SPIELPLAN

CHRISTOPHER WURMDOBLER
Kultur, FALTER 37/05 vom 14.09.2005

Das Theatercombinat zeigt im Open-Air-Spielraum Palais Donaustadt neben der Donaucity "Ballet Palais" (bis 30.9.). Sechs Menschen geben in giftgelben Anzügen zwei Stunden lang die Landvermesser. Sie durchschreiten die weiß getünchte Gstätten, stoppen, lassen sich fallen, bilden Formationen und rennen dann wieder unvermittelt über das riesige Areal. Die Zuschauer sitzen auf Klappsesseln mitten in der städtebaulichen Pampa, spazieren umher oder verfolgen das minimale Landschaftsballett von außerhalb. Erhellt wird die Szene nur von einem Leuchtballon, dessen Lichtstärke davon abhängt, wohin der Wind ihn weht. Das subtile Projekt ist ungewohnt unspektakulär, schließlich wird es oft sehr bombastisch, wenn jemand performative Kunst im öffentlichen Raum veranstaltet. Hier rauscht nur der Verkehr, Grillen zirpen, und ab und zu grölen oder applaudieren Passanten - ein ganz gutes Indiz dafür, dass selbst Unbeteiligten klar ist, dass es sich beim "Ballet Palais" um Theater handelt. Wenn auch eher sprödes.

  Richtig lustig ist der Abend "National Hymnen", den Miki Malör gemeinsam mit der Theorieneigungsgruppe monochrom und dem Chor der Gegenstimmen im dietheater Künstlerhaus (bis 17.9.) präsentiert. Das Ganze ist ein Beitrag zum Gedenkjahr, Frau Malör begibt sich auf die Suche nach der österreichischen Identität, und zwar in Form von allerhand Nationalien (Almdudler, Mannerschnitten, Dirndl) und einer musikalischen Reise durch die Welt der Hymnen. monochroms Johannes Grenzfurthner und Harald Homolka-List liefern dazu Nationalstaatstheorie - und selbst das ist noch pointiert: "Das Fantastische an Hymnen ist, dass sie auf einen zukommen wie eine Wand." Und wenn dann nach fast fünfzig Hymnen, die der großartige Chor und die gewohnt starke Performerin an diesem bunten Abend zumindest angesungen haben, nach Gänsehaut, Scham oder Schaudern, die österreichische Hymne ("fad", "keine Eier") erklingt, bekommt man tatsächlich Lust mitzusingen.

ANZEIGE

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Dann abonnieren Sie jetzt und bleiben Sie mit unserem Newsletter immer informiert.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden Sie in unserem Archiv.

12 Wochen FALTER um 2,17 € pro Ausgabe
Kritischer und unabhängiger Journalismus kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit einem Abonnement!