Antigone war keine Heldin, sie war Fundamentalistin
Warum sollte uns eine griechische Tragödie heute noch interessieren? Der Anwalt Alfred Noll hat dazu ein spannendes Buch geschrieben
Rezension: Armin Thurnher
Dieses Buch ist ein Sonderfall. Warum schreibt ein Anwalt ein Buch über eine antike Tragödie? Was kümmert uns heute noch die "Antigone" des Sophokles? Was das alte Griechenland? Und warum bleibt der Jurist nicht bei seinen Akten? Alfred Noll, als streitbarer Citoyen, geistreicher Publizist und als Rechtsvertreter des Falter bekannt, hat ein Buch geschrieben, das zwar den Beruf des Anwalts im Titel und das Recht gleich doppelt im Untertitel trägt, aber ganz und gar nicht anwaltlich argumentiert.
Noll selbst ist sich seiner Sonderfälligkeit bewusst. In seinen Vorbemerkungen teilt er mit, das Buch sei aus einem Vortrag entstanden, das Thema Antigone habe ihn in einen "Strudel antiker Vorstellungswelten" gezogen. Trotz der Mahnung Hugo von Hofmannsthals, die er gleich dazusetzt, es sei vergeblich, "ringen zu wollen um das Unerreichliche", in diesem Fall um das Verständnis griechischer Tragödien, teilt Noll auch mit, er hoffe, sein Publikum mit seinem Interesse zu infizieren.