Tagebücher des Zorns
Der Comickünstler Jörg Vogeltanz legt den dritten Band seiner „Anger Diaries“ vor. Und lädt erneut in sein dunkles Reich voller Verschwörungstheorien, das neuerdings auch von Gestalten der griechischen Mythologie bevölkert wird.
ein Mann schneidet sich mit einer Rasierklinge die Pulsadern auf. Das Bildnis des Pentagon prangt auf der Innenseite des Handgelenks. Er schneidet tief ins Fleisch, mitten durch das Bildnis. Es ist der 11. September 2001.
Die Anschläge des 11. September sind nach wie vor eines der beliebtesten Beschäftigungsgebiete von Verschwörungstheoretikern. Und auch wenn sich der Künstler und Zeichner Jörg Vogeltanz gar nicht unbedingt zu dieser Spezies zählt, ist er doch bestens informiert. Und eine mögliche Erklärung für den seltsamen Riss im Pentagon, bei dem angeblich nie ein Flugzeug im Spiel war, liefert er gleich selbst: J.F. Sebastian, der Held seiner Comic-Reihe „The Anger Diaries“, wird das Opfer dunkler Machenschaften. Seinen Körper ziert eine teleaktive Voodootätowierung, die den Stadtplan von Washington zeigt. Jede Verletzung, die er sich selbst zufügt, fügt er der Stadt zu. Er ist der perfekte Attentäter.
Der erste Teil der „Anger Diaries“ („Der Citoyen“) endet mit dem Selbstmord von Sebastian. „The Anger Diaries 5“ („Funkschatten“) erschien Anfang 2004, soeben hat Vogeltanz Teil 3 unter dem Titel „Inmates“ in seinem Kleinverlag „Prequel“ herausgebracht. Die chronologische Unordnung hat ihre Gründe. „Es zwingt mich, die Lücken zu füllen“, sagt Vogeltanz. Aber auch die Storys seiner Comics folgen keiner zwingenden, linearen Logik. Die von der Pein des Lebens verzerrten Figuren agieren unter dem Druck allseits gegenwärtigen psychologischen Horrors, zwischen magischer Spiritualität und Neo-Surrealismus, als Opfer sinistrer Verschwörungen.