STANDPUNKT: Standards statt Veto
Waren Sie schon einmal in Stade? Dort wird nämlich bald der 20. Geburtstag gefeiert. Oder beim deutschen AKW Obrigheim? Das hängt seit 1968 am Netz. Dass ein großer Teil der Österreicher Temelín nicht leiden kann, ist hinlänglich bekannt. Dass der "Schrottreaktor" Temelín zwar wie jedes Atomkraftwerk ein gewisses Risiko bedeutet, im Vergleich zum 1972 in Betrieb gegangenen deutschen AKW Stade oder anderen europäischen AKW jedoch fast schon als Musterschüler bezeichnet werden kann, darüber wird nicht gesprochen. Temelín ist auch kein "Russen-AKW", sondern mit feinster amerikanischer Technik ausgestattet. Wurscht, "Schrottreaktor" und "Russen-AKW" gefällt den Leuten besser. Wenn die Regierungspartei dann auch noch in Oppositionsmanier mit einer Volksabstimmung droht, kann sie bei der nächsten Wahl mit Stimmengewinnen rechnen. Die anderen Kernkraftwerke, die rund um Österreich stehen, werden gnädig ignoriert. Und anstatt sich - und das wäre eigentlich der Job einer Regierungspartei - endlich auf EU-Ebene für europaweit einheitliche und strenge Sicherheitsstandards oder gar einen möglichst raschen Ausstieg aus der Atomenergiegewinnung einzusetzen, wird lieber auf die Tschechen und ihren Atomschrott geschimpft. Bringt zwar nichts, ist aber einfacher, als sich mit der EU-Atomlobby anzulegen. N.H.