Zwischen Empathie und Partizipation: Meg Stuarts wundersames Mitmachtheater
Tanzkritik: Hermann Götz
Nach dem dritten herbst-Jahr unter Veronica Kaup-Hasler dürfte es dann doch allen klar sein: Hier wird nicht geprotzt. Oft verstecken sich die Glanzlichter des Festivals im Detail. Eine Ausnahme von dieser Regel versprach im diesjährigen Programm Meg Stuart. Die aus den USA stammende Starchoreografin entwarf eigens für den steirischen herbst ein neues Stück: "All Together Now", eine Arbeit für die große Helmut-List-Halle, die mit ihrem affirmativen Titel zugleich eine neue Tonalität im Werk von Stuart versprach.
Doch selbst dieses programmierte Highlight blieb ein kammermusikalisches. Siebzig Menschen pro Performance wurden zugelassen, genau so viele braucht es, um in der Halle gemeinsam mit dem Ensemble einen großen Wir-halten-jetzt-unsere-Hände-und-atmen-tief-durch-Kreis zu formen. Und genau so viele Menschen fasst jener kleine als altmodisches Alpenhotelzimmer gestylte Raum, in dem Meg Stuart die Zuseher zu Beginn der Vorstellung mit den Themen des Abends vertraut macht: der Körper, die Intimität, die Gemeinsamkeit, die Nähe des anderen. Eng aneinandergepresst werden wir hier nicht nur zu Voyeuren wider Willen, erleben eine Liebesszene, von der nur über Lautsprecher erzählt wird, die aber in der Hitze, der gestauten Luft, der Nähe anderer Menschen, ihrer Körper, ihres Geruchs geradezu greifbar wird. Dann stolpern wir in eine große, stockdunkle und kühle Halle. Die Verlassenheit oder zumindest die Angst davor, die sich in diesem Augenblick aufdrängt, ist die Ausgangssituation für die semipädagogischen Gruppendynamikübungen, die nun folgen - als "Strategie gegen das Unglück" sozusagen.