"Da ist schon Wut"
Der Komponist Georg Friedrich Haas über seine Oper "Melancholia" und das Zerbrechen an der Welt
interview: Thomas Wolkinger
Was der Einzelne vermag und wie sich individuelle Stimmen und Klänge zu einem größeren Ganzen fügen lassen, das war immer eines der zentralen Themen in den Werken des Komponisten Georg Friedrich Haas. Radikal auskomponiert hat er dieses Programm in "...Einklang freier Wesen..." (1994), in dem er für das Klangforum Wien zehn an sich selbstständige Solostücke kunstvoll miteinander verwoben hat. Durchaus im Geiste Hölderlins, der in seinem lyrischen Briefroman "Hyperion" formulierte: "Was wäre auch diese Welt, wenn sie nicht wär ein Einklang freier Wesen?" Mit Romantik hat das freilich wenig zu tun, viel mehr mit einem feinen Gespür dafür, dass diese mögliche Freiheit immer schon bedroht ist. Viele seiner Arbeiten - von der ebenfalls an Hölderlin angelehnten Oper "Nacht" über "Wer, wenn ich schriee, hörte mich" bis zum Ensemblestück "in vain" - hat Haas daher dunkel gefärbt, der traditionell temperierten Harmonik seine irisierenden Obertonspektren und Mikrotonintervalle gegenübergestellt.