Geld ist nicht alles
Mission erfüllt: Gegen finanziell übermächtige Konkurrenz aus Salzburg gewann Rapid den 32. Meistertitel. Ein Sieg der guten alten Sozialdemokratie über den bösen neuen Turbokapitalismus?
Nicht einmal Frank Stronach ist bei den Rapid-Fans so unbeliebt wie Alfred Gusenbauer. Als der Austrokanadier, der damals noch Austria-Mäzen und Präsident der Bundesliga war, Rapid vor drei Jahren die Meistertrophäe, den sogenannten „Teller“, überreichte, war das Pfeifkonzert deutlich leiser als am vergangenen Sonntag im Gerhard-Hanappi-Stadion, wo der Bundeskanzler diese Aufgabe übernahm. Dass Gusenbauer seit seiner Kindheit glühender Rapidler ist, half ihm in diesem Augenblick wenig.
Der Kanzler war an diesem Nachmittag wieder einmal schlecht beraten. Fans mögen keine Politiker, die sich in ihre Feste drängen. Dabei ließe sich der Rapid-Erfolg durchaus als Triumph der guten alten Sozialdemokratie über den bösen neuen Turbokapitalismus deuten. Wie schon 2005 gegen die mit Stronachs Magna-Millionen gemästete Austria setzte sich Rapid auch heuer gegen einen vermeintlich übermächtigen Gegner durch: Das von Dosenkrösus Didi Mateschitz finanzierte Red Bull Salzburg verfügt über rund fünfmal so viel Geld wie Rapid. Während die Hütteldorfer mit elf Millionen Euro im Jahr auskommen müssen, ist bei Red Bull, wo offiziell keine Zahlen genannt werden, von rund fünfzig Millionen die Rede – das sind schon Dimensionen eines deutschen Bundesligaklubs. Die mit zwar in die Jahre gekommenen, in Österreich aber noch konkurrenzfähigen Stars gespickte Salzburger Mannschaft hatte die Meisterschaft im Vorjahr haushoch gewonnen und galt auch diesmal als klarer Favorit. Diesmal aber schwächelte die Millionentruppe, und Rapid nutzte mit einer starken Frühjahrssaison die Gunst der Stunde. In einem denkwürdigen Spiel wurde Red Bull zu Ostern in Salzburg 7:0 geschlagen; seither gaben die Hütteldorfer keinen Punkt mehr ab.
„Der Aufwand, den Red Bull betreibt, steht in keinem Verhältnis zu dem, was unterm Strich dabei herauskommt“, sagt Alfred Hörtnagl. Der Tiroler Exfußballer ist seit 2006 Sportdirektor bei Rapid. Als Spieler war Hörtnagl, der kurz auch bei Rapid kickte, wegen seiner beinharten Gangart gefürchtet. In seinem neuen Job – als Sportdirektor ist er vor allem für die Kaderplanung zuständig – setzt er auf sanftere Werte. Hörtnagl nimmt mit Vorliebe Begriffe wie „Charakter“ oder „Tradition“ in den Mund. „Auch wenn es eine Phrase ist: Geld alleine spielt nicht Fußball. Und Charakter kann man nicht kaufen.“ Logisch: Ein Verein, der materiell nicht mithalten kann, muss eben auf immaterielle Werte setzen. „Dass der Arbeiterclub Rapid über den Kommerzgedanken gesiegt hat, ist eine schöne Botschaft.“