weniger Tage nach der Impfung abklangen. Eine etwas geringere Häufigkeit von Reaktogenitätsereignissen war mit einem höheren Alter verbunden“ so wortwörtlich in der offiziellen Fachinformation für Comirnaty, dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer, aus der auch diese Tabelle stammt:

In der Moderna Studie gab es 3 Fälle von peripherer Fazialisparese (Gesichtslähmung, Anm.) in der Impfstoffgruppe und einen Fall in der Placebogruppe. Die FDA (EMA verhandelt diesen Impfstoff am 12. Jänner) sah mit den derzeitigen Informationen zu wenige Anhaltspunkte für eine kausalen Zusammenhang mit der Impfung. Die periphere Fazialisparese ist generell eine häufige Erkrankung, so kann das Vorkommen sehr wohl auch zufällig sein.
In der dazugehörigen Publikation zum Impfstoff von BioNTech/Pfizer sind vier schwerwiegende unerwünschte Ereignis (SUE) gelistet. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob das Ereignis in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Studie steht oder nicht; entscheidend ist allein der zeitliche Zusammenhang.: „shoulder injury related to vaccine administration, right axillary lymphadenopathy, paroxysmal ventricular arrhythmia, and right leg paresthesia“ („Schulterverletzung im Zusammenhang mit Impfstoffverabreichung, Lymphknotenerkranung in rechter Achsel, anfallsweise Herzrhythmusstörung und Schmerzen des rechten Beins“, Anm.). Bei einem Vergleich für die Zulassung dieses Impfstoffes zwischen FDA (USA), der EMA (Europa) und MHRA (Großbritannien) kommt die Bloggerin Hilda Bastian zum Schluss, dass trotz Diskrepanzen zwischen Publikationen, von FDA und EMA den SUEs viel Bedeutung zugemessen wurde, während das MHRA die SUEs mit „No significant concerns are raised“ kommentierte. Man könnte eine Reihe von Kritikpunkten anbringen (z.B. Ausschlusskriterien für die Studie, mangelnde Differenzierung des Schweregrade der Coviderkrankung und. …), aber eines ist neu: So transparent war es noch nie! Für mich Folge jahrzehntelanger Aufbereitung durch HIV Aktivisten! Zugang zu all diesen Dokumenten finden Sie hier.
„Impfstoffspezifische Komplikationen“ sind sehr selten und können typischerweise selbst durch große Studien wie die BioNTech/Pfizer und Moderna Studie nicht erfasst werden, weil sie noch seltener auftreten. Deshalb verlangt die EMA ein Safety Monitoring für 2 Jahre nach der zweiten Impfdosis. Große Zahlen werden jetzt schnell erreicht, am Erscheinungstag dieser Kolumne sind bereits an die 5 Millionen weltweit geimpft, deshalb ist korrekte Dokumentierung notwendig. Die österreichische Bioethikkommission verlangt dafür extra eine Datenbank.
Allergien bis zur Anaphylaxie
Eine Anaphylaxie (eine akute, allergische Reaktion des Immunsystems auf wiederholte Zufuhr körperfremder Eiweißstoffe) kann grundsätzlich bei jeder Impfdosis auftreten. Sie ist mit rund eins zu 400 000 Dosen aber sehr selten. Es gab weder bei der BioNTech/Pfizer noch bei der Moderna Studie einen Fall. Florian Krammer im ORF zu den schweren Allergien: Es gab „einige allergische Reaktionen auf die Impfung in Großbritannien, aber auch in den USA. Das waren grundsätzlich Leute, die schon wussten, dass sie schwere Reaktionen, schwere allergische Reaktionen haben können“. Das schließt die Impfung bei Personen mit erhöhten Risiko auf schwere allergische Reaktionen bei Impfungen nicht aus, entsprechende Sicherheitsbedingungen sollten prinzipiell eine Selbstverständlichkeit sein oder hier.
Was ist mit der „bösen“ Mutation, aus England und Südafrika kommend?
Informationen der britischen New and Emerging Respiratory Virus Threats Advisory Group (NERVTAG) und vielen anderen Organisationen berichten, dass sich B.1.1.7, zwischenzeitlich VUI-202012/01 („variant under investigation“) genannt, jetzt mit offiziellem Namen VOC-202012/01 geführt („variant of concern“), schnell ausbreitet und wahrscheinlicher ansteckender ist, als andere Varianten von SARS-CoV-2. Es gibt aktuell keine Hinweise darauf, dass VOC 202012/01 schwerere Erkrankungen hervorruft als andere Varianten. VOC-202012/01 wird durch die Antigen- und PCR-Testung (S Primer ist einer von dreien) ohne Probleme erfasst. Die AHA + L Regeln gelten bei dieser Variante genau gleich. Wenn sich ein Land schon bisher schwer tat, könnte es jetzt halt noch schwieriger werden. Noch ist Vorsicht in der Interpretation gebeten, bis wir in einigen Wochen mehr wissen, mehr hier von Andreas Bergthaler .
Kleiner Abstecher: Hier ist hervorragend erklärt, warum bei exponentieller Ausbreitung, eine 50% Steigerung der Übertragbarkeit (also der berühmten „R“ Zahl) „tödlicher“ ist, als eine um 50% erhöhte Sterblichkeit. Dieser Illusion sind im Herbst in Österreich vermutlich viele erlegen, als sie von einer verminderten Sterblichkeit sprachen (die so eh nicht stimmte), aber das hohe Infektionsgeschehen außer acht ließen.
