Wahlorgan

„Tiere um uns haben natürliche Feinde Das, was sie bräuchten, wäre ein Freund“ (Blumfeld, „Tiere um uns“)

Peter Iwaniewicz
FALTERS ZOO, FALTER 36/08 vom 03.09.2008

Zeichnung: Bernd Püribauer

Endlich wieder Wahlen! Zwei Jahre lang mit der gleichen Regierung leben zu müssen ist für einen modernen, konsumorientierten Menschen, der täglich hunderte Kaufentscheidungen treffen will, nur schwer zu ertragen. Uns kleine Tierfreunde beschäftigt angesichts des Polit-Shopping-Events am 28. September natürlich die Frage, welche Partei würden Tiere wählen, wenn sie dürften. Beziehungsweise: Wen wählen deren Besitzer oder Benutzer? Dazu hat der Österreichische Tierschutzverein 13 Fragen an die wahlwerbenden Parteien gerichtet und zumindest ein schönes Abbild der jeweils angepeilten Zielgruppen erhalten: Von den Kleinstparteien wie Liste Dinkhauser, Die Christen, Rettet Österreich und Die Monarchisten antwortete auf die Fragen zum Tierschutz in der Verfassung, zur Zootierhaltung bis zur Jagd und dem umstrittenen § 278a StGB (Teilnahme an einer kriminellen Organisation) nur die neue Tierrechtspartei. Beim Thema „bundeseinheitliches Jagdgesetz“ spaltet sich die FPÖ ein weiteres Mal und übermittelte zwei Antworten: Der freiheitliche Parlamentsklub tritt dafür ein, der Tierschutzsprecher der FPÖ lehnt es ab.

Ein erwartbares Sittenbild bieten auch die Antworten zum Punkt § 278a, aufgrund dessen zehn Tierrechtsaktivisten seit 100 Tagen in Untersuchungshaft sitzen. Die FPÖ ist natürlich gegen eine Änderung, die ÖVP enthält sich der Antwort, und die SPÖ windet sich (abwarten des laufenden Strafverfahrens). Für eine Novellierung treten die Grünen, die KPÖ, die Tierrechtspartei und die Liberalen ein, während das BZÖ nur ausweichende Aussagen dazu macht.


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Was sagt die Wissenschaft? 1973 wurde bei allen Säugetieren einschließlich des Menschen das sogenannte Grüneberg-Ganglion entdeckt. Die Funktion dieser Ansammlung von Nervenzellen in der Nähe der Nasenspitze war lange Zeit unklar, bis man unlängst herausfand, dass damit Duftstoffe wahrgenommen werden können, die Artgenossen in Gefahrensituationen abgeben. Durchtrennt man das Ganglion, dann reagieren diese Lebewesen auf Gefahr nicht mehr wie normalerweise mit Flucht oder Aggression. Angst kann man also riechen, und Wahlentscheidungen trifft man vielleicht eher durch die Nase als mit Bauch oder Hirn.

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