STANDPUNKT: Keinen Fußbreit?

Politik, FALTER 15/02 vom 10.04.2002

Kommende Woche werden seit langer Zeit wieder Rechtsextreme auf Wiens Straßen marschieren. Ihr Unmut richtet sich gegen die Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht. Normalerweise heißt es da: "Keinen Fußbreit den Faschisten", und alle, die gegen Faschismus und Antisemitismus sind, demonstrieren Seite an Seite gegen die Rechten. Diesmal ist alles anders. Die Israelitische Kultusgemeinde hat dazu aufgerufen, nicht an der Demonstration teilzunehmen, und sich aus dem Bündnis "Verhindert den Naziaufmarsch" zurückgezogen. Die Kultusgemeinde möchte nicht mit Gruppen demonstrieren, die Kritik an Israel üben. Diese würden - bewusst oder unbewusst - Antisemitismus in Österreich schüren. Es ist verständlich, dass sich die Kultusgemeinde angegriffen fühlt, wenn auf propalästinensischen Demos Israel-Fahnen verbrannt werden. Und natürlich sind Brandstiftungen an Synagogen in Europa ein erschreckendes Zeichen, gegen das protestiert werden muss. Dies darf aber nicht bedeuten, dass berechtigte Kritik an der Politik Israels sofort mit dem Vorwurf des Antisemitismus beantwortet wird. Und es darf auch nicht bedeuten, dass jüdische Mitbürger darauf verzichten, gemeinsam mit anderen gegen Neonazis zu demonstrieren. Wenn die Kultusgemeinde bei ihrer Entscheidung bleibt, gibt es nur einen Gewinner: die Rechtsextremen. N. H.

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