Vor 20 Jahren im Falter
Jean-Marie Straub und Danièle Huillet, die französischen Filmemacher, legten ihren Hölderlin-Film "Der Tod des Empedokles" vor. Hans Hurch und Stephan Settele sprachen mit ihnen. Ein Gespräch mit den Straubs war nie nur ein Gespräch über Filme, es ging immer um den Zustand der Welt.
Jean-Marie Straub: "Wir waren zwei, drei Jahre nicht in der Bundesrepublik und kommen jetzt zurück und merken die Zerstörung - ich spreche jetzt nicht von der Umwelt oder von den Grünen oder so -, die Zerstörung auf dem Gebiet des Lebens, des Subjekts und der menschlichen Beziehungen. Die Leute leben hier schon wie in den Katakomben, aber nicht wie die Leute, die in den Katakomben gelebt haben mit einer Hoffnung und mit einem Gefühl einer Gemeinsamkeit. Die leben in den Katakomben wie die, die sich schon damit abgefunden haben, dass sie vielleicht weiterleben könnten im Bunker, wenn die Bomben explodieren würden irgendwo. Und da, wenn's so weitergeht, kann man die Menschen nicht mehr retten. Das steckt irgendwie in dem Film drin, das sind Fragen, die wir uns gestellt haben seit 15 Jahren, und da ist dann die Begegnung gewesen mit diesem Text, die eine viel jüngere ist."
Die Fragesteller berichteten, dass Leute im Kino lachen, wenn einer sagt: "O Lieber."
Straub: "Ja, die lachen auch, wenn er sagt,, O himmlisch Licht'. Wer kann sich das noch leisten (…) stundenlang in den Himmel zu gucken, oder auf den Boden, wie das Licht sich da bewegt, wer tut das noch, oder wer gibt das zu, wenn er das tut, wer verdrängt das nicht? Wer denkt,, Das ist das Leben' und nicht der Käse und die falschen Bedürfnisse, die man uns verkauft und aufzwingt?" A. T.