Es gibt aktuell auch keine Hinweise darauf, dass VOC 202012/01 nicht abgedeckt wird von der Immunantwort, die von Impfstoffen hervorgerufen wird. Alle von der EU bestellten Impfstoffe verwenden das gesamte Stachelprotein (“Spike”), fast alle mit zusätzlich stabilisierenden Mutationen, sodass zahlreiche Epitope nicht so schnell einen Wirkverlust bedeuten. (Die Antikörper, die unser Körper in Antwort auf die Impfung bildet sind ja sehr verschieden [ich meine damit polyklonal] und binden deshalb an viele unterschiedlichen Stellen (Epitope) des gesamten, großen Stachelproteins an. Die immunologische Mutter Natur geht hier auf Nummer sicher.) Einem solchen Risiko durch Antigendrift sind beispielsweise Impfstoffe ausgesetzt, die nur die Rezeptor-bindende Domäne (RBD) des Stachelproteins verwenden.
Wie lange dauert die Wirkung der Impfung an?
In den ersten Phasen der Impfung sucht man die richtige Dosis, indem man die Wirkung von Parametern im Labor (Neutralisationstests in virusinfizierten menschlichen Zellkulturen – können die durch den Impfstoff im Körper hergestellten und aus dem Blut der Probanden gewonnenen Antikörper die vom Virus verursachten Zellschäden bzw. den Zelltod verhindern?) und die Verträglichkeit (Reaktogenität) aufeinander abstimmt. So hat bei der Moderna Studie unter älteren Studienteilnehmern die 100 Mikrogramm Dosis eine höhere Wirksamkeit („Antikörper-Titer“, d.h. Menge der Antikörper) bei Bindungs- und Neutralisationstests im Vergleich zur 25 Mikrogramm Dosis gezeigt, sodass die 100 Mikrogramm in der Zulasssungsstudie (Phase III) Verwendung fanden. Jetzt gilt es, so schnell wie möglich einen kausalen Zusammenhang zwischen der Wirksamkeit am Menschen („das Echte“), also das Ausbleiben von Symptomen bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 und gezielten Untersuchungen im Blut der Geimpften („Surrogaten“) herzustellen, nicht eine bloße Assoziation. Das passiert gerade, mir fehlt die Information (auch Expertise), um zu beurteilen, inwieweit solche Schritte schon gediehen sind. Man kann aber davon ausgehen, dass auch diese Untersuchungen in einer Geschwindigkeit und mit Förderungen ablaufen, wie selten zuvor in der Wissenschaft. Dann kann in einem nächsten Schritt auch die Frage, wie lange die Wirksamkeit der Impfung anhält, besser beantwortet werden. In der Grafik

sehen Sie die Werte eines Neutralisationtests mit einer robusten Immunantwort („neutralisierende Antikörper“) über 4 Monate in allen Altersgruppen. Mit anderen Worten, nach 4 Monaten waren immer noch genügend funktionierende, schützende Antikörper im Blut der Probanden vorhanden. Das wird nicht nur weiterverfolgt werden, sondern es gibt auch bei Covid auch das Positive, dass die mittlere Inkubationszeit 6 Tage beträgt. Warum positiv? Wird eine geimpfte Person vom Virus „befallen“, so wird die Vakzine-induzierte Immunantwort – so wie es im Lehrbuch steht – „abgerufen“ und beginnt zu laufen. Selbst wenn sie, weil die Impfung schon länger zurückliegt, bis dahin schon schwächer geworden ist, so kann man dennoch damit rechnen, dass sie in dieser verhältnismäßig langen Inkubationszeit durch das bereits im Körper befindliche Virus ausreichend „geboostet“, das heißt verstärkt wird und somit erfolgreich mit dem Virus fertig werden kann. Wäre die Inkubationszeit kürzer, etwa nur 2 Tage wie bei Influenza, dann wäre dieser Boost aus dem immunologischen Gedächtnis (Memory Zellen) so nicht möglich, bzw. er würde nicht ausreichen, um das innerhalb von 2 Tagen massiv auftretende / sich vermehrende Virus abzuwehren / in Schach zu halten.
Die Impfung könnte also für Jahre schützen. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass Impfstoffe eine stärkere Immunantwort auslösen als die natürliche Infektion (ist auch bei HPV – humane Papillomviren – so). Als stärkstes Immunogen bisher gilt der Impfstoff von Novavax (deshalb privat der Lieblingsimpfstoff von Florian Krammer), ein Subunit Impfstoff, der das Stachelprotein in eine besondere Matrix (nMatrix–M™) eingebettet hat, welche die Immunantwort verstärkt (ein „Adjuvans“, also einen Hilfsstoff, fast ein wenig an virusartige Partikel erinnernd).
Im Prinzip ist bei Impfstoffen eine hohe Sicherheit gewährleistet. Pertussis (Keuchhusten)-Impfstoffe verursachen keinen „Hirnschaden“, Haemophilus influenzae B -Impfstoffe keinen Diabetes mellitus, Hepatitis-B-Impfstoff keine multiple Sklerose und MMR-Impfstoff weder Autismus noch Morbus Crohn. Die Schwierigkeit besteht darin, bei Verdacht auf eine Impfkomplikation zwischen Ko-Inzidenz und Kausalität zu unterscheiden.
Kriegen wir das in Österreich hin?« R.Z.
Weiterhin: keep distance, wash hands, wear masks, stay human!
Ihr Armin Thurnher