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Bücher, kurz besprochen

Politik, FALTER 44/2008 vom 29.10.2008

Abbaustelle Deutschland

Der Politologe Franz Walter, geboren 1956, gehört zu den originellsten politischen Denkern Deutschlands. In seinem neuen Buch behandelt er die deutsche Lage. Er analysiert zuerst die verschiedenen Parallelgesellschaften der deutschen Bevölkerung. Ihre acht Milieus, vom religiös-verwurzelten bis zum hedonistisch-subkulturellen, sind vor allem für die Analyse jener legendären Mitte bedeutsam, um die sich alle Parteien streiten, die ehemals großen Volksparteien ebenso wie die Protestpartei, die in Deutschland, anders als bei uns, links angesiedelt ist. Die Überalterung der Linken begreift Walter als deren Chance in einer älter werdenden Gesellschaft. Die Grünen hingegen wirken "wie eine veritable politische Schlaftablette". Weil alles um die Mitte und um Regierungsbeteiligung buhlt, schleifen sich die Konturen der Parteien ab, sie "bluten allmählich normativ aus". Daraus ergibt sich eine schleichende Delegitimierung der Demokratie, in der Walter das große Problem der deutschen Baustelle identifiziert. Gefahr sieht er nicht, wie in Weimar, in der Fragmentarisierung, sondern folgerichtig in der Homogenisierung einer Gesellschaft.

Franz Walter: Baustelle Deutschland. Politik ohne Lagerbindung. edition suhrkamp,

256 S., € 10,30

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