Kunst Kurz
Demokratie und Distinktion Überraschung: Das demoskopische Mittel des österreichischen Kunstgeschmacks ergibt ein Kitschbild. Herausgefunden haben dies die russischen Künstler Vitaly Komar und Alexander Melamid mit ihrem "People's Choice"-Projekt per Umfrage ("Bevorzugen Sie eher ... ineinander übergehende Farben?"). Die Brisanz liegt weniger im Ergebnis, das die beiden zu pinseln sich nicht nehmen ließen (zu sehen in der Kunsthalle Wien im Museumsquartier), sondern darin, daß nach Meinungen überhaupt gefragt wird. Mit ihrer heiteren Kunstsoziologie zielen die Künstler auf geschmacksbildende und ästhetische Konventionen - vielleicht. Daß sie Affen und Elefanten Bilder malen lassen, um "kunstreligiös motiviertes Demiurgentum" (Katalog) zu konterkarieren, läßt fragen, ob "People's Choice" mehr ist als ein billiger Scherz derer, die besonders deutlich machen wollen, daß sie ein klein wenig mehr wissen als jene, von denen sie behaupten, daß sie nicht wissen, warum sie was tun.
Ausgezeichneter Umfeldgestalter Der Otto-Mauer-Preis 1998 und damit 150.000 Schilling gehen an den Wiener Künstler Gregor Zivic, dessen Arbeiten zuletzt im Rahmen der "Jungen Szene" in der Secession zu sehen waren. Die Jury begründete ihre Entscheidung damit, daß Zivic eine "Verlagerung der künstlerischen Energie vom traditionellen Tafelbild über die Raumgestaltung bis hin zur Photographie" vorgenommen hätte. Zu Recht: Denn eigentlich ist Zivic Maler. Bei seinen Überlegungen, in welchem Umfeld er seine Bilder gerne plazieren würde, entwickelt er verschiedene Ambiente, die er fotografiert.
Was an manipulierte Fotografie in der Tradition des früheren Jeff Wall erinnert, ist genau die Antithese zur digitalen Zauberkiste des Photoshop-Zeitalters: die Outdoor-Szenerie mit Backsteinwand und Pool etwa ist - wie die anderen Sujets auch - ein in Zivics Wohnung realinszenierter Ausschnitt einer Raumsituation mit Bild.