Medienpolitik für Dummies
Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 971
Man hört, die Achse der medialen Vernichtung – Raab-Blimlinger-Maurer – macht ernst und bringt jenen Gesetzesentwurf ein, mit dem der Wiener Zeitung der Todesstoß versetzt wird.

Es gibt diese Buchserie, ich konsultierte sie, weil ich einen Hund hatte. Als ich das erste Mal mit ihm beim Tierarzt erschien, das heißt wir erschienen, meine Frau und ich wollten dieses kostbare Wesen zu zweit präsentieren, da fragte uns dieser durchaus humorbegabte Geselle: „Ist das ihr erster?“ Und als wir rotbäckig nickten, kommentierte er: „Der Arme!“
Es wurde eine glänzende Hund-Tierarzt-Partnerschaft, an der auch wir teilhaben durften, bis zum bitteren Ende. Das fällt mir nur deswegen ein, weil ich damals in einer Buchhandlung den gelben Band „Hundeerziehung für Dummies“ herumliegen sah und ihn sofort kaufte, weil ich ja wusste, der Tierarzt hatte recht.
Wie könnte man, frage ich mich nun, eine überlegene praktische Intelligenz wie die jenes Arztes, aus Erfahrung mit der Sache, aus Menschen- und Tierkenntnis gewachsen, in unsere Medienpolitikerinnen hineinverpflanzen? Selbst wenn ich ein Buch „Medienpolitik für Dummies“ schriebe und es in einen gelben Umschlag mit drei schwarzen Punkten einbände, würde das nichts nützen. Es wäre ja ich, der da spricht. Die Glaubwürdigkeit gegenüber der Medienpolitik aber hängt vom Vermögen und von der Macht der Ohrenbläser ab, nicht von Kenntnissen oder anderem unnützen Zeug.
Medien, sagt die Dummie-Politik, sind dazu da, damit sie uns nützen, und wenn sie uns nichts nützen, sind sie Feindmedien. Die Freundmedien aber, die können wir reich belohnen. Wir geben ihnen Geld, sie geben uns Freundschaft und erweisen uns gute Dienste. Die Dummie-Medienpolitik glaubt fest, dass die Freundschaft auch über den Status des Geldgeschäfts hinausreicht, aber da belehren sie die Medienmacher eines besseren. Wer zahlt, schafft an, wer nicht zahlt, muss bezahlen. Diese Art Medien, die Gegeng’schäft-Medien, die Fragen-Sie-Sobotka-Medien sind die Hure der Zahlungswilligen, die sich mit unserem Vermögen (Steuern) das Vergnügen verschaffen.
Was tun?
Sofort dachte ich an die beliebte künstliche Intelligenz, die uns derzeit in ein einer Art Propagandawelle überflutet. Wenn wir uns bei der Dummie-Medienpolitik permanent übergeben müssen, warum übergeben wir sie nicht gleich einem Algorithmus?
Schlaue Idee, antwortete es aus mir. Aber Algorithmen denken ja nicht, sie tun etwas, das wir nicht mehr verstehen, indem sie unsere Vorgaben zusammenstricken oder blätterteigartig übereinanderfalten. Aber Vorgaben braucht er, der Algorithmus.
Also, antwortete es aus mir, dann lass uns doch ein paar Parameter für den Herrn Algorithmus festlegen.
Gut. Zuerst schließen wir aus, was unwichtig ist:
alle demokratischen Kinkerlitzchen.
alle Wahnträume von redaktionellem Journalismus
alle Illusionen von Qualität
alles Getue von Seriosität
Weitere Ausschlussgründe sind:
Wenn das Wort Fakten oder Wahrhaftigkeit vorkommt
Wenn das Wort Wiener Zeitung vorkommt
Wenn das Wort Blaue Seiten vorkommt
Wenn die Namen Walter Hämmerle, Gerhard Ruiss, Paul Vecsei, Fritz Hausjell, und wie heißt dieser Architekt, der da meint, sich wichtig machen zu müssen – ah ja, Jürgen Radatz vorkommen.
Sodann:
Wenn Texte eine Maximallänge von 3500 Zeichen überschreiten
Wenn Eigenwilligkeit von Autorinnen und Autoren erkennbar ist
Wenn Kritik oder investigativer Journalismus übermäßig betont wird
Wenn Flausen von öffentlichem Interesse vorliegen
Begünstigt von Medienpolitik sollen hingegen werden:
Familienbetriebe, deren kumuliertes Vermögen eine Milliarde Euro überschreitet
Betriebe, die den Sinn von Kooperation verstehen
Medien, die wissen, was ein Gegeng’schäft ist
Medien die kontrollierbar sind, weil sie ausschließlich dem Profit ihrer Eigentümer dienen
Vermieden werden muss unter allen Umständen:
öffentliches Argumentieren
Zur Kenntnis Nehmen von Einwänden Betroffener
Erörterung möglicher Alternativen
jegliche Form öffentlicher Auseinandersetzung
Der solcherart gebriefte Algorithmus wird die Medienpolitik von Susanne Raab perfekter exekutieren, als es diese selbst je könnte, und ihr sicher in die blauschwarze Ära hinüberhelfen, wo dann auch der Obmann der ÖVP durch einen Algorithmus ersetzt werden kann, was seine Reden gewiss verdaulicher machen wird.
Digitalisiert euch!
Im Übrigen bin ich der Meinung, die Regierung muss die Wiener Zeitung retten.
Im Sinn des Maskenfalls habe ich übrigens mein stehendes Seuchenschlusswort neu formuliert (native speakers aller Länder, feilet daran!):
Distance preferably, hands when possible, masks when needed, always considerate! Ihr Armin Thurnher