Reportage: Sonderbarer Sondertransit

Politik, FALTER 19/99 vom 12.05.1999

Blaue Container. Fünf Videokameras. Vor dem zwei Meter hohen Bretterzaun mit Stacheldraht lagert Schutt. Davor schiebt ein schwerbewaffneter Polizist seine Runden. "A Überstundenposten", erklärt der Beamte der Sondertruppe "Kranich". Das Flughafenmanagement will das Wellblechlager auf einer Wiese den Journalisten nicht gerne zeigen. Kein Wunder. Die Baracken, die jenen zugewiesen werden, die am Flughafen auf den Asylbescheid warten müssen, erinnern eher an Vororte in jenen Ländern, aus denen die meisten Asylwerber geflüchtet sind. "Seit acht Wochen", erzählt eine Mitarbeiterin des Sozialdiensts, "ist eine Frau schon in dieser Baracke untergebracht." Nur wenige hundert Meter entfernt vom soeben mit Milliarden modernisierten Flughafen harren die Flüchtlinge hier aus. "Sie haben eh alles", versichert der engagierte Polizist: "Wir bringen ihnen Rauchwaren, und telefonieren lassen wir sie auch." Bis zu 18 Flüchtlinge leben in der Baracke: Drei Sechsbettcontainer und zwei Gitterbetten, in denen jede Intimität vor den anderen preisgegeben werden muß, stehen zur Verfügung. Der "Sondertransit" wurde vor wenigen Jahren um öS 300.000,- eingerichtet. Bis heute gibt es kein Telefon. Dafür 50 Quadratmeter Grünfläche, die "Garten" genannt wird. "Manchmal flüchten die Menschen", sagt ein Beamter, "ich versteh' das, sie sind ja keine Häftlinge." Nur Flüchtlinge.

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