Stadtleben

Stadtleben, FALTER 17/08 vom 23.04.2008

Sex

Schoaf Um nach Stellen zu suchen, die als Inspiration für diese Kolumne dienen könnten, habe ich mir unlängst Charlotte Roches Roman "Feuchtgebiete" zu Gemüte geführt. Man sucht zwar vergeblich nach einer echten Geschichte zwischen den Buchdeckeln, aber Hey!, was ich da lesen durfte - und das sage ich voll Bewunderung -, war wirklich das Grauslichste, was ich je von jemandem, noch dazu von einer Frau, in Buchstaben verfasst konsumiert habe. Körpersäfteverarbeitungsmarotten jeglicher Art und in jeder erdenklichen Situation von anderen fand ich, je nachdem wen's betraf, immer entweder ganz geil oder saugrauslich. Ich bin eine von der Sorte, die wegschauen muss, wenn sich ein verliebtes Paar in der Straßenbahn gegenseitig die Pickeln ausdrückt. Frau Roche hat mich körpersäftemäßig befreit. Popeln statt lieb sein! Schorf macht schoaf! Nein, stimmt nicht. Ich lüge. Ich find's immer noch grauslich. Ach, hätt ich doch "Feuchtgebiete" nicht gelesen.

Heidi List

Fussball

Die Sprache des Fußballs (8) Es gibt Wörter, die eigentlich gar keine Fußballbegriffe sind und trotzdem fast ausschließlich in diesem Zusammenhang verwendet werden. Nehmen wir zum Beispiel die "Momentaufnahme". Es hat sich eingebürgert, den Tabellenstand als solche zu bezeichnen. Liegt etwa eine Mannschaft nach zwölf Runden auf Platz eins der Tabelle und will der Trainer verhindern, dass übertriebene Euphorie ausbricht, ergreift er mahnend das Wort: "Das ist nur eine Momentaufnahme!" (Vor ein paar Jahren, als die Momentaufnahme noch nicht im Fußball angekommen war, sagte er: "Abgerechnet wird am Schluss.") Schön, dass die Momentaufnahme ein Zuhause gefunden hat. Im Alltag hat man nämlich kaum Gelegenheit, das Wort zu benutzen. Und wenn, sollte man sich's eher verkneifen. "Tolles Foto, Schatz! Aber du weißt schon, dass das nur eine Momentaufnahme ist?"

Wolfgang Kralicek

